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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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einen Stuhl und stellte sich dahinter. Das Büro war groß und sauber. Zwei lange Fenster gingen auf den Highway hinaus und sorgten für reichlich Licht. An der linken Wand hing ein großes, gerahmtes Foto mit einem vertrauten Gesicht, ein gutaussehender junger Mann mit einem ernsten Lächeln und einem kraftvollen Kinn. Es war David McAllister, Gouverneur des Staates Mississippi. Adam vermutete, daß solche Fotos in jedem staatlichen Büro hingen und außerdem in sämtlichen Fluren, Schränken und Toiletten, die zur Domäne des Staates gehörten.
    Lucas Mann zog das Telefonkabel lang und trat an eines der Fenster, wobei er Adam und seinem Schreibtisch den Rücken zuwandte. Er sah ganz und gar nicht aus wie ein Anwalt. Er war Mitte Fünfzig und hatte langes dunkelgraues Haar, säuberlich ins Genick gekämmt. Seine Kleidung war die modischste Studentenkluft - ein brettsteif gestärktes khakifarbenes Arbeitshemd mit zwei Taschen und einer mehrfarbigen Krawatte, noch gebunden, aber lose hängend; der oberste Knopf stand offen und ließ ein graues T-Shirt sehen; braune Drillichhose, gleichfalls gestärkt, mit einem perfekten ZweiZentimeter-Aufschlag, der gerade noch einen Blick auf weiße Socken freigab; auf Hochglanz polierte Slipper. Es war offensichtlich, daß Mann wußte, wie man sich anzuziehen hatte, und ebenso offensichtlich war, daß er eine andere Art von Rechtspraxis vertrat. Wenn er in seinem linken Ohrläppchen einen kleinen Ring getragen hätte, wäre er der vollkommene alternde Hippie gewesen, der in seinen späteren Jahren in die Konformität abgleitet.
    Das Büro war mit gebrauchtem Regierungsmobiliar eingerichtet: einem etwas abgenutzten hölzernen Schreibtisch, auf dem makellose Ordnung herrschte; drei Metallstühlen mit Kunststoffsitzen; einer Reihe unterschiedlicher Aktenschränke an einer Wand. Adam stand hinter einem der Stühle und versuchte, sich zu beruhigen. Konnte es sein, daß alle zu Besuch kommenden Anwälte erst hier vorzusprechen hatten? Wohl kaum. In Parchman saßen fünftausend Gefangene. Garner Goodman hatte nichts von einem Besuch bei Lucas Mann erwähnt.
    Der Name kam ihm irgendwie bekannt vor. Irgendwo in seinen Kartons mit Gerichtsakten und Zeitungsausschnitten war ihm der Name Lucas Mann schon einmal begegnet, und er versuchte verzweifelt, sich zu erinnern, ob er zu den Guten oder zu den Bösen gehörte. Worin genau bestand seine Rolle bei der juristischen Vertretung von zum Tode Verurteilten? Adam wußte definitiv, daß der eigentliche Feind der Justizminister des Staates war, aber es gelang ihm nicht, Lucas in das Szenarium einzuordnen.
    Mann legte plötzlich den Hörer auf und streckte Adam die Hand entgegen. »Nett, Sie kennenzulernen, Mr. Hall. Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte er leise mit einer angenehmen Stimme und deutete auf einen Stuhl. »Danke, daß Sie hereingeschaut haben.«
    Adam setzte sich. »Gern geschehen. Ich freue mich gleichfalls, Sie kennenzulernen«, erwiderte er nervös. »Was liegt an?«
    »Verschiedenes. Erstens wollte ich Ihnen einfach guten Tag sagen. Ich arbeite hier seit zwölf Jahren als Anwalt. Ich bin mit den meisten Zivilprozessen vertraut, die hier angestrengt werden. Sie wissen schon, alle möglichen verrückten Klagen von selten unserer Gäste - Gefangenenrechte, Forderungen auf Schadenersatz, Dinge dieser Art. Wie es aussieht, werden wir tagtäglich verklagt. Von Amts wegen spiele ich außerdem eine kleine Rolle in den Fällen der zum Tode Verurteilten, und soweit mir bekannt ist, sind Sie hier, um Sam zu besuchen.«
    »So ist es.«
    »Hat er Sie engagiert?«
    »Nicht direkt.«
    »Das dachte ich mir. Und das stellt uns vor ein kleines Problem. Sehen Sie, es steht Ihnen nicht zu, einen Gefangenen zu sehen, sofern Sie ihn nicht tatsächlich vertreten, und ich weiß, daß Sam sich von Kravitz & Bane getrennt hat.«
    »Also kann ich ihn nicht sehen?« fragte Adam, fast ein wenig erleichtert.
    »Von Rechts wegen eigentlich nicht. Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit Garner Goodman. Er und ich kennen uns schon seit ein paar Jahren, seit der Hinrichtung von Maynard Töle. Sind Sie mit dem Fall vertraut?«
    »Vage.«
    »Neunzehnhundertsechsundachtzig. Es war meine zweite Hinrichtung«, sagte er, als hätte er persönlich den Hebel umgelegt. Er saß auf der Kante seines Schreibtisches und blickte auf Adam herab. Die Stärke in seiner Drillichhose knisterte leise. Sein rechtes Bein baumelte vom Schreibtisch herunter. »Ich habe vier hinter mir. Sam

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