Die Kammer
um und bedeutete ihm abermals, er solle überholen. Sein Mund bewegte sich, und seine Miene war ärgerlich, als wäre dies sein Highway und als paßte es ihm überhaupt nicht, daß irgendwelche Idioten seinem Traktor folgten. Adam lächelte und winkte wieder, blieb aber hinter ihm.
Minuten später sah er das Gefängnis. Es gab keine hohen Maschendrahtzäune entlang der Straße, keine blinkenden, elektrisch geladenen Drähte, die ein Entkommen unmöglich machten, keine Wachtürme mit bewaffneten Posten. Und es gab keine Horden von Gefangenen, die Passanten anbrüllten. Statt dessen sah er zur Rechten ein Tor mit einem Bogen darüber, auf dem die Worte MISSISSIPPI STATE PENITENTIARY standen. In der Nähe des Tors gab es mehrere Gebäude, alle mit der Front zum Highway und allem Anschein nach unbewacht.
Adam winkte noch einmal dem Traktorfahrer zu, dann bog er vom Highway ab. Er holte tief Luft und betrachtete das Tor. Eine Frau in Uniform trat aus einem Wachhaus unterhalb des Bogens und musterte ihn. Adam fuhr langsam auf sie zu und kurbelte sein Fenster herunter.
»Morgen«, sagte sie. Sie hatte eine Waffe an der Hüfte und ein Clipboard in der Hand. Ein weiterer Wachmann beobachtete ihn von drinnen. »Was können wir für Sie tun?«
»Ich bin Anwalt und komme, um einen Mandanten im Todestrakt zu besuchen«, sagte Adam schwächlich; er wußte, daß seine Stimme nervös und schrill klang. Ganz ruhig, befahl er sich.
»Wir haben niemanden im Todestrakt, Sir.«
»Wie bitte?«
»So etwas wie einen Todestrakt gibt es hier nicht. Wir haben einen Haufen von ihnen im Hochsicherhe itstrakt, abgekürzt HST. Sie können sich auf dem ganzen Gelände umsehen, aber so etwas wie einen Todestrakt werden Sie hier nicht finden.«
»Okay.«
»Name?« sagte sie, ihr Clipboard betrachtend.
»Adam Hall.«
»Und Ihr Mandant?«
»Sam Cayhall.« Halb und halb rechnete er mit einer Reaktion, aber der Frau war es völlig gleichgültig. Sie schlug eine Seite um und sagte: »Warten Sie hier.«
Hinter dem Tor lag ein Fahrweg mit schattenspendenden Bäumen und kleinen Häusern an beiden Seiten. Das war kein Gefängnis - das war eine hübsche kleine Straße in einem kleinen Ort, in dem jeden Augenblick eine Horde Kinder auf Fahrrädern und Rollschuhen auftauchen konnte. Rechts stand ein merkwürdiger Bau mit einer Vorderveranda und Blumenbeeten. Ein Schild besagte, daß dies das Besucherzentrum war, als würden dort Souvenirs und Limonade an ungeduldige Touristen verkauft. Ein weißer Pickup mit drei jungen Schwarzen darin und der Aufschrift MISSISSIPPI DEPARTMENT OF CORRECTIONS auf der Tür fuhr vorbei, ohne seine Fahrt zu verlangsamen.
Adam erhaschte einen Blick auf die Frau, die hinter seinem Wagen stand. Sie schrieb etwas auf ihr Clipboard, dann trat sie an sein Fenster. »Von wo in Illinois?« fragte sie.
»Chicago.«
»Haben Sie irgendwelche Kameras, Waffen oder Bandgeräte?«
»Nein.«
Sie streckte die Hand herein und legte eine Karte auf sein Armaturenbrett. Dann wendete sie sich wieder ihrem Clipboard zu und sagte: »Ich habe hier eine Notiz, daß Sie Lucas Mann aufsuchen sollen.«
»Wer ist das?«
»Er ist der Gefängnisanwalt.«
»Ich weiß nichts davon, daß ich ihn aufsuchen soll.«
Sie hielt ein Blatt Papier in einem Meter Entfernung vor sein Gesicht. »Steht hier. Biegen Sie hinter dem dritten Haus links ab, dann fahren Sie zur Rückseite des roten Backsteingebäudes dort.« Sie zeigte mit dem Finger darauf.
»Was will er von mir?«
Sie schnaubte und zuckte gleichzeitig die Achseln und kehrte kopfschüttelnd in den Wachraum zurück. Blöde Anwälte.
Adam gab behutsam Gas und fuhr am Besucherzentrum vorbei den schattigen Weg entlang. Beiderseits davon standen hübsche weiße Fachwerkhäuser, in denen, wie er später erfuhr, Wärter und andere Angestellte mit ihren Familien wohnten. Er folgte ihren Anweisungen und hielt vor einem älteren Backsteingebäude an. Zwei Häftlinge in blauen Hosen mit weißen Seitenstreifen fegten die Vordertreppe. Adam vermied Blickkontakt und ging ins Haus.
Er fand ohne viel Mühe das ungekennzeichnete Büro von Lucas Mann. Eine Sekretärin lächelte ihn an und öffnete eine weitere Tür zu einem großen Büro, in dem Mr. Mann hinter seinem Schreibtisch stand und ins Telefon sprach.
»Setzen Sie sich«, flüsterte die Sekretärin, dann machte sie die Tür hinter sich zu. Mann lächelte und winkte verlegen, während er in den Apparat lauschte. Adam legte seinen Aktenkoffer auf
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