Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
jedenfalls in der Nähe«, fuhr der Reverend fort.
    »Möchten Sie, daß ich morgen wiederkomme?«
    »Das wäre nett. Lassen Sie mir etwas Zeit zum Nachdenken, okay?«
    »Natürlich. Sie kennen die Vorschriften hier, nicht wahr? In Ihren letzten Stunden dürfen nur zwei Leute zugegen sein. Ihr Anwalt und Ihr geistlicher Berater. Es wird mir eine Ehre sein, Ihnen Gesellschaft leisten zu dürfen.«
    »Danke. Und könnten Sie die Zeit finden, mit Randy Dupree zu reden? Der arme Junge dreht durch, und er braucht unbedingt Hilfe.«
    »Ich werde es morgen tun.«
    »Danke.«
    Adam sah sich allein einen ausgeliehenen Film an, mit dem Telefon in Griffweite. Lee hatte nichts von sich hören lassen. Um zehn hatte er zwei Anrufe an die Westküste getätigt. Der erste galt seiner Mutter in Portland. Sie war ein wenig deprimiert, aber froh, von ihm zu hören, sagte sie. Sie erkundigte sich nicht nach Sam, und Adam erwähnte ihn nicht von sich aus. Er erzählte ihr, daß er hart arbeitete, daß er optimistisch sei und daß er vermutlich in ein paar Wochen nach Chicago zurückkehren würde. Sie hatte ein paar Artikel in den Zeitungen gelesen, und sie dachte an ihn. Lee geht es gut, sagte Adam.
    Der zweite Anruf galt seiner jüngeren Schwester Carmen in Berkeley. Am Apparat in ihrer Wohnung meldete sich eine Männerstimme. Kevin Soundso, wenn Adam sich recht erinnerte, ihr ständiger Begleiter seit nunmehr etlichen Jahren. Kurz darauf kam Carmen an den Apparat und schien begierig, zu hören, was in Mississippi vorging. Auch sie hatte die Nachrichten genau verfolgt, und Adam machte auch ihr gegenüber in Optimismus. Sie machte sich Sorgen um ihn da unten inmitten all dieser gräßlichen Ku-Klux-Klan- Leute und Rassisten. Adam versicherte ihr, daß ihm keinerlei Gefahr drohe und alles ganz friedlich wäre. Die Leute wären erstaunlich höflich und zurückhaltend. Er wohnte bei Lee, und sie machten das Beste daraus. Zu Adams Überraschung erkundigte sie sich nach Sam - wie er war, wie er aussah, seine Einstellung, seine Bereitschaft, über Eddie zu sprechen. Sie fragte, ob sie herunterfliegen und Sam vor dem 8. August besuchen sollte, eine Idee, auf die Adam bisher nicht gekommen war. Er sagte, er würde darüber nachdenken und Sam fragen.
    Er schlief bei eingeschaltetem Fernseher auf der Couch ein.
    Um halb vier am Montagmorgen weckte ihn das Telefon. Eine unbekannte Stimme, die sich aber bald als die von Phelps Booth herausstellte. »Sie müssen Adam sein«, sagte er.
    Adam setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Ja, der bin ich.«
    »Haben Sie Lee gesehen?« fragte Phelps, weder ruhig noch aufgeregt.
    Adam warf einen Blick auf die Uhr über dem Fernseher. »Nein. Was ist passiert?«
    »Sie hat Ärger. Die Polizei hat mich vor ungefähr einer Stunde angerufen. Sie haben sie gestern abend gegen zwanzig nach acht betrunken aufgegriffen und ins Gefängnis gebracht.«
    »Oh, nein«, sagte Adam.
    »Das ist nicht das erstemal. Sie wurde festgenommen, verweigerte natürlich die Blutprobe und wurde für fünf Stunden in eine Ausnüchterungszelle gesteckt. Auf dem Papierkram hat sie meinen Namen angegeben, deshalb hat die Polizei mich angerufen. Ich bin sofort hingefahren, aber sie hatte bereits Kaution geleistet und das Gefängnis verlassen. Ich dachte, sie hätte vielleicht bei Ihnen angerufen.«
    »Nein. Sie war nicht hier, als ich gestern morgen aufwachte, und das ist jetzt das erste, was ich von ihr höre. Wen könnte sie sonst noch angerufen haben?«
    »Keine Ahnung. Es widerstrebt mir ziemlich, bei ihren Bekannten herumzutelefonieren und alle aufzuwecken. Vielleicht sollten wir einfach abwarten.«
    Adam war ganz und gar nicht behaglich dabei zumute, daß er plötzlich in einer solchen Sache mitentscheiden sollte. Diese Leute waren schließlich seit dreißig Jahren verheiratet, wenn auch mehr schlecht als recht, und sie hatten diese Art von Zwischenfällen offensichtlich schon früher durchgemacht. Woher sollte er wissen, was zu tun war? »Sie hat das Gefängnis nicht in ihrem Wagen verlassen, oder?« fragte er zaghaft, obwohl er die Antwort schon kannte.
    »Natürlich nicht. Jemand hat sie abgeholt. Was ein weiteres Problem aufwirft. Wir müssen ihren Wagen holen. Er steht auf dem Parkplatz neben dem Gefängnis. Ich habe bereits die Abschleppgebühren bezahlt.«
    »Haben Sie einen Schlüssel?«
    »Ja. Können Sie mir helfen, ihn zu holen?«
    Adam erinnerte sich plötzlich an den Zeitungsartikel mit dem lächelnden Foto von Phelps und

Weitere Kostenlose Bücher