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Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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»Sie nennt sich FDP.«
    »Ja. Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagt der Junge. »Papa ist ja bei den Grünen gewesen. Aber das ist mir dann doch zu realitätsfern, was die fordern.«
    »Mit Revolutionären wie dir müssen wir uns um die Zukunft wahrlich keine Sorgen machen«, sage ich und glaube, jetzt ist er doch unsicher, wie das gemeint war, aber er lächelt nur verlegen.
    Drei versmalltalkte Stunden später, in denen mein Vorsatz der Abstinenz mit vier Bieren grölend meine Kehle hinuntergezogen ist, sehe ich das Känguru plötzlich mit einer Flasche Rum in der Pfote. Scheiße. Die hatte ich ganz vergessen. Die hatten wir eigentlich als Geschenk mitgebracht. Das Känguru hatte sie in seinem Beutel transportiert. Na ja, nun ist es auch zu spät. Es hat sich schon einen aus der sogenannten digitalen Boheme vorgeknöpft.
    »Inzwischen bin ich überzeugter Kapitalist«, sagt der Gesprächspartner.
    Ich schließe die Augen und fasse mir an die Schläfen.
    »Du bissst höchssstens ein überssseugender Schwwachkopf«, lallt das Känguru. »Schöner Kapitalisst bissst du. Einer ohne Kapital!«
    Schnell schreite ich ein: »Nirgends kann man dich mit hinnehmen!«, sage ich zischend. »Nie kannst du dich benehmen.«
    »Es stellt sich doch die Frage, wer sich hier obszön benimmt!«, lallt das Känguru. »Ich oder die Leute, die ihr Auto im Wohnzimmer parken!«
    Ich nehme ihm die Flasche Rum aus den Pfoten.
    »Das Problem mit dieser Art 68er ist«, lallt das Känguru viel zu laut, »dass sie damals alle nur das Vorwort vom Kapital gelesen haben! Ich muss pissen«, und es verschwindet Richtung Pool. Ich nehme einen kräftigen Schluck vom Rum.
    »Was war denn das?«, fragt mein Agent, der plötzlich hinter mir steht. »Es soll sich doch bitte beherrschen!«
    »Tja«, sage ich und setze die Flasche wieder an den Mund. »Wo es recht hat …«
    »Vielleicht geht ihr besser mal nach Hause … Ich sehe sonst eine Katastrophe am Horizont«, sagt mein Agent und will mir den Rum wegnehmen. »Eine Katastrophe. Und ich muss es dann wieder geradebiegen.«
    »Es ist doch noch gar nichts passiert«, sage ich.
    Da höre ich einen Motor aufheulen.
    »Come on, Thelma!«, ruft das Känguru. Es hat das Porsche-Cabrio kurzgeschlossen. Meine Augen glänzen.
    »Ach, weißt du …«, sage ich zu meinem Agenten. »Ich glaube, die Idee hätte eh nicht über neunzig Minuten getragen …«
    Ich mache den Rum alle, werfe die Flasche hinter mich und springe zum Känguru ins Auto. Immer enger umzingeln uns die verärgerten Partygäste.
    »Und jetzt?«, frage ich und suche nach der Fernbedienung für den Aufzug.
    »Let’s not get caught«, sagt das Känguru – und gibt Gas.
    »Nicht!«, schreie ich. »Wir sind im fünften Stock!«
    Es kracht, es klirrt, es blubbert. Patschnass klettern wir aus dem Pool und beobachten, wie der Porsche zu Boden sinkt.
    »Na, wenn das nicht Kunst ist«, sagt das Känguru und rülpst. »Ich nenne es ›Porsche im Pool 2008 – Versuch 1‹.«
    »Sie haben es gehört, meine Damen und Herren!«, ruft mein Agent den Gästen zu, die sich nun vor der zertrümmerten Glasfassade versammeln. »Porsche im Pool 2008 – Versuch 1! Ich nehme jetzt Ihre Gebote entgegen. Ich denke, wir fangen an bei 10000 Euro. Höre ich 10000 Euro?«
    »Hier!«, ruft der junge Kunstfanatiker.
    »15000, höre ich 15000?«
    »Hier! Ich!«, meldet sich unser Gastgeber.
    »Ein tolles Werk«, sagt er, »und so sozialkritisch.«
    »20000!«, ruft mein Agent. »Wer bietet 20000?«

»In der bayerischen Landesvertretung ist eine Franz-Josef-Strauß-Ausstellung«, sagt das Känguru. »Hamse groß in der Zeitung drüber berichtet. Kommste mit?«
    »Klar«, sage ich. »Ich lass mir keine Franz-Josef-Strauß-Ausstellung entgehen. Bin großer Fan. Schon von Kindesbeinen an.«
    »Aber jetzt mal ehrlich«, sagt das Känguru. »Was weißt du über den Mann?«
    »Außer dass er irgendwie doof war?«, frage ich.
    »Ja.«
    »Äh. Also er war, glaub ich, Bayer. Und er hat die CSU erfunden, oder so.«
    »Aber warum war er doof?«
    »Reicht das nich?«, frag ich.
    »Was?«, fragt das Känguru.
    »Na, die CSU erfinden. Reicht doch.«
    »Für was?«
    Ich seufze.
    »Für doof sein.«
    »Ach so.«
    »So wie du.«
    »Ey!«
    »Ach. Perlen vors Känguru«, seufze ich.
    »Wenn’s blöd ist, können wir ja ein bisschen pöbeln, bis wirrausgeschmissen werden«, sagt das Känguru. »Ich würde gerne damit prahlen können, Hausverbot in der bayerischen Botschaft zu

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