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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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drückte Warren so kräftig gegen die Tür, dass die Muskelstränge in seinem Hals vor Anstrengung dick hervortraten.
    Schließlich trat er keuchend zurück und schüttelte den Kopf. »Von innen verbarrikadiert.«
    Erick runzelte die Stirn, doch bevor er etwas erwidern oder Baill sich umdrehen konnte, sagte ich: »Lasst mich.«
    Ich bündelte den Fluss und sah, wie Begreifen in die Gesichter der Bande trat. Gleich darauf wichen die Männer hastig vom Eingang zurück.
    Die Türen explodierten. Die Tische und Stühle, die auf deranderen Seite dagegengestapelt worden waren, zersplitterten, als sie nach innen geschleudert wurden. Fürst Marchs schweres Schreibpult schrammte über den Marmorboden. Männer brüllten Warnungen. Blauhäutige Chorl eilten auf den Durchbruch zu, doch Baill und die Bande stürzten bereits zu der neu geschaffenen Öffnung, um ihnen zu begegnen.
    Schwerter klirrten, doch ich beobachtete den Kampf nicht und nahm im Fluss kaum wahr, wie die letzten Chorl getötet wurden und die Bande zu beiden Seiten der Tür Stellung bezog.
    Denn die Ratskammer, in welcher der Rat der Acht tagte, hatte sich verändert. Sie war verwandelt worden.
    Die Banner der Fürstinnen und Fürsten hingen zwar noch an den Wänden, doch die Tische, an denen die Ratsmitglieder gesessen hatten, um über Venittes Angelegenheiten zu beratschlagen, waren für die Barrikade an der Tür benutzt worden und lagen nun verstreut und zerbrochen in der Kammer umher, ebenso die Stühle. Fürst Marchs großes Schreibpult war von der Wucht der Explosion zur Seite geschleudert worden, zerkratzt und gesprungen. Wo es gestanden hatte, wo die hintere schwarze Wand sich nach außen in den Raum wölbte, wo das Muster des Marmorbodens in dreieckigen Strahlen gleich einer Sonne in die Kammer strahlte, prangte nun ein spitzer, offener Bogen, ein Durchgang zum …
    Die Erinnerung an unvorstellbare Schmerzen durchzuckte mich bitterkalt und so scharf wie die schärfste Klinge.
    Cerrin , dachte ich.
    Und nahm vom Thron ein antwortendes Flüstern wahr, ein kurzes Anschwellen des Getuschels der Stimmen, wie ein jäher Windstoß.
    »Was ist?«
    Ericks Stimme drang durch die Erinnerungen, die mich peinigten, durch die kaum hörbaren Stimmen, die mich hatten erstarren lassen.
    Ich drehte den Kopf und begegnete seinem Blick, sah die Dringlichkeit darin, den Hass. Es war ein tief sitzender, lodernder Hass, der mir den Atem verschlug.
    Dann erinnerte ich mich und begriff: Haqtl wartete hinter jenem Durchgang.
    Haqtl – der Mann, der die Decke der Qualen über Erick ausgebreitet hatte, der ihn auf Befehl der Ochea gefoltert und ihm den Stachel in die Brust getrieben hatte, der so unbeschreiblichen Schmerz bereitete.
    Ich sog die Luft ein und drängte die Wut, die durch Ericks Schmerz in mir aufstieg, mühsam beiseite.
    »Das ist der Eingang zur wahren Ratskammer«, sagte ich und hörte verwundert, wie rau meine Stimme klang, rau wie Stein, der über Stein schabt. »Die Ratskammer, von der aus die Sieben herrschten.« Ich drehte mich wieder zu der Öffnung und fügte mit wesentlich leiserer Stimme hinzu: »Dort sind sie alle gestorben.«
    Den Bogen, der dort prangte, wo Fürst Marchs Platz gewesen war, wo er den Vorsitz über den Rat der Acht gehabt hatte, erfüllte nun ein weißes Licht, das verbarg, was sich dahinter befand. Ein Licht so grell wie das Weiße Feuer, das vor sieben Jahren die Küste erfasst hatte. Durch Cerrins Erinnerungen hatte ich den Durchgang viele Male von der anderen Seite aus gesehen, aber noch nie von außen. Doch auch von hier konnte ich den Thron spüren. Ich nahm seine Kraft wesentlich stärker wahr als von außerhalb des Gebäudes. Schwer und dicht erfüllte sie den Raum. Mit jedem Luftzug atmete ich sie ein; ich konnte fühlen, wie sie mich berührte und mir die feinen Härchen an den Armen aufrichtete. Ich hörte sie kreisen, schmeckte sie auf der Zunge, rau und gewaltig und zornig.
    Und wartend.
    Niemand bewegte sich. Ich spürte das Zögern der Männer, ihre Furcht, und wusste, dass auch sie den Thron spüren konnten, wenngleich sie ihn nicht einzuordnen vermochten.
    Ich holte zur Beruhigung Luft und setzte mich durch die Trümmer in Bewegung, durchquerte die Kammer, in der ich mich Fürst March, dem Rat der Acht und Fürst Demasque gestellt hatte. Splitter und Schutt knirschten unter meinen Füßen.
    Vor dem Durchgang, vor dem weißen Licht hielt ich inne, hob eine Hand und betastete den sanften Schimmer, ohne ihn zu berühren.

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