Die Kaempferin
erhob mich aus der kauernden Haltung, verlagerte den Griff um meinen Dolch, trat einen Schritt auf den Thron zu und stellte mich vor Haqtl, vor den Priester, der die Armeen der Chorl hierher nach Venitte geführt hatte, vor den Mann, der mit einem hämischen, schiefen Lächeln den vergifteten Stachel in Ericks Brust getrieben und die tückische Nadeldecke über ihn ausgebreitet hatte.
Mein Herz versteinerte.
Töte ihn , forderte Cerrin mich auf. Aber berühre nicht den Thron. Vor der Sperre warst du geschützt, weil du ein Teil des Geisterthron warst, doch nichts kann dich vor dem Steinthron selbst schützen, vor seiner unmittelbaren Berührung!
Ich legte die Stirn in Falten. Der Thron besaß eine Rückenlehne, die Haqtl vor meiner Klinge schützte. Ich konnte ihn nicht von hinten angreifen, konnte ihm nicht die Kehle aufschlitzen.Ebenso wenig konnte ich ihn in den Rücken stechen, damit er langsam starb, so wie ich früher getötet hatte. Und ich wollte , dass er langsam starb. Ich wollte, dass er so sehr litt, wie er Erick hatte leiden lassen.
Doch meine Möglichkeiten waren beschränkt.
Ich rückte näher an den Thron heran, beugte mich zu Haqtls angespanntem Gesicht vor, musterte seine blaue Haut, seine schwarzen Tätowierungen, nahm seinen Geruch wahr. Meeressalz. Seetang. Der Gestank fauliger Fische.
Angewidert rümpfte ich die Nase.
Dann rief Cerrin: Varis!
Ich verspürte einen Schauder, als der Thron sich zu verändern begann. Seine Beine waberten; der Stein nahm die Beschaffenheit von Schilf an. Die anderen Stimmen des Thrones schrien entsetzt auf.
Gleichzeitig löste sich die Anspannung in Haqtls Zügen, und das altbekannte überhebliche Lächeln umspielte seine Lippen.
Dasselbe Lächeln, mit dem er Erick gefoltert hatte.
Mit einem wilden Knurren stieß ich ihm den Dolch in den Bauch.
Als er die Augen erschrocken aufriss, zischte ich so leise, dass nur Haqtl und die Stimmen im Thron es hören konnten: »Das ist für Erick.«
Ich riss den Dolch zur Seite, drehte ihn herum, spürte, wie er sich löste, und trat zurück. Blut troff mir von den Händen und tropfte von der Spitze des Dolchs.
Haqtl keuchte. Er presste die Hände auf seinen Leib und beugte sich vor. Blut spritzte auf seine Hose und sein gelbes Hemd und strömte über seine Hände, bis sie schwarz davon waren. Seine blaue Haut und seine Tätowierungen waren bald nicht mehr zu erkennen. Gequält sog er die Luft ein und kippte weiter nach vorne, sank mit dem Oberkörper so weit vor, bis sein Kopf auf den Knien lag. Das Blut strömte die Beine des Steinthrones hinunter, tropfte vom Sitz und sammelte sich darunterzu einer Pfütze, die rasch größer wurde. Haqtl hob den Kopf von den Knien. Wieder presste er die Hände krampfhaft auf den Bauch. Schmerz verzerrte seine Miene.
Dann setzte eine Veränderung ein. Der Schmerz schlug in Hass um, in blanke Wut, und er biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefermuskeln hervortraten, was ihm ein grausames, barbarisches Aussehen verlieh. Seine Augen blitzten, und die Inbrunst darin, die rohe Leidenschaft, erinnerte mich an seinen Gesichtsausdruck, als er über Erick gestanden und ihn gefoltert hatte.
»Du!« , spie er hervor. Blut troff ihm aus den Mundwinkeln.
Und mit diesem einen Wort, in das er all seinen Hass, seinen Hohn und seine Wut legte, starb er.
Sein Körper kippte nach vorn und rutschte als schlaffes Bündel vom Thron. Mit dem Gesicht voran und einem dumpfen Schlag landete er auf dem schwarzen Boden, ehe er weiter vorwärtsglitt, als das Gewicht seines gekrümmten Körpers nachschob.
Schließlich kam er zum Liegen, die Hände noch immer auf den Leib gepresst, den Körper leicht gekrümmt. Unter ihm breitete sein Blut sich zu einer Lache aus.
Ich drehte mich um und schaute zu Erick. Ich musste sein Gesicht sehen.
Er starrte auf Haqtls Leichnam, die Augen teilnahmslos und leer.
Die verbliebenen Chorl hoben die Schwerter. Ich dachte an jene Krieger, die wir in Amenkor gefangen genommen hatten, an ihren Freitod und daran, was Ottul uns über die Chorl erzählt hatte, und ich wusste, dass diese Krieger sich nicht ergeben würden.
»Baill«, sagte ich. »Versucht, so viele wie möglich lebend zu fassen.«
Er verstand sofort und stieß Patch von Erick weg, der sich immer noch nicht rührte. Dann rief er dem Rest der Bande einenBefehl zu. Die Männer rückten gegen die Chorl vor. Ich hörte, wie die Krieger ihren Schlachtruf ausstießen, jenes sonderbare Geheul, schrill und
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