Die Kaempferin
auf, keine Wunden, kein Blut.
Ich verengte die Augen zu Schlitzen und richtete den Blick auf den Anführer der Männer.
Niemand rührte sich.
Ohne den Hauptmann der Chorl aus den Augen zu lassen, sagte ich: »Ihr seid in der Unterzahl.«
Die Worte verstand er nicht, wohl aber die Absicht dahinter. Sein Blick huschte über Baill und die Bande hinweg, verweilte etwas länger auf Erick und heftete sich schließlich auf mich. Er sagte nichts.
»Baill.«
Der ehemalige Gardist Amenkors nickte, als er den Befehlston in meiner Stimme hörte. Mit der vertraut steinernen, zerfurchten Miene wies er die Bande an, vorzurücken.
»Kommt dem Thron nicht zu nahe«, warnte ich, als die Chorl sich kampfbereit machten. Einer ihrer Priester schwenkte dieHand und schleuderte etwas, das ich nicht erkennen konnte, auf Baill, doch ich lenkte es mit einem Schild ab. Baill zuckte mit keiner Wimper. Der Priester runzelte die Stirn, doch auf einen Blick des Anführers hin hielt er mitten in einer weiteren Wurfbewegung inne.
Der Anführer, der mich nicht aus den Augen ließ, straffte die Schultern, dann senkte er das Schwert. Mit vorsichtigen Bewegungen traten er und die anderen Chorl beiseite, behielten dabei die Rücken zur Wand der Obsidiankammer und die Schwerter in unsere Richtung.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Haqtl und den Thron. Letzterer bestand wie der Geisterthron von Amenkor aus Granit. Im Augenblick besaß er die Gestalt eines schlichten Stuhls, elegant, mit anmutig geschwungenen Beinen, Armstützen und Rücken. Doch er besaß keine wirklich hervorstechenden Merkmale.
Ich konnte mir Sorrenti auf einem solchen Thron gut vorstellen.
»Kommen wir noch rechtzeitig?«, fragte Erick, und wieder fiel mir ein, dass er nicht im Thronsaal gewesen war, als ich gegen die Ochea gekämpft hatte, und dass er die Ereignisse von damals nicht miterlebt hatte.
»Sorrenti hat noch die Herrschaft«, antwortete ich.
»Woher weißt du das?« Seine Stimme erklang rau und von Hass gefärbt, durchsetzt von der Erinnerung an Schmerz.
»Weil das Sorrentis Thron ist«, erwiderte ich sanft und versuchte, ihn zu beruhigen und die Anspannung zu lindern, die er ausstrahlte. Sie fühlte sich wie Blut aus einer Wunde an, die nicht verheilt war und vielleicht nie verheilen würde. »Wenn der Thron seine Gestalt zu verändern beginnt, wissen wir, dass Haqtl nach und nach die Oberhand gewinnt.«
Erick nickte. Die Finger, die seinen Dolch umklammerten, spannten sich, als er die Aufmerksamkeit auf den Thron verlagerte. »Dann müssen wir ihn töten, bevor das geschieht.«
Er setzte sich in Bewegung.
Ich nahm ein plötzliches Aufflackern von Erwartung bei den Chorl wahr. Meine Hand schnellte vor, packte Ericks Arm. »Warte.«
Er hielt inne. »Was ist?«, fragte er ohne Zorn und Zweifel in der Stimme. Seine Aufmerksamkeit löste sich nicht vom Thron und von Haqtl, und ich konnte seinen Zorn spüren.
Er wollte Haqtl tot sehen, musste ihn tot sehen.
Ich schaute zum Anführer der Chorl, der die Augen verengte. Dann trat ich vor Erick hin und zwang ihn, meinem Blick zu begegnen.
Es war schwieriger als erwartet. Als er mich endlich anschaute, zuckte ich zurück vor dem Ausdruck des Grauens, der aus seinen Augen sprach. Ich wollte diesen Schmerz beseitigen, diesen Schrecken, der ihn beinahe zerbrochen hätte – einen Schrecken, in den ich selbst ihn geschickt hatte, indem ich ihn auf der Jungfer hatte mitfahren lassen.
Aber ich konnte es nicht. Stattdessen sagte ich, so ruhig ich es vermochte: »Der Thron ist von einer Art Sperre umgeben. Ich kann sie nicht sehen, aber sie ist da. Ich glaube, sie hat diese beiden Chorl getötet, den Krieger und den Priester, die tot auf dem Boden liegen.«
»Allerdings«, ergriff Baill das Wort. Seine Stimme hallte überlaut in der Kammer wider. »In Amenkor hat sich dem Geisterthron niemand genähert, wenn jemand darauf saß, weil jeder wusste, dass es den Tod verhieß. Niemand kann sich ihm nähern. So schützt der Thron sich selbst und diejenigen, die zu einer bestimmten Zeit die Herrschaft über ihn haben.« Er schaute zu Haqtl. »Oder diese Herrschaft zu erlangen versuchen. Anderenfalls wäre der- oder diejenige auf dem Thron verwundbar.«
Erick knurrte, und die Haut um seine Augen spannte sich. »Wie sollen wir ihn dann töten?«
Ich dachte an den Geisterthron, an Sorrenti, an Cerrin und den Rest der Sieben. Mir gingen die eintausendfünfhundertJahre alten Erinnerungen durch den Kopf – an den Tod
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