Die Kammer
schulterfreien schwarzen Kleid. Phelps war modisch mit einer schwarzen Krawatte geschmückt. Sie schienen ein überaus glückliches Paar zu sein.
Die Story war Todd Marks' neueste Ausbeute in Sachen Cayhall. Die Serie wurde mit jedem Bericht reißerischer. Sie fing freundlich genug an, mit einer Wochen-Zusammenfassung der Ereignisse im Umkreis der bevorstehenden Hinrichtung. Die gleichen Namen wurden genannt - McAllister, Roxburgh, Lucas Mann und Naifeh und ihr stereotypes›Kein Kommentare Dann wurde der Artikel rasch niederträchtig, mit der unverfrorenen Bloßstellung von Lee Cayhall Booth, einem prominenten Mitglied der Gesellschaft von Memphis, der Frau des bedeutenden Bankiers Phelps Booth aus der berühmten und reichen Familie Booth, einer engagierten Sozialarbeiterin, Tante von Adam Hall und, man glaube es oder nicht, Tochter des berüchtigten Sam Cayhall.
Der Artikel war geschrieben, als hätte Lee selbst ein entsetzliches Verbrechen begangen. Er zitierte angebliche Freunde, ohne Namensnennung natürlich, die schockiert waren, als sie von ihrer wahren Identität erfuhren. Er berichtete über die Familie Booth und ihr Geld und sinnierte darüber, wie ein Aristokrat wie Phelps sich dazu hatte herablassen können, sich ehelich mit einer Sippe wie den Cayhalls zu verbinden. Er erwähnte ihren Sohn Walt und zitierte wieder ungenannte Quellen, die Vermutungen anstellten über seine Weigerung, nach Memphis zurückzukehren. Walt hatte nie geheiratet, wurde atemlos berichtet, und lebte in Amsterdam.
Und dann, und das war das Schlimmste, zitierte er eine weitere ungenannte Quelle und erzählte die Geschichte von einer Wohlfahrtsveranstaltung vor nicht allzu vielen Jahren, an der sowohl Lee als auch Phelps teilgenommen und bei der sie mit Ruth Kramer an einem Tisch gesessen hatten. Die Quelle war bei dem Essen gleichfalls zugegen gewesen und erinnerte sich ganz genau, wo alle gesessen hatten. Die Quelle war eine Freundin von Ruth und eine Bekannte von Lee, und sie war einfach fassungslos gewesen, als sie erfuhr, daß Lee einen solchen Vater hatte.
Ein kleineres Foto von Ruth Kramer begleitete die Story. Sie war eine gutaussehende Frau von Anfang Fünfzig.
Nach der sensationellen Bloßstellung von Lee lieferte der Bericht eine Zusammenfassung der mündlichen Verhandlung in New Orleans und der jüngsten Schachzüge der Verteidigung im Fall Cayhall.
Aufs Ganze gesehen war es eine schmierige Geschichte, deren einziger Verdienst es war, daß sie die tägliche Mordliste auf die zweite Seite verdrängte.
Adam warf die Zeitung auf den Fußboden und trank Kaffee. Sie war an diesem warmen Sonntagmorgen aufgewacht, zum erstenmal seit Tagen sauber und nüchtern, wahrscheinlich auch in wesentlich besserer Verfassung, und hatte es sich mit einer frischen Tasse Kaffee und der Zeitung auf der Couch bequem, gemacht. Minuten später war sie ins Gesicht geschlagen und in den Bauch getreten worden, und jetzt war sie wieder verschwunden. Wohin ging sie in solchen Zeiten? Was war ihre Zuflucht? Bestimmt hielt sie sich von Phelps fern. Vielleicht hatte sie irgendwo einen Freund, der sie bei sich aufnahm und ihr Trost spendete, aber das kam ihm unwahrscheinlich vor. Er betete, daß sie nicht ziellos durch die Straßen fuhr, mit einer Flasche in der Hand.
Zweifellos herrschte an diesem Morgen helle Aufregung in den Häusern der Familie Booth. Ihr schmutziges kleines Geheimnis war gelüftet, in der Zeitung ausgebreitet, so daß alle Welt es lesen konnte. Wie würden sie mit der Demütigung fertigwerden? Man stelle sich vor, ein Booth heiratet eine solche Person und zeugt mit ihr ein Kind, und jetzt wußten es alle. Durchaus möglich, daß sich die Familie nie wieder davon erholte. Madame Booth war fraglos tief betroffen und jetzt vermutlich bettlägerig.
Gut für sie, dachte Adam. Er duschte und zog sich um, dann öffnete er das Verdeck des Saab. Er rechnete nicht damit, Lees kastanienbraunen Jaguar auf den leeren Straßen von Memphis zu entdecken, aber er fuhr trotzdem los. Er fing an der Front Street in der Nähe des Flusses an und kreuzte, während Springsteen aus den Lautsprechern dröhnte, ziellos in Richtung Osten, vorbei an den Krankenhäusern in der Union Street und den stattlichen Wohnhäusern in der Innenstadt und zurück zu den Sozialsiedlungen in der Nähe von Auburn House. Natürlich fand er sie nicht, aber die Fahrt war erholsam. Gegen Mittag war der Verkehr wesentlich dichter geworden, und Adam fuhr in sein Büro.
Sams
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