Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
gefällt. Vor allem diejenigen, von denen man meinen möchte, es ginge ihnen besonders gut, mit ihren vielen Dienstboten und den schönen Kleidern, gerade die haben unter schrecklicher Langeweile zu leiden. Was meinen Sie, warum die Damen so häufig in meiner Werkstatt auftauchen? Hier eine Anprobe, da eine Anzahlung, dort eine Zweit- oder Umbestellung. Das wäre alles gar nicht nötig und in einer einzigen Sit zung zu erledigen. Oder man schickt die Magd. Aber nein, ein bisschen Tapetenwechsel ab und zu muss einfach sein! Und auch die weniger reichen Frauen, die den ganzen Tag in den Läden ihrer Männer stehen und das Gesinde beaufsichtigen müssen, haben ein wenig Abwechslung verdient. Auch sie brauchen schließlich mal eine Pause. Ja, warum sollte es den Frauen anders gehen als uns Männern?«
    Johanna nickte bedächtig. Wie recht er hatte! Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie öde ihr das Leben manchmal vorgekommen war, als sie noch draußen in Bornheim gewohnt hatte. Dabei gab es auf einem Bauernhof natürlich immer genug zu tun. Das konnte man nicht vergleichen. Aber wie froh war sie über jeden Besucher gewesen, der das tägliche Einerlei durch seine Anwesenheit unterbrach. Sie selbst hatte ab dem Zeitpunkt, da sie mit Adam verheiratet war und jeden Tag in der Coffeemühle arbeitete, natürlich genug Abwechslung und Kontakt zu anderen Menschen gehabt. Wenn nicht gar zu viel. Schon oft hatte sie sich nach ein wenig mehr Ruhe und Einsamkeit gesehnt. Doch wenn man ein Kaffeehaus führte, musste man natürlich da sein, wenn die Gäste kamen …
    Plötzlich durchfuhr es sie wie ein Blitz: Was wäre, wenn sie die Frauen, die vor lauter Neid auf ihre kaffeetrinkenden Männer auf dumme Gedanken verfielen, einfach zu sich einlud? Und zwar unabhängig von den Männern. Ja, das war es, was in der Stadt noch fehlte: ein Kaffeehaus nur für Frauen! Und sie wäre die Erste, die ein solches eröffnete. Genauer gesagt, die einen Damensalon eröffnete, ein separates Zimmer innerhalb der Coffeemühle , in dem ihre Kundinnen ganz unter sich sein konnten, fast als wären sie zu Hause. Eine Art gute Stube, mit Kaffee, Kuchen und Musik.
    »Johanna, Sie lächeln so geheimnisvoll! Sieht ganz so aus, als hätte ich Sie auf eine Idee gebracht, kann das sein?«
    Wieder zwinkerte Schuhmacher Denzel ihr mit seinem gesunden Auge zu.
    Johanna wiegte leicht den Kopf. Dem Mann blieb aber auch nichts verborgen! Doch sie würde ihre Idee noch nicht verraten. Erst einmal musste sie alles genau durchdenken, bevor sie darüber sprach.
    »Dann gehe ich mal wieder und schaue nach dem Essen. Wirsingeintopf mit Speck gibt es heute«, sagte Hannes ächzend.
    Die ganze Zeit hatte er mit auffallend unbeteiligter Miene zugehört, um klarzustellen, dass er in der Pause war und ihn das Ganze eigentlich gar nichts anging. Er griff nach dem Kochlöffel, der vor ihm lag, nickte Denzel zu und erhob sich schwerfällig. Seine leere Kaffeeschale ließ er auf dem Tisch stehen.
    »Was hätten Sie denn gerne, lieber Herr Denzel?«, fragte Johanna den Schuhmacher freundlich, ohne auf seine letzte Bemerkung einzugehen.
    Bevor Denzel etwas erwidern konnte, war Anne flink wie ein Wiesel herangeschossen. Mit frischer Haube und gestärkter Schürze trat sie ihren abendlichen Servierdienst an.
    »Wie immer?«, fragte sie nur in Richtung des Schuhmachers.
    »Wie immer«, antwortete dieser.
    »Sie meinen, den Frauen fehlt es schlicht an Abwechslung? Und sie beneiden die Männer letztlich nur um ihre Möglichkeiten, sich außerhalb von zu Hause zu vergnügen?«, fragte Johanna, nachdem Anne in Richtung Küche verschwunden war.
    Sie gab sich betont ungezwungen, damit der Schuster bloß nicht meinte, sie wolle noch mehr Informationen aus ihm herausholen. Der Gedanke an einen Salon nur für Damen ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Das wäre die Geschäftsidee! Das, wonach sie immer gesucht hatte! Sie würde der Konkurrenz ein für alle Male ein Schnippchen schlagen, jubelte sie innerlich.
    »Genauso ist es doch! Meine Frau zetert jeden Abend rum, weil sie nicht mitdarf, wenn ich noch auf ein Tässchen in die Coffeemühle gehe. Natürlich würde sie das nie zugeben. Nur lose Weiber würden sich schließlich in ein Kaffeehaus setzen.« Er zögerte einen Moment und fügte dann hinzu: »Ausgenommen die Wirtin und das Serviermädchen natürlich!«
    Er strahlte Anne an, die einen Becher Kaffee vor ihm abgestellt und bei seinen Worten in gespielter Empörung das Gesicht verzogen

Weitere Kostenlose Bücher