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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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von Cerrins Gemahlin und seinen Kindern, an die Schlachten der Sieben gegen die Chorl, an den Tod der Sieben hier in diesem Raum, als sie die Throne erschaffen, sie geschmiedet hatten.
    Erinnerungen, die ich eigentlich gar nicht besitzen konnte, zumal der Geisterthron zerstört war.
    Dennoch hatte ich diese Erinnerungen durchlebt – wegen des Steinthrones. Irgendwie war ich mit ihm auf ähnliche Weise verbunden wie früher mit dem Geisterthron. Wahrscheinlich durch den Geisterthron. Sorrenti hatte diese Verbindung gespürt. Auch die Sieben hatten sie gespürt, allerdings nicht verstanden. Und ich selbst hatte sie gespürt, als ich von dem Gespräch mit Eryn zurückgekehrt war und mich zu schnell von den Auswirkungen dieser Bewusstseinsentsendung erholt hatte.
    Ich wandte mich von Erick ab und trat vor. Diesmal streckte Erick die Hand aus, um mich aufzuhalten.
    »Was hast du vor?«, fragte er mit unsicherer Stimme. Nicht die Stimme eines Lehrers oder Ausbilders.
    Die Stimme eines Vaters.
    »Ich bin die Einzige, die das tun kann«, sagte ich. »Ich bin die Einzige, die nahe genug herankommt. Ich glaube, der Thron wird mich erkennen. Ich glaube, er wird mich durch die Sperre lassen.«
    Erick runzelte die Stirn, und sein Blick verfinsterte sich, als er auf mich hinunterstarrte. Er wollte mich davon abhalten, wollte nicht, dass ich dieses Wagnis einging.
    »Ich kann es fühlen, Erick«, fügte ich hinzu. »Ich kann es hören .«
    Seine Finger verkrampften sich. Dann aber löste er die Hand von meinem Arm.
    Er sagte nichts. Das war auch nicht nötig.
    Ich drehte mich wieder um und trat bis auf zwei Schritte an den Thron heran, dorthin, wo die Leichen der beiden Chorl lagen. Dann zögerte ich. Aus dieser Nähe konnte ich die Sperrewie tausend Nadeln spüren, die auf der Haut in meinem Gesicht, an meinen Händen, Armen und an meinem Rumpf prickelten, ein Gefühl, das mich an die Nadeldecke erinnerte, die Haqtl über Erick ausgebreitet hatte, um ihn zu quälen. Und ich fühlte die pochende Präsenz des Thrones, der im Einklang mit meinem Herzschlag pulsierte. Ich hörte das Flüstern des Thrones, der mich rief.
    Es klang wie Laub, das über Kopfsteinpflaster raschelt.
    Ich hob die Hände auf die Barriere zu, holte langsam Luft …
    … und trat vor.
    Schmerzen schossen durch meinen Körper, und ich schrie auf und hörte, wie in einigem Abstand auch Erick schrie. Dolche schlitzten mir über die Arme, über die Schultern, über die Brust. Die Klingen gruben sich in mein Fleisch, schälten mir die Haut vom Leib. Ich hörte einen heulenden Wirbelwind aus Stimmen. Das trockene Flüstern, das ich zuvor wahrgenommen hatte, steigerte sich zu tosender Raserei, zu einer misstönenden Mischung aus Häme und Wut und Qualen, aus Schmerz und Leiden. Die Dolche bohrten sich tiefer, sanken in meine Muskeln. Die Schneiden drückten gegen meine Sehnen, während die Spitzen sich den Knochen näherten. Die Stimmen wurden lauter, bis eine Stimme begann, lauter als alle anderen zu schreien …
    Und die Schmerzen endeten jäh. Die Dolche zogen sich zurück, und ich sank keuchend auf die Knie, hielt mir die Hände schützend über den Kopf.
    Die einzelne Stimme verdrängte alle anderen. Es war eine Stimme, die ich kannte.
    Cerrin.
    Als sämtliche Stimmen des Thrones verstummt waren und sich unter Cerrins Gebrüll verloren hatten, brach er den Schlachtruf ab und ließ Stille einkehren.
    Ich hörte ein Handgemenge, hob den Kopf durch die letzten Nebelschwaden der Schmerzen, die mir die Sperre auferlegthatte, und sah, wie Baill und Patch Erick am Rand der Sperre zurückhielten.
    Als Erick bemerkte, dass ich mich bewegte, wehrte er sich nicht mehr. Dennoch wichen Baill und Patch nicht zurück, entspannten sich nicht einmal. »Varis?«
    Varis? , kam es gleich darauf von Cerrin.
    Ich setzte mich auf, nahm eine kauernde Haltung ein, wie ich es am Siel Tausende Male getan hatte. »Es geht mir gut, Erick. Es … es hat nur einen Augenblick gedauert, bis der Thron mich erkannt hat.«
    Sorrenti hält nicht mehr lange durch, Varis. Du hast nicht viel Zeit. Haqtl hat die Herrschaft beinahe übernommen.
    Ihr müsst ihn aufhalten , drängte ich. Haltet Haqtl auf!
    Glaubst du vielleicht, das versuchen wir nicht? , meldete Liviann sich zu Wort. Wir …
    Wir haben getan, was wir können , fuhr Cerrin dazwischen. In seinem Tonfall schwang eine Warnung an Liviann mit. Haqtl ist mächtiger als Sorrenti. Er kann das Feuer beeinflussen.
    So wie ich , dachte ich.
    Ich

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