Die Kaempferin
zu warten, bis er Zeit hat, Euch formell willkommen zu heißen.«
Es hörte sich nicht wie ein Ersuchen an.
Ich spürte, wie sich jemand von hinten zu mir beugte und sah, dass Alonses Blick zu meiner Schulter wanderte.
»Das Protektorat hat eine Wache am Tor zurückgelassen«, murmelte Keven.
»Eine Ehrengarde, Regentin«, berichtigte ihn Alonse.
Ich verengte die Augen. Keven hatte so leise gesprochen, dass Alonse ihn eigentlich nicht hätte hören dürfen.
»Wir brauchen ein Zimmer«, sagte ich. »Einer von uns ist … verwundet.«
Alonse verbeugte sich knapp. »Selbstverständlich. Bitte folgt mir.«
Er erteilte dem Rest der Dienerschaft hinter ihm einen unsichtbaren Befehl, und alle setzten sich in Bewegung. Einige verschwanden zu unbekannten Besorgungen durch den Haupteingang, andere stiegen die Stufen hinunter, um die Gardisten zu den Kasernen zu führen. Ich sah Westen auf mich zukommen.
»Hauptmann Catrell kümmert sich darum, dass in den Truppenunterkünften alles in Ordnung ist«, sagte er, »danach schließt er sich uns an.«
»Gut.«
»Er ist nicht glücklich.«
»Das habe ich schon an den Docks bemerkt.«
Mehr wurde nicht gesprochen, während Alonse die Gruppe ins Haus führte. Der erste Raum, eine riesige, runde Eingangshalle mit Marmorboden, besaß drei Türen. Zwei gewundeneTreppen führten zu einem oberen Stockwerk hinauf. Alonse erklomm die Stufen zur Linken und gelangte in einen breiten Flur, der sich nach links und rechts verzweigte und Tischchen, Palmen in Töpfen und riesige Urnen an den Wänden enthielt. Die erste Tür zur Linken führte in ein Zimmer mit einem Himmelbett mit durchscheinendem Vorhang, einer gepolsterten Bank an dessen Fuß, einem Sofa, ein paar Stühlen, einem Tisch mit Obst und einem Krug sowie Schränken an den Wänden.
»Wird das genügen?«, erkundigte sich Alonse.
»Ja.«
Die vier Gardisten, die Ericks Bahre trugen, traten ans Bett. Isaiah und Marielle beeilten sich, ihnen zu helfen.
»Könnt Ihr eine Botschaft an Fürst Sorrenti senden?« Alonses Lippen wurden schmal. Er holte Luft, um zu antworten, doch ich kam ihm verärgert zuvor. »Schon gut. Ich bin sicher, ›Fürst March ersucht uns zu warten‹.«
Alonse runzelte die Stirn – die erste echte Regung, die er zeigte, seit wir ihm vor dem Haus begegnet waren. »Benötigt Ihr sonst noch etwas?«
»Im Augenblick nicht.«
»Ich könnte Euch in Eure Gemächer führen …«
Er verstummte, als ich mich abwandte.
»Geht.«
Er verneigte sich und tat wie ihm geheißen. Die Tür ließ er hinter sich offen. Keven postierte sofort die bei uns gebliebenen Gardisten an der Tür und im Gang dahinter. Noch als er damit beschäftigt war, traf Catrell ein.
Avrell, Westen, Catrell und Keven scharten sich um mich. Heddan und Gwenn hatten sich mit Ottul an Ericks Seite begeben; sie halfen Isaiah, ihn ins Bett zu verlagern.
»Das ist nicht sehr ermutigend«, sagte Westen.
Catrell zitterte vor Wut. »Wir sind eine offizielle Gesandtschaft aus Amenkor, die von der Regentin höchstpersönlich begleitet wird. Wir hätten nicht auf eine solche Weise in Empfanggenommen werden dürfen. Und jetzt sind wir innerhalb der Mauern dieses Anwesens eingesperrt, Gefangene Venittes!«
Westen wechselte einen Blick mit mir. Wir beide wussten, dass jeder der Sucher die Mauern unbemerkt verlassen könnte, sollte es notwendig sein. Doch was die restlichen Gardisten anging, hatte Catrell recht.
»Das bereitet mir vorläufig kein Kopfzerbrechen«, sagte ich. »Darum kümmern wir uns später. Im Augenblick müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir Fürst Sorrenti benachrichtigen können. Brandan Vard zufolge ist er der Einzige in Venitte, der den Bann brechen kann, mit dem Erick belegt ist. Und Isaiah sagt, Erick wird die Nacht nicht überleben.«
»Damit bleiben uns nur wenige Stunden«, murmelte Westen mit ruhiger Stimme, wenngleich Besorgnis seine Stirn zerfurchte. »Soll ich …?«
Er ließ den Satz unvollendet. Ich wusste, was er meinte, und dachte eingehend darüber nach.
Bevor ich zu einer Entscheidung gelangen konnte, meinte Avrell in scharfem Tonfall: »Nein. Ihr dürft die Sucher nicht vom Anwesen lassen. Seht nur, was geschehen ist, als ihr sie nach Temall geschickt habt. Denkt Ihr, Fürst March wird sich anders verhalten, wenn er herausfindet, dass Ihr Suchern gestattet habt, ohne sein Wissen durch die Straßen von Venitte zu streifen? Die Auswirkungen für Amenkor wären verheerend. Tristan hat ihm wahrscheinlich
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