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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Männer. Und es ist wohl so, daß die Einbildungskraft den Sinnen diesen Zauber läßt und daß die Begehrlichkeit den Träumen der Seele diese Konzessionen einräumt. Wenn man mir gesagt hätte: Sie können diese Frau noch heute abend besitzen, aber morgen müssen sie dafür sterben, ich hätte nicht gezögert. Wenn man mir aber gesagt hätte: Geben Sie ihr zehn Louis, und Sie können ihr Liebhaber sein, so hätte ich es zurückgewiesen und wie ein Kind geweint, das sein Traumschloß sich auflösen sieht. Aber kennenlernen wollte ich sie. Es war das einzige Mittel, um zu erfahren, was ich von ihr zu halten hatte. Ich sagte also zu meinem Freunde, es sei mein Wunsch, daß er sie darum bitte, mich ihr vorstellen zu dürfen. Inzwischen schlenderte ich im Foyer auf und ab. Ich dachte daran, daß sie mich in wenigen Augenblicken empfangen würde, und wußte nicht, wie ich mich unter ihren Blicken benehmen sollte. Ich versuchte, mir vorher die Worte zurechtzulegen, die ich sagen wollte.
Zu welch köstlichen Kindern macht uns doch die Liebe. Kurz darauf kam mein Freund zurück. ,Sie erwartet uns', sagte er zu mir. ,Ist sie alleine?' fragte ich ihn. ,Eine Dame ist bei ihr.' ,Kein Herr?' ,Nein. ' ,Gehen wir.'
Mein Freund ging dem Ausgang zu. ,Aber da geht es doch nicht zu ihr.' ,Wir müssen Süßigkeiten kaufen. Sie hat mich darum gebeten.'
Wir betraten eine Zuckerbäckerei in der Opernpassage. Am liebsten hatte ich den ganzen Laden leergekauft. Ich blickte mich um und überlegte, wie man eine Bonbonniere zusammenstellen könne. Da verlangte mein Freund: ,Ein Pfund glacierte Trauben.' ,Wissen Sie denn, ob sie die gerne ißt?' ,Sie ißt nichts anderes, das ist bekannt .Ach', fuhr er fort, als wir den Laden verlassen hatten, »wissen Sie überhaupt, wem ich Sie jetzt vorstelle? Denken Sie nur nicht, es sei eine Herzogin. Es ist ganz einfach eine ausgehaltene Frau, allerdings die meistumschwärmte, mein Lieber. Haben Sie keine Hemmungen und reden Sie ungeniert.'
,Gut, gut', stotterte ich und folgte ihm. Ich sagte mir, daß ich wohl bald von meiner Leidenschaft geheilt sein würde. Als wir die Loge betraten, lachte Marguerite. Ich hätte sie mir traurig gewünscht.
Mein Freund stellte mich vor. Marguerite neigte leicht den Kopf und sagte: ,Und meine Bonbons?' ,Hier sind sie.'
Sie nahm sie in Empfang und blickte mich dabei an. Ich senkte die Augen und errötete.
Sie neigte sich zum Ohr ihrer Nachbarin, sagte ihr einige leise Worte, und beide lachten ungeniert.
Ohne Zweifel war ich der Grund ihrer Heiterkeit. Meine Verlegenheit wurde dadurch noch größer. Ich hatte damals ein kleines Bürgermädchen zur Geliebten, ein zartes und sehr gefühlvolles Ding. Über ihre Anwandlungen und ihre melancholischen Briefe hatte ich gelacht. Jetzt verstand ich, wie unrecht ich ihr damit tat, und in diesen fünf Minuten liebte ich sie unbeschreiblich.
Marguerite aß ihre Trauben, ohne sich weiter mit mir zu beschäftigen. Mein Freund wollte mir aus dieser für mich peinlichen Situation helfen.
,Marguerite', sagte er. ,Sie dürfen nicht erstaunt sein, daß Herr Duval so schweigsam ist. Sie verwirren ihn derartig, daß er keine Worte mehr findet,'
,Ich glaube eher, der Herr hat Sie begleitet, weil Sie es langweilig finden, allein zu mir zu kommen.' ,Wenn es sich so verhielte', sagte ich nun, ,dann hätte ich Ernest nie gebeten, mich vorzustellen.' ,Es war vielleicht nur ein Mittel, um den entscheidenden Augenblick hinauszuschieben.'
Wenn man nur ein wenig mit Mädchen wie Marguerite zusammengelebt hat, dann kennt man ihre Freude daran, etwas falsch auszulegen und Menschen, die zum erstenmal vor ihnen stehen, zu necken. Sicher ist es eine Rache für alle Erniedrigungen, die sie so oft von denen erdulden müssen, die alle Tage um sie sind. Man muß auch, um ihnen antworten zu können, ihre Welt ein wenig kennen, und diese Kenntnis fehlte mir. Meine Vorstellung von Marguerite wurde durch ihreHeiterkeit zerstört. Jegliche Äußerung dieser Frau berührte mich aufs tiefste. Also erhob ich mich und sagte mit einer Aufgeregtheit, die ich unmöglich verbergen konnte: ,Wenn das Ihre Meinung von mir ist, gnädige Frau, dann kann ich Sie nur noch wegen meines Erscheinens um Verzeihung bitten und mich verabschieden mit der Versicherung, daß es nicht noch einmal vorkommen wird.' Darauf grüßte Ich und ging.
Kaum hatte ich hinter mir die Tür geschlossen, als ich ein dreifaches Gelächter hörte. Ich wünschte mir in diesem Augenblick einen Freund, mit dem

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