Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
auch wirklich nicht einfach«, sagt Krapotke.
»Doch«, sagt das Känguru, »die Regeln sind unfassbar einfach. Wir spielen hier Mau-Mau. Wegen dir.«
»Deinetwegen«, sage ich.
»Meinetwegen?«, fragt das Känguru.
»Nein, ich meinte, es heißt nicht ›wegen dir‹, sondern ›deinetwegen‹.«
»Meinetwegen«, sagt das Känguru. »Aber jetzt halt die Klappe!«
Krapotke legt eine andere Karte ab. Ich lege ab. Das Känguru legt ab. Friedrich-Wilhelm zieht eine Karte. Dann passiert nichts.
»Krapotke«, sagt das Känguru.
Krapotke scheint in Überlegungen versunken.
»Krapotke!«, ruft das Känguru.
»Ja?«, fragt Krapotke.
»DU MUSST EINE VERFICKTE KARTE ABLEGEN!«, brüllt das Känguru.
Krapotke legt eine Karte …
»EINE PASSENDE KARTE!«, schreit das Känguru. »WENN DU KEINE PASSENDE KARTE HAST, MUSST DU EINE BEKACKTE KARTE VOM NACHZIEH-STAPEL ZIEHEN, UND NEIN, DU DARFST DIE KARTE NICHT SOFORT DANACH ABLEGEN!«
»Kompliziertes Spiel«, sagt Krapotke.
»Absolut nicht«, sagt das Känguru, sich mühsam beruhigend. »Jeder Idiot begreift die Regeln!«
»Du bist doch bei der Bundeswehr«, sagt Friedrich-Wilhelm. »Du müsstest doch mit Regeln für Idioten vertraut sein.«
»Beim Bund beklagen sie sich auch immer über mich«, sagt Krapotke.
»Das ehrt ihn«, sage ich.
»Es ist aber wirklich das einfachste Spiel der Welt«, sagt das Känguru.
»Ich kenne einfachere Spiele«, sagt Krapotke.
»So?«, frage ich.
»Wir haben zu Hause immer Würfeln gespielt«, sagt Krapotke. »Jeder würfelt, und wer die höchste Zahl würfelt, gewinnt. Oder auch Würfel raten. Man würfelt, und jeder muss raten, welche Zahl kommt. Mein Bruder war total gut darin.«
»Musstest du immer vor dem Wurf raten, und dein Bruder durfte nach dem Wurf raten?«, fragt Friedrich-Wilhelm.
»Weiter jetzt!«, kommandiert das Känguru.
Ich werfe einen Blick in Krapotkes Blatt und lege für ihn eine passende Karte ab. Dann lege ich eine meiner Karten ab. Das Känguru legt eine seiner Karte ab. Friedrich-Wilhelm legt eine Sieben. Krapotke will ablegen.
»Du musst zwei Karten ziehen«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Warum?«, fragt Krapotke.
»Weil ich eine Sieben gelegt habe«, sagt Friedrich-Wilhelm.
»Müsst ihr auch zwei Karten ziehen?«, fragt Krapotke.
»Nein«, sage ich.
»Das scheint mir nicht fair«, sagt Krapotke. »Das ist nicht fair.«
»So sind halt die Regeln«, sagt das Känguru.
»Die hat sich doch nur jemand ausgedacht«, sagt Krapotke. »Und ich habe mir eben neue Regeln ausge…«
»Z i e h j e t z t z w e i K a r t e n!«, sagt das Känguru. Seine Augen funkeln böse.
»Woher? Aus meinem Ärmel«, scherzt Krapotke.
»Manche Leute machen noch Witze, wenn ihr Leben in Gefahr ist«, sagt das Känguru.
»Vom Nachzieh-Stapel«, sage ich.
»Vom Nazi-Stapel?«, fragt Krapotke.
»Wenn ich auf eine Gruppe Nazis treffe und die ordnungsgemäß fein säuberlich zusammenfalte und aufeinanderlege, dann ist das ein Nazi-Stapel«, sagt das Känguru. »Das hier auf dem Tisch ist ein Nachzieh-Stapel! Jetzt zieh zwei Karten!«
Krapotke zieht zwei Karten. Ich lege eine Karte ab und sage: »Mau.« Das Känguru legt eine Karte ab und sagt auch: »Mau.« Friedrich-Wilhelm zieht eine Karte und gähnt. Ich muss auch gähnen. Friedrich-Wilhelm reibt sich die Augen.
»KRAPOTKE!«, schreit das Känguru. »Leg jetzt sofort eine p a s s e n d e Karte ab!«
»Was genau heißt noch mal passend?«, fragt Krapotke.
»Dieselbe Zahl oder dieselbe Farbe«, sage ich.
Krapotke legt eine Karo-Neun auf die Herz-Sieben.
»O sancta simplicitas!«, ruft das Känguru.
»Ich finde es immer superüberheblich, wenn es Leute auf Latein beleidigt«, sagt Friedrich-Wilhelm zu mir.
»Ich halte das Verstecken nicht mehr aus«, sagt das Känguru. »Mit euch halte ich das Verstecken nicht mehr aus! Ich muss mal wieder andere Leute sehen. Ich krieg hier ’nen Koller!«
»Hab ich nicht richtig abgelegt?«, fragt mich Krapotke. »Beide Karten sind doch rot.«
»Ja, na ja. Man sollte das mit den Regeln wirklich nicht so eng sehen«, sage ich und lege ein Kreuz-Ass auf die Karo-Neun. »Mau-Mau.«
»I want you to want me.
I need you to need me.«
Angebot zur Nachfrage
»Wir müssen hier erst mal über Begrifflichkeiten reden«, sagt das Känguru und pafft kurz an seiner Montecristo. Um unerkannt zu bleiben, hat es sich wieder verkleidet. Es trägt einen angeklebten Elftagebart, ein olivgrünes Hemd, eine schwarze Baskenmütze mit goldenem Stern und
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