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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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das Ergebnis, dachte nur an die Stunde, in der ich Marguerite wiedersehen würde. Es war mir unmöglich, zu Hause zu bleiben. Mein Zimmer schien mir zu klein für mein großes Glück. Ich brauchte die ganze Natur, um mich verströmen zu können. Deshalb ging ich aus.
Ich spazierte durch die Rue d'Antin. Marguerites Wagen stand vor der Tür. Ich lief weiter in Richtung der Champs-Elysées. Ich liebte alle Menschen, die mir begegneten, ohne sie zu kennen. Wie gut man durch die Liebe wird! Eine Stunde lang wanderte ich zwischen den Pferden von Marly zum Rond-Point auf und ab. Da sah ich von ferne Marguerites Wagen. Ich sah ihn nicht, ich ahnte ihn. Als sie um die Ecke der Champs-Elysées biegen wollte, ließ sie halten. Ein großer, junger Mann löste sich aus einer Gruppe und trat an ihren Wagen, um mit ihr zu plaudern. Sie sprachen kurze Zeit miteinander. Der junge Mann kehrte zu seinen Freunden zurück, und die Pferde setzten sich wieder in Bewegung. Ich hatte mich der Gruppe genähert und erkannte in dem, der mit Marguerite gesprochen hatte, den Grafen von G... Ich hatte sein Bild in ihrer Wohnung gesehen, und Prudence hat mir gesagt, daß Marguerite ihm ihr jetziges Leben verdanke.
Ihm hatte sie am Abend ihre Türe verschlossen. Ich vermutete, daß sie gehalten hatte, um ihm eine Erklärung dafür zu geben, und gleichzeitig hoffte ich, sie habe eine neue Ausrede gefunden, um ihn auch in der folgenden Nacht nicht zu empfangen.
Ich weiß nicht mehr, wie der Tag zu Ende ging. Ich ging, ich rauchte, ich unterhielt mich, aber was ich sprach, wem ich begegnete, daran erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß nur noch, daß ich schließlich nach Hause ging, drei Stunden Toilette machte, hundertmal auf meine beiden Uhren sah, die aber leider beide gleich langsam gingen. Als es halb elf schlug, hielt ich es an der Zeit, zu gehen. Ich wohnte damals in der Rue de Provence. Ich ging durch die Rue de Mont-Blanc, überquerte den Boulevard, durchschritt die Rue Louis-le-Grand, die Rue de Port-Mahon. Dann war ich in der Rue d'Antin. Ich blickte zum Fenster von Marguerite empor. Es brannte Licht. Ich läutete.
Ich fragte den Portier, ob Fräulein Gautier zu Hause sei. Er antwortete mir, sie komme niemals vor elf oder viertel nach elf nach Hause. Ich sah auf meine Uhr.
Ich hatte geglaubt, langsam zu gehen, aber ich hatte nur fünf Minuten von der Rue de Provence bis zu Marguerite gebraucht. Also wanderte ich in der Straße auf und ab, die keine Läden hat und zu dieser Stunde menschenleer war. Eine halbe Stunde später kam Marguerite. Sie entstieg ihrem Wagen und blickte sich um, als suche sie jemanden. Der Wagen fuhr im Schritt fort. Die Ställe und die Remise waren nicht im Hause. Als Marguerite läuten wollte, trat ich neben sie. ,Guten Abend.'
,Ach, Sie sind es', sagte sie, offenbar wenig erfreut, mich hier zu sehen.
,Haben Sie mir nicht erlaubt, Sie heute zu besuchen?' ,Doch, aber ich habe es vergessen.'
Das letzte Wort stieß alle meine Überlegungen des frühen Morgens, alle meine Hoffnungen des Tages um. Aber ich begann mich an ihre Art zu gewöhnen und ging nicht fort, was ich früher zweifellos getan hätte. Wir traten ein. Nanine hatte uns die Wohnungstür geöffnet. ,Ist Prudence zurück?' fragte Marguerite. ,Nein, gnädige Frau.'
,Geh und sage, sie soll bei ihrer Rückkehr sofort zu mir kommen. Vorher mache die Lampe im Salon aus, und wenn jemand läutet, dann sage, ich sei noch nicht zurück und würde auch nicht zurückkommen.'
Irgend etwas beschäftigte diese Frau sehr, vielleicht wurde sie auch von einem Zudringlichen belästigt. Ich wußte nicht, was ich tun und sagen sollte. Marguerite ging in ihr Schlafzimmer. Ich blieb, wo ich war. ,Kommen Sie', rief sie.
Sie legte Hut und Samtmantel ab und warf beides aufs Bett. Dann sank sie in einen großen Sessel vor dem Feuer, das bis in den Sommer hinein brannte. Sie spielte mit ihrer Uhrkette und fragte mich:
,Nun, was können Sie mir Neues erzählen?' ,Nichts, oder nur, daß es falsch von mir war, heute abend zu kommen.' ,Warum?'
,Weil Sie scheinbar Ihre Meinung änderten und ich Sie langweile.'
,Sie langweilen mich nicht. Ich bin nur krank. Ich war den ganzen Tag nicht wohl. Ich habe nicht geschlafen und eine heftige Migräne.'
,Soll ich mich zurückziehen, damit Sie zu Bett gehen können?' ,Oh, bleiben Sie nur. Wenn ich zu Bett gehen will, dann tue ich das auch in Ihrer Gegenwart.' In diesem Augenblick läutete es. ,Wer kommt da noch?' fragt sie ungeduldig. Kurz darauf

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