Die Kammer
Kofferraum, machte ihn zu und befahl Sam, nach Greenville zu fahren.
Gegen vier Uhr fuhren sie zum erstenmal an Kramers Kanzlei vorbei. Die Straße war dunkel und menschenleer, und Rollie sagte etwas in dem Sinne, daß dies sein bisher einfachster Job sein würde.
»Ein Jammer, daß wir nicht sein Haus in die Luft jagen können«, meinte er leise, als sie am Haus der Kramers vorbeifuhren.
»Ja, ein Jammer«, sagte Sam nervös. »Aber du weißt doch, er hat einen Wachmann.«
»Ja, ich weiß. Aber der Wachmann wäre kein Problem.«
»Ja, kann sein. Aber da drin sind Kinder.«
»Man muß sie umbringen, solange sie noch jung sind«, sagte Rollie. »Aus kleinen Judenjungen werden große Judenschweine.«
Cayhall parkte den Wagen in einer Gasse hinter Kramers Büro. Er schaltete den Motor aus, und die beiden Männer öffneten leise den Kofferraum, holten den Karton und den Beutel heraus und schlichen an einer Hecke entlang zur Hintertür.
Sam Cayhall brach mit einem Stemmeisen die Hintertür des Büros auf, und binnen Sekunden waren sie drinnen. Zwei Wochen zuvor hatte Sam vorgegeben, er hätte sich verlaufen, und die Empfangsdame nach dem Weg gefragt, dann hatte er darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. Auf dem Hauptflur, auf halbem Wege zwischen der Toilette und dem, was offenbar Kramers Büro war, stand ein schmaler, mit Stapeln von alten Akten und anderem juristischen Abfall gefüllter Schrank.
»Bleib an der Tür und beobachte die Gasse«, flüsterte Rollie gelassen, und Sam hielt sich nur allzu gern an diese Aufforderung. Ihm war es lieber, einfach nur Wache zu schieben, statt selber mit dem Sprengstoff herumzuhantieren.
Rollie stellte rasch den Karton auf den Boden des Schrankes und verdrahtete das Dynamit. Es war ein riskantes Unternehmen, und Sams Herz raste, während er wartete. Er wendete dem Sprengstoff immer den Rücken zu, für den Fall, daß etwas passierte.
Sie hielten sich keine fünf Minuten in dem Büro auf. Dann waren sie wieder in der Gasse und schlenderten in aller Ruhe zu dem grünen Pontiac. Es war alles so einfach.
Sie hatten das Büro eines Grundstücksmaklers in Jackson in die Luft gesprengt, weil der Mann ein Haus an ein schwarzes Ehepaar verkauft hatte. Es war ein jüdischer Makler gewesen. Sie hatten eine kleine Zeitungsredaktion gesprengt, weil der Herausgeber sich neutral über die Rassentrennung geäußert hatte. Sie hatten eine Synagoge in Jackson zerstört, die größte im ganzen Staat.
Im Dunkeln fuhren sie durch die Gasse, und als der grüne Pontiac eine Nebenstraße erreicht hatte, schaltete Sam die Scheinwerfer ein.
Bei sämtlichen früheren Anschlägen hatte Wedge eine Fünfzehn-Minuten-Zündschnur benutzt, eine, die einfach mit einem Streichholz angezündet wurde, ähnlich wie ein Feuerwerkskörper. Und ein Teil der Übung war gewesen, daß die beiden Attentäter mit heruntergekurbelten Fenstern irgendwo am Ortsrand herumfuhren, wenn die Sprengladung hochging. Sie hatten jede der früheren Explosionen gehört und gespürt, in angemessener Entfernung, während sie sich in aller Seelenruhe in Sicherheit brachten.
Aber in dieser Nacht würde es anders sein. Sam bog irgendwo falsch ab, und plötzlich standen sie an einem Bahnübergang mit blinkenden Warnlichtern, während vor ihnen ein Güterzug vorbeirumpelte. Ein ziemlich langer Güterzug. Sam sah mehr als einmal auf die Uhr. Rollie sagte nichts. Der Zug war vorbei, und Sam bog abermals falsch ab. Sie waren in der Nähe des Flusses, mit einer Brücke in einiger Entfernung, und die Straße war mit heruntergekommenen Häusern gesäumt. Sam schaute einmal mehr auf die Uhr. In weniger als fünf Minuten würde die Erde erbeben, und er zog es vor, in der Dunkelheit eines einsamen Highways zu verschwinden, wenn es passierte. Rollie zappelte einmal, als wäre er verärgert über seinen Fahrer, sagte aber nichts.
Und wieder um die Ecke in die nächste Straße. Greenville war keine sonderlich große Stadt, und Sam dachte, wenn er auch weiterhin immer neue Abzweigungen nahm, würde er schon irgendwann wieder in eine vertraute Gegend kommen. Die nächste Kehre aber erwies sich als die letzte. Sam stieg auf die Bremse, sobald ihm bewußt wurde, daß er in der falschen Richtung in eine Einbahnstraße abgebogen war, und als er auf die Bremse trat, setzte der Motor aus. Er riß den Schalthebel auf Parken und drehte den Zündschlüssel. Der Anlasser lief einwandfrei, aber der Motor wollte einfach nicht starten. Dann
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