Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.
Sohn Lothar († 950) als Nachkommen des lotharingischen Königs Lothar II., dann Berengar II. und sein Sohn Adalbert († 972/975) als Nachfahren Kaiser Berengars I. Das Kaisertum der Karolinger oder Halb-Karolinger blieb aber nach 924 verwaist. Beständig mit der Geschichte des Frankenreichs oder fränkischer Nachfolgereiche verbunden, wurden seit 855 der sichere Besitz Italiens und die Einladung durch den Papst zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Kaiserkrönung. Es sollte fast vier Jahrzehnte dauern, bis ein kraftvoller Herrscher diese Kriterien wieder erfüllte.
5 Die neue Mitte
(919–1056)
Nach fast vier Jahrzehnten erneuerte die Kaiserkrönung des ostfränkischen Königs Otto I. am 2. Februar 962 im römischen Petersdom das abendländische Kaisertum. Bis zum Ende des Alten Reichs 1806 blieb die Kaiserkrone mit dem ostfränkisch-deutschen Königtum verbunden. Diese Verknüpfung prägte Kaisertum wie Reich gleichermaßen. Der römische Kaisertitel, seit 982 konsequent in Anspruch genommen, veränderte seit dem 11. Jahrhundert auch den Königstitel. Allmählich, seit Heinrich V. dann systematisch, nannten sich die Herrscher im Land zwischen Alpen und Nordsee, zwischen der Maas im Westen und einer expansiven Ostgrenze «Könige der Römer». Das Imperium stellte ihnen ein verlockendes Potential bereit, das die Entwicklung einer nationalen Monarchie unnötig machte. Über die Jahrhunderte richtete man sich in gesteigerten Ansprüchen ein und bezog den Reichsnamen von der fernen Stadt jenseits der Alpen. Damit konkurrierten eigene und fremde Bezeichnungen, die das Reich in der Mitte Europas aus unterschiedlichen Blickwinkeln als Franken, Sachsen, Germanien, Alemannien, Schwaben benannten. Der deutsche Name kam spät hinzu, zuerst eine Bezeichnung für die Sprache, die dann auf die Menschen und ihre Lande übertragen wurde.
Die Gründertat Ottos I. von 962 warf weite Schatten in die Geschichte der europäischen Reiche und Nationen. Seit 963 präzisierten Päpste und Kaiser ihre konträren Ansprüche in der Welt und auf dem Weg zu Gott. Das Ringen um Gleichrangigkeit, Über- oder Unterordnung brachte dauernden rituellen Wandel in scheinbar gleichen Formen hervor. Aus der Mischung von Konsens und Konflikt zweier universaler Gewalten resultierten beständige Schübe politischer und theoretischer Vergewisserung. Die konsequente Pflege der Spannungen und Widersprüchestellt eine Epochensignatur des europäischen Mittelalters im globalen Vergleich dar. In der Kultur des Zweifelns entstanden dialektisches Denken, Individualität und Säkularisierung.
Ottos Wege zur römischen Kaiserkrönung waren weit. Sein Vater Heinrich I. hatte das Königtum 919 erlangt. Damit verschoben sich die Herrschaftsschwerpunkte im ostfränkischen Reich nach Norden, von den Franken auf die Sachsen. Heinrichs Familie, als Liudolfinger oder Ottonen bezeichnet, wurzelte im Land um den Harz. Ihre großen Erinnerungsorte waren Corvey, Gandersheim oder Quedlinburg, später Magdeburg, Memleben oder Merseburg. Nach 962 setzte hier eine bedeutende Geschichtsschreibung ein, welche die große Gegenwart aus dem Aufstieg des sächsischen Volkes entwickelte. Von Sachsen aus setzte Heinrich sich im ostfränkischen Reich durch und band die Herzöge durch militärische Gewalt und Freundschaftsbündnisse in ein persönliches Beziehungsnetz ein. Glück und Tüchtigkeit des neuen Königs erwiesen sich in wiederholten Siegen über die heidnischen Slawen und Ungarn. Nach solchen Erfolgen gelang 936 die Weitergabe des Königtums an den ältesten Sohn Otto I., in Abkehr vom fränkischen Brauch, das Reich unter alle Söhne zu verteilen. Aachen als Ort von Wahl und Krönung machte den Kontinuitätswillen deutlich. Der neue König orientierte sich programmatisch an Karl dem Großen und setzte damit ein Zeichen in der Konkurrenz der karolingischen Nachfolgereiche.
Mit großer Beharrlichkeit überwand Otto innere wie äußere Feinde, brachte in seinem Reich die monarchische Gestaltungskraft überall zur Geltung und griff wiederholt in innere Zwistigkeiten der westfränkischen, burgundischen und italienischen Nachbarreiche ein. Durch zwei Erfolge 951 und 955 veränderte sich das Ranggefüge der Könige noch mehr.
Der Tod König Lothars 950 hatte in Italien eine Nachkommenlinie Kaiser Berengars auf den Thron gebracht, Berengar II. (von Ivrea) und seinen Sohn Adalbert. Doch auch Otto I. machte im Sinne der fränkischen Handlungsgemeinschaft Ansprüche geltend und
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