Die Kampagne
erledigt. Da sollte man doch meinen, ich würde mich nicht mehr wie ein liebeskranker Teenager aufführen.
Kure Zeit später betraten sie einen kleinen Pub nördlich der Liffey, dem viel ärmeren und weitaus weniger glamourösen Teil von Dublin. Doch beiden gefiel es hier.
Wie Anna einmal gesagt hatte: »An einer Stadt, die Swift, Stoker, Shaw, Yeats, Wilde, Beckett, Heaney und Joyce hervorgebracht hat, muss man einfach alles lieben.«
Shaw hatte gut gelaunt erwidert: »Ich stehe mehr auf Roddy Doyle.«
Anna hatte gekichert und erklärt: »Und ich auf Maeve Binchy.«
Nachdem sie sich einen Tisch im Pub gesucht hatten, bestellte Shaw. »Was ist das denn?«, fragt Anna, als das Essen gebracht wurde.
»Barm Brack. Eine Art Früchtekuchen.«
»Früchtekuchen? Benutzt man die hier nicht als Türstopper oder um Leute zu vergiften?«
Shaw schnitt ihr ein Stück ab. »Probier einfach mal. Du bist doch sonst so abenteuerlustig.«
Anna stach mit der Gabel in den Kuchen und traf auf Metall. Sie stocherte weiter und riss die Augen auf, als sie im Kuchen den Ring entdeckte.
Shaw sagte: »In den Legenden heißt es, dass jeder, der im Barm Brack einen Ring findet, bald heiratet.«
Jetzt gab es kein Zurück mehr; das wusste er. Die nächsten Augenblicken würden über den Rest seines Lebens entscheiden. Er schwitzte so stark, dass seine Kleidung klamm wurde. Schließlich atmete er tief durch, ließ sich vom Stuhl gleiten und kniete sich auf den alten Parkettboden, den Generationen von Säufern glatt geschliffen hatten - nun auch von mindestens einem Mann, der einen Heiratsantrag stellte. Shaw nahm Annas zitternde Hand, steckte ihr den Ring auf den Finger und fragte: »Anna Fischer, willst du mich heiraten?«
Kapitel 13
D as Prasseln des Regens weckte ihn. Als er versuchte, wieder einzuschlafen, hielt das Vibrieren neben seinem Kopf ihn davon ab und entlockte ihm ein leises Stöhnen.
Shaw schnappte sich das Handy und las die Nachricht, die er gerade bekommen hatte.
Frank.
Im Bett neben ihm lag Anna. Sie hatten ihre Verlobung angemessen vollzogen und dann eine Flasche Dom Perignon verkonsumiert, wobei sie die Gläser gefährlich auf ihren Bäuchen balanciert hatten.
Anna schlief tief und fest weiter, als Shaw aufstand und ins Nebenzimmer ging. Dort wählte er eine Nummer - wohl wissend, dass sein Anruf sofort beantwortet werden würde.
»Und? Hast du deine Nummer im guten, alten Dublin abgezogen?«, fragte Frank fröhlich. Shaw sah ihn beinahe vor sich, wie er sich irgendwo, mehrere Zeitzonen entfernt, auf einem Stuhl lümmelte. Vermutlich hatte er noch dazu sein hochnäsiges Grinsen aufgesetzt, wie die Herrschaft es stets aufsetzte, wenn sie mit der Dienerschaft sprach.
»Was denn? Melden deine Jungs sich nicht regelmäßig bei dir? Nicht dass du es nötig hättest ...« Während er sprach, betrachtete Shaw die alte Narbe an seiner rechten Seite. »Und nebenbei bemerkt, hier haben wir jetzt drei Uhr nachts. Ist dir das schon mal in deinen Bumskopf gekommen?«
»Wir sind rund um die Uhr im Dienst, Shaw, sieben Tage die Woche. Du kennst die Regeln.«
»Deine Regeln.«
Shaw zog den Vorhang beiseite und starrte hinaus in den tristen Dauerregen.
»Wir brauchen dich, Shaw«, sagte Frank.
»Nein, tut ihr nicht. Außerdem brauchen auch Leute wie ich ein bisschen Erholung.«
»Deinem übellaunigen Tonfall entnehme ich, dass du nicht allein bist.«
Shaw war natürlich klar, dass Frank genau wusste, wo er war und in wessen Gesellschaft. Doch Franks Tonfall bewirkte, dass Shaw zurück ins Schlafzimmer ging, um nach Anna zu sehen. Sie schlummerte noch immer friedlich. Zum Glück hatte sie nicht bemerkt, dass Shaw gerade mit einem professionellen Psycho telefonierte.
Eines der langen, wohlgeformten Beine Annas lag auf dem Laken. Der Anblick rief in Shaw das heftige Verlangen wach, sie zu wecken und es noch einmal mit ihr zu treiben. Aber er hatte ja noch Frank am Telefon. Also kehrte er mürrisch ins andere Zimmer zurück, schaute wieder zum Fenster hinaus und suchte jeden Winkel der Straße nach Franks Typen ab. Sie waren irgendwo da unten. Sie waren immer irgendwo da unten.
»Shaw? Lebst du noch?«
»Ich habe dir doch gesagt, wo ich hinfahre. Warum lässt du mich trotzdem überwachen?«
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, wegen deinem verrückten Gelabere von wegen Ruhestand und so.«
»Das war kein verrücktes Gelabere. Ich habe die Schnauze voll, Frank. Mein letzter Einsatz war der letzte.«
Shaw konnte
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