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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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lassen? Sie erzählen mir ein andermal weiter.« »Langweilt es Sie?« »Im Gegenteil!«
»Dann will ich fortfahren. Wenn Sie mich alleine lassen, kann ich doch nicht schlafen.«
»Als ich nach Hause kam«, fuhr er fort, ohne sich besinnen zu müssen, so genau waren ihm noch alle Einzelheiten in Erinnerung, »legte ich mich nicht schlafen. Ich dachte über die Abenteuer des Tages nach. Die Begegnung, wie ich ihr vorgestellt wurde, Marguerites Versprechen, alles war so rasch, so unverhofft geschehen, daß ich manchmal zu träumen glaubte. Indes war es ja nicht das erstemal, daß ein Mädchen wie Marguerite sich auf Bitten eines Mannes erst für den nächsten Tag versprach.
Der erste Eindruck, den meine zukünftige Geliebte auf mich gemacht hatte, war so stark, daß er alles beherrschte. Ich setzte mir in den Kopf, in ihr ein Mädchen zu finden, das mit den andern nicht zu vergleichen sei. Und mit der üblichen männlichen Eitelkeit war ich bereit zu glauben, sie müsse für mich dasselbe empfinden wie ich für sie. Indes hatte ich sehr widersprechende Beispiele vor Augen, und ich hatte oft sagen hören, Marguerites Liebe sei eine der Saison entsprechend mehr oder weniger teuere Ware. Wie war das aber auf der anderen Seite in Einklang zu bringen mit der ständigen Abweisung des jungen Grafen, den wir bei ihr gesehen hatten?
Sie werden mir antworten: er gefiel ihr nicht.
Sie wurde durch den Herzog glänzend ausgehalten, und wenn sie dann einen anderen Liebhaber nahm, so sollte er ihr wenigstens gefallen. Aber warum wollte sie nicht den reichen, charmanten und geistreichen Gaston? Wieso erhörte sie mich, der ich mich doch das erstemal so lächerlich benommen hatte?
Ja, es ist wahr, es gibt kleine Zufälle, die in einer Minute mehr bewirken, als sich in einem ganzen Jahr erreichen läßt. Von den anwesenden Abendgästen war ich der einzige, den ihr Verschwinden beunruhigte. Ich war ihr gefolgt, ich war voller Mitleid und konnte es nicht verbergen. Ich hatte geweint, als ich ihre Hand küßte. Diese Umstände und mein tägliches Fragen während der zwei Monate ihrer Krankheit zeigten mich als einen Mann, der anders war als alle, die sie bisher kannte. Und vielleicht sagte sie sich, sie könne für eine so außergewöhnliche Liebe das, was sie so oft gegeben hatte, auch mir geben, zumal ja keine weiteren Folgen damit für sie verknüpft seien. Alle diese Vermutungen hatten, wie Sie zugeben werden, sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich. Aber was auch der Grund für ihre Zustimmung sein mochte, eines war gewiß: sie hatte sie mir gegeben.
Ja, ich war verliebt in Marguerite, ich würde sie besitzen, mehr konnte ich nicht verlangen. Aber ich wiederhole: obgleich sie ein ausgehaltenes Mädchen war, hatte ich mich, vielleicht um die banale Wirklichkeit zu beschönigen, derart in eine hoffnungslose Liebe hineingesteigert, daß ich nicht an die Verwirklichung meiner Hoffnung glaubte, ja sogar an allem zweifelte. In dieser Nacht schloß ich kein Auge. Ich kannte mich selbst nicht mehr. Ich war halb von Sinnen. Bald fand ich mich nicht reich, schön, elegant genug, um diese Frau zu besitzen, bald war ich voll Eitelkeit bei dem Gedanken an diesen Besitz. Dann fürchtete ich, Marguerite hat für mich nur eine Laune, die nach einigen Tagen verflogen sein würde. Dann ahnte ich einen jähen Bruch voraus. Vielleicht wäre es besser gewesen, sagte ich mir, wenn ich am Abend nicht zu ihr ginge, wenn ich abreiste und ihr meine Befürchtungen schrieb. Dann wieder stürzten grenzenlose Hoffnungen, unsagbares Vertrauen auf mich ein. Ich machte unglaubliche Zukunftspläne und sagte mir: dieses Mädchen wird mir seine seelische und körperliche Heilung verdanken, wir werden das ganze Leben gemeinsam verbringen, sie wird mich glücklicher machen, als alle jungfräulichen Geschöpfe es je vermöchten.
Ich kann all die tausend Gedanken, die mich bewegten, nicht wiederholen. Allmählich beruhigten sie sich, und gegen Morgen schlief ich endlich ein.
Erst um zwei Uhr erwachte ich. Ich erinnerte mich nicht, daß mir das Leben je so schön und so erfüllt erschienen war. Die Erinnerung an den vergangenen Abend war ohne Schatten, und von der heiteren Aussicht auf den heutigen beglückt, zog ich mich hastig an. Ich war zufrieden und zu den besten Taten fähig. Mein Herz schlug vor Freude und Liebe heftig in meiner Brust. Ein leichtes Fieber hatte mich gepackt. Ich dachte nicht mehr an all das, was mich vor dem Einschlafen beschäftigt hatte. Ich sah nur

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