Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.
sich 987 endgültig durch und behauptete in männlichen Linien den französischen Thron bis 1789 und nochmals von 1814 bis 1848. In Italien kämpften zwei Könige und ihre Nachfahren um den Vorrang, Wido (von Spoleto) und Berengar (von Friaul). Und im Westalpenraum regierten zwischen 888 und 1032 vier welfische Könige das neu entstandene Königreich Burgund. Die neuen Königsgeschlechter waren im karolingischen Reichsdienst aufgestiegen und leiteten sich teilweise über karolingische Prinzessinnen von Karl dem Großen ab. So setzten sich die Karolinger in einem weiten Verwandtschaftsbegriff einfach fort.
Trotzdem nahmen die Zeitgenossen auch die Brüche wahr. Verwirrende Handlungsketten verwischten klare Entwicklungslinien.Für sich und das ostfränkische Reich behauptete Arnulf den politischen Vorrang. Doch im Kaisertum setzte sich erneut der Herrscher über Italien durch. Nachdem Wido (von Spoleto, † 894) seinen Rivalen Berengar in den nördlichen Adriaraum abgedrängt hatte, ließ er sich von dem zunächst widerstrebenden Papst Stephan V. (885–891) am 21. Februar 891 zum Kaiser krönen. In seinen Urkunden benannte Wido seine Gemahlin Ageltrude als «Kaiserin und Gefährtin unseres Kaisertums» (
imperatrix et consors imperii nostri).
Energisch sicherte er die neue Würde durch die Erhebung seines Sohns Lambert († 898) zum Mitkönig. Im April 892 krönte Papst Formosus (891–896) Lambert in Ravenna zum Mitkaiser; es war die letzte mittelalterliche Kaiserkrönung außerhalb Roms. Vater und Sohn erneuerten das kaiserliche Pactum mit der römischen Kirche.
Nach Widos Tod griff jedoch der ostfränkische König Arnulf in Italien ein, erkämpfte sich den Weg nach Rom, belagerte und eroberte die Stadt und schlug Lambert in die Flucht. Der Fuldaer Annalist stilisierte diesen Sieg seines Herrn zum Befreiungsakt des Papstes, der Arnulf zum Dank im Februar 896 im römischen Petersdom die Kaiserkrönung spendete: «Und so wurde durch Gottes Vorsehung, ohne dass auf Seiten des Königs aus einem so großen Heer einer fiel, die festeste und edelste Stadt, als schon der Abend hereinbrach, mit ruhmreichem Triumph erobert, der Papst zugleich und die Stadt von den Feinden befreit … Nun empfing der Papst mit der Liebe eines Vaters den König vor dem Paradies an dem Ort, welcher die ‹Stufen des hl. Petrus› genannt wird, und ehrerbietig führte er ihn voll Freude in die Basilika der hl. Apostelfürsten. Indem er nach Sitte seiner Vorfahren zur Kaiser-Weihe die Krone auf sein Haupt setzte, nannte er ihn Caesar Augustus. Nachdem daselbst vielerlei angeordnet war, versprach das ganze Volk der Römer bei dem hl. Paulus eidlich dem Kaiser Treue.»
Arnulfs Erhebung begründete das erste Gegenkaisertum in der abendländischen Geschichte. Doch auf dem Höhepunkt seiner Macht erlitt er einen Schlaganfall mit schweren Lähmungen, die ihn bis zum Tod 899 nahezu handlungsunfähig machten. Schnell brachte man den kranken Kaiser über die Alpen. InOstfranken hoch gerühmt, fand Arnulfs Kaisertum in der italienischen Überlieferung fast keinen Niederschlag. Das politische Vakuum in Italien nutzten Kaiser Lambert und König Berengar, die sich 896 vertraglich die Herrschaft teilten. Aber auch nach Lamberts Tod stieg Berengar noch nicht zum Kaisertum auf. Die alten Handlungsgemeinschaften über die vagen Reichsgrenzen behaupteten sich ein letztes Mal, als Ludwig III., der Enkel Kaiser Ludwigs II. und schon Favorit Karls III. für die Nachfolge 887, nach Italien zog. Im Februar 901 empfing er, vermutlich im römischen Petersdom, aus der Hand Papst Benedikts IV. (900–903) die Kaiserkrone. Schon vier Jahre später erfuhr der Kaiser den Wechsel des Glücks. Im August 905 fiel er in die Hände Berengars, der ihn blenden ließ. Als Blinder war der Kaiser amtsunfähig und schied als Akteur im italienischen Kräftespiel aus. In der Provence starb er viele Jahre später, vielleicht 928.
Zehn Jahre nach dem Gewaltakt an Ludwig erntete Berengar seinen Lohn. Ende November oder Anfang Dezember 915 spendete ihm Papst Johannes X. (914–928) im römischen Petersdom die Kaiserkrönung und erhielt sogleich die Bestätigung des kaiserlichen Pactum. In bewegter Zeit fand dieses Kaisertum ein unrühmliches Ende, als Berengar am 7. April 924 in Verona von einem Vasallen ermordet wurde. Das Königreich Italien geriet in heftige Auseinandersetzungen nachkarolingischer Adelsverbände. In ihnen setzten sich verschiedene Könige durch, zunächst Hugo und sein
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