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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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einzulassen.'
,Es ist wahr. Aber in diesem Falle handelt es sich nur um einen wirklichen Freund.'
,Der Ihnen nicht viel bedeutet, weil Sie ihm zu einer solchen Stunde Ihre Türe verschließen.'
,Sie dürfen mir keine Vorwürfe machen, denn ich gab diese Anordnung, weil Sie und Ihr Freund hier sind.' Nach und nach hatte ich mich Marguerite genähert. Ich hatte meine Arme um ihre Taille gelegt, und ihr schlanker Körper ruhte leicht auf meinen verschlungenen Händen. ,Wenn Sie wüßten, wie ich Sie liebe', flüsterte ich. ,Wirklich?' ,Ich schwöre es!'
,Gut, wenn Sie mir versprechen, alle meine Wünsche wortlos zu erfüllen, wenn Sie mir nie einen Vorwurf machen und mich
nie ausfragen, dann kann ich Sie vielleicht lieben.' ,Alles, was Sie wollen!'
,Aber ich sage Ihnen im voraus, ich will frei sein, will tun, was mir paßt, ohne Ihnen das geringste aus meinem Leben sagen zu müssen. Ich suche schon lange einen jungen Liebhaber, der verliebt ist, ohne mißtrauisch zu sein, den ich liebe, ohne daß es sein muß. Ich habe nie einen finden können. Wenn doch die Männer zufrieden sein wollten mit dem, was man ihnen gewährt und was sie kaum je zu erreichen hofften! Aber nein, die Geliebte muß ihnen Rechenschaft ablegen über die Gegenwart, die Vergangenheit, ja am liebsten auch schon über die Zukunft. Je mehr sie sich an uns gewöhnen, um so mehr wollen sie uns beherrschen. Und je williger wir ihre Wünsche erfüllen, um so mehr fordern sie. Wenn ich mich jetzt entschließe, einen neuen Geliebten zu nehmen, dann muß er drei seltene Vorzüge haben. Er muß arglos, unterwürfig und verschwiegen sein.'
,Alles, was Sie wollen, werde ich sein.' ,Wir werden sehen.' ,Und wann werden wir sehen?' ,Später.' ,Warum?'
,Weil', sagte Marguerite, entwand sich meinen Armen und nahm aus einem großen, roten Kamelienstrauß eine Blüte, die sie mir ins Knopfloch steckte, ,weil man nicht immer Verträge, die man schließt, noch am gleichen Tage erfüllen kann.'
Das war nicht schwer zu begreifen. ,Und wann werde ich Sie wiedersehen?' fragte ich sie und schloß sie in meine Arme. ,Wenn diese Kamelie ihre Farbe ändert.' ,Und wann wird sie ihre Farbe ändern?' .Morgen, von elf bis Mitternacht. Sind Sie zufrieden?' ,Sie fragen noch?'
,Und kein Wort über all das, weder zu Ihrem Freund noch zu Prudence noch zu sonst irgend jemanden.' ,Ich verspreche es Ihnen.'
Jetzt küssen Sie mich, und dann werden wir wieder ins Eßzimmer gehen.' Sie bot mir ihren Mund, ordnete dann abermals ihre Haare, und wir verließen dieses Zimmer, sie singend, ich halb von Sinnen. Im Salon blieb sie stehen und sagte ganz leise:
,Es mag Ihnen merkwürdig vorkommen, daß ich anscheinend bereit bin, Sie sogleich zu erhören. Wissen Sie weshalb?' ,Deshalb', fuhr sie fort und legte meine Hand gegen ihr Herz, dessen heftiges Schlagen ich spürte, ,deshalb, weil ich kürzer als die anderen leben werde und darum intensiver leben will.' ,Sprechen Sie nicht mehr so, ich beschwöre Sie!' ,Oh, trösten Sie sich', fuhr sie lachend fort, ,wenn ich auch nicht mehr lange lebe, so werde ich doch länger leben, als Sie mich lieben.'
Singend betrat sie das Eßzimmer.
,Wo ist Nanine?' fragte sie, als sie Gaston und Prudence alleine sah.
,Sie schläft in Ihrem Zimmer und wartet, daß Sie zu Bett gehen', entgegnete Prudence.
,Die Arme! Sie hat nie ihre Nachtruhe, das wird sie noch töten! Auf, meine Herren, gehen Sie, es ist Zeit!' Zehn Minuten später verließen Gaston und ich die Wohnung. Marguerite drückte mir zum Abschied die Hand. Prudence blieb bei ihr.
,Nun', fragte Gaston mich, als wir draußen waren, ,was sagen Sie zu Marguerite?'
,Sie ist ein Engel. Ich bin von Sinnen.' ,Ich ahnte das. Haben Sie es ihr gesagt?'
,Ja.'
,Und sie versprach, Ihnen zu glauben?' ,Nein.'
,So war es mit Prudence nicht.'
,Hat sie es Ihnen versprochen?'
,Mehr als das, mein Lieber! Man sollte es nicht glauben, aber
die üppige Duvernoy ist noch sehr munter.'«
     

XI
     
    Als Armand so weit erzählt hatte, hielt er inne. »Wollen Sie das Fenster schließen?« bat er mich. »Mir wird kühl. Inzwischen werde ich zu Bett gehen.« Ich schloß das Fenster. Armand war noch sehr schwach. Er legte den Hausrock ab und begab sich zu Bett. Für einige Augenblicke ließ er seinen Kopf auf dem Kissen ruhen, wie jemand, der sehr ermüdet ist durch einen weiten Weg oder tief bewegt von schönen Erinnerungen. »Sie haben vielleicht zuviel gesprochen«, sagte ich zu ihm. »Soll ich nicht lieber gehen und Sie schlafen

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