Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
eingliederte. Stationiert wurde es in Mediolanum/Mailand; als Befehlshaber fungierte Aureolus;
der erste spektakuläre Einsatz erfolgte in der Schlacht von Mursa gegen den Usurpator Ingenuus (oben S. 224). Des weiteren
richtete Gallienus an strategisch wichtigen Stellen Armeekommandos ein, die unter einem
dux
oder
praepositus
mehrere Legionsvexillationen umfaßten. Im Zuge dieser Maßnahmen trat in Oberitalien Verona, das mit dem Titel Colonia Nova
Gallieniana geehrt und durch eine neue Stadtmauer gesichert wurde (Corp. Inscr. Lat. V 3329), neben Aquileia, das sich schon
238 als Bollwerk bewährt hatte (oben S. 205). In Pannonien erhielt Poetovio/Pettau an der Bernsteinstraße, in Makedonien Lychnidus
an der Via Egnatia diesen Charakter. Verteidigungsbastionen der inneren Linie könnte man solche Kommandanturen nennen. Sie
boten zugleich die Möglichkeit der schnellen Mobilisierung größerer Kräfte für plötzlich erforderlich werdende Expeditionen.
Gallienus tat alles, um sich die Gunst des Heeres zu erhalten und der Öffentlichkeit die Treue seiner Soldaten vor Augen zu
führen. Als 260 die neue Münzstätte in Mailand ihre Tätigkeit aufnahm, ließ er für alle Legionsvexillationen, die an seinen
Unternehmungen |226| beteiligt waren, Antoniniane prägen, welche auf der Rückseite die Bezeichnung der Stammlegion und die Bezifferung des betreffenden
Sieges zusammen mit den dadurch erworbenen Ehrennamen Pia und Fidelis aufwiesen. Auch die Cohortes praetoriae erhielten diese
Ehrung (Rom. Imp. Coin. V 1, 92 – 97, Nr. 314 – 372). 262 folgten dann aus Anlaß der Decennalien des Gallienus Serien der Münzstätten Rom und Mailand mit den Rückseitenlegenden
FIDES MILITVM, FIDEI PRAETorianorum, FIDEI EQVITVM, wobei mit den Equites das neue Kavalleriekorps gemeint war. Die Legionsmünzen
wirkten wie eine Truppenparade, die Decennalienprägungen wie die Ausgabe der Losung. Beide Münztypen symbolisierten das Soldatenkaisertum
in seinem innersten Wesen, der Verbindung von Kaiser und Heer auf Gedeih und Verderb.
Diese Verbindung war das Produkt einer langen Entwicklung, zu der praktisch jeder Kaiser sein Teil beigetragen hatte. Vor
allem seit Septimius Severus nahm die Hinwendung der Kaiser zum Heer rapide zu – auf Kosten des Senats, der die von Augustus
mit ihm eingegangene Allianz der gemeinsamen Teilhabe am Staat aufrechtzuerhalten suchte. Es war deshalb ein schwerer Schlag
für die Senatoren, daß Gallienus sie von den hohen Offiziersstellen ausschloß: Sie erhielten nun keine Bestallung mehr als
Legionskommandeure
( legati legionis
), und ihren Söhnen wurde die Möglichkeit genommen, in hoher Position, nämlich als
tribuni militum ( laticlavii )
, militärische Erfahrung zu sammeln. An ihre Stelle traten Ritter, d. h. Männer, die im Militärdienst aufgestiegen waren.
Als Legionskommandeure führten sie die Bezeichnung
praefecti legionis
. Die Tribunenstellen, auf die schon immer Berufssoldaten als
tribuni militum angusticlavii
gelangen konnten, gehörten nun ganz solchen in den Ritterstand aufgestiegenen Leuten. Das gesamte Offizierskorps bestand seit
Gallienus aus Rittern; Senatoren hatten mit dem Militärwesen nichts mehr zu tun.
Die Herausdrängung der Senatoren aus ihren angestammten Wirkungskreisen ging aber noch weiter. Gallienus gab auch Statthalterschaften,
die bisher von Senatoren wahrgenommen worden waren, an Ritter als
praesides
, ohne dies freilich zum Prinzip zu erheben. Nichtsdestoweniger wurde dadurch der Einbruch der Ritter in das festgefügte System
senatorischer Ämter nicht unbeträchtlich vertieft, wobei auch noch berücksichtigt werden muß, daß so mancher Ritter zum Abschluß
seiner Karriere in den Senatorenstand aufgenommen wurde und dann zu den höchsten senatorischen Ämtern, etwa der Stadtpräfektur,
gelangte. Im übrigen war |227| das Rangsystem, das sich parallel zum ritterlichen Cursus herausgebildet hatte
( vir egregius, vir perfectissimus, vir eminentissimus
), so beschaffen, daß es gewissermaßen stufenweise an den senatorischen Clarissimat heranführte – eine neue Gliederung der
Oberschicht brach sich Bahn.
Die veränderten Positionen von Rittern und Senatoren im Staatsgefüge hatten Veränderungen auch in deren ökonomischem Verhalten
zur Folge.
Viri militares
, die zu Rittern aufstiegen und sich auf dieser Ebene behaupten mußten, konnten dies am ehesten, wenn sie ihrem Sozialprestige
durch Erwerb von Land
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