Die Kampagne
Kilometer von dem Ort entfernt waren, an dem sie eigentlich hätten sterben sollen, verlangsamte Shaw das Tempo, ließ das Fenster herunter und atmete tief durch. Selbst für seine Verhältnisse war das knapp gewesen.
Zum ersten Mal bemerkte Katie den roten Fleck an seiner Schulter. »Sie sind angeschossen!«
Shaws Gedanken drehten sich jedoch nur um das, was gerade geschehen war. »Ist bloß ein Kratzer. Die Kugel ist nicht eingedrungen.«
»Wenn Sie mich gehen lassen«, sagte Katie, »verspreche ich Ihnen, niemandem etwas zu erzählen.«
»Sie schauen sich zu viele Spielfilme an.«
»Soll das heißen, Sie lassen mich gehen?«
»Sagen wir mal so: Ich will mit Sicherheit nicht die ganze Zeit mit Ihnen rumhängen.«
»Wer waren die Männer in Schwarz, die mit der Schießerei angefangen haben?«
»Sie können eine Mitfahrgelegenheit von mir bekommen, aber keine Zeugenaussage.«
Katie schaute ihn neugierig an. »Sie sind Drogendealer, nicht wahr?«
»Sie haben wohl schon jede Menge von denen getroffen, was?«
»Ja, habe ich tatsächlich.«
»Moment mal ...« Shaws Gesicht nahm einen grimmigen Ausdruck an, als er sie plötzlich erkannte. »Ich wäre im Balmoral beinahe über Sie gestolpert. Und Sie waren auch auf der Jacht. Sie sind mir gefolgt!« Er packte sie an der Schulter. »Warum? Wer hat Sie dazu angestiftet?«
Katie packte seine Hand. »Sie tun mir weh!«
Shaw drückte noch einmal zu, ließ dann aber los. »Was haben Sie da hinten gemacht?«
»Das war Zufall ...«
»Lügen Sie nicht! Dann werde ich böse!«
»Okay, okay ... Sie haben sich verdächtig benommen, da bin ich Ihnen gefolgt.«
»Warum? Sind Sie Cop?«
»Nein, Reporterin.«
»Reporterin? Sie recherchieren über Drogendealer in Schottland?«
»Nein, ich ...«
»Sagen Sie mir die Wahrheit, oder ich ändere vielleicht noch meine Meinung, ob ich Sie gehen lasse oder nicht.«
»Ich war in Schottland, um einen Nachruf auf Andrew MacDougal zu schreiben«, sprudelte es aus Katie hervor.
»Für welche Zeitung?«
»New York Tribune.«
Shaw hielt kurz inne. »Sie sind Katie James, nicht wahr?«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe den Nachruf auf MacDougal gelesen. Sie waren als Verfasserin angegeben. Aber MacDougal ist in Glasgow gestorben. Was machen Sie in Edinburgh?«
»Urlaub. Den bekommen auch Reporter hin und wieder.«
»Und es ist Teil Ihrer Urlaubsplanung, die Nase in Dinge zu stecken, die Sie nichts angehen?«
»Ganz bestimmt nicht!«
»Ich nehme an, Sie haben ziemlichen Mist gebaut, dass man Sie schon vor Ihrem siebzigsten Geburtstag zu den Todesanzeigen verbannt hat.«
»Fahren Sie zur Hölle!«
»Oh, da war ich schon. Es ist dort gar nicht mal so schlecht, wie die Leute glauben.«
Shaw sagte es in derart sachlichem Tonfall, dass selbst die erfahrene Journalistin ihn nur anstarren konnte, bevor sie fragte: »Was meinen Sie damit?«
»Wenn Sie diese Frage stellen müssen, würden Sie die Antwort ohnehin nicht verstehen.«
Katie glaubte genau zu wissen, was er meinte, doch sie sagte kein Wort. Schweigend fuhren sie weiter. 30 Minuten später hielt der Mini vor dem Balmoral.
Shaw drehte sich zu Katie um. »Okay, und jetzt machen Sie, dass Sie so schnell wie möglich aus der Stadt kommen.«
»Und was ist mit Ihnen? Die haben auf Sie geschossen.«
»Ich kann auf mich aufpassen.«
Katie ergriff seine Hand, als er aussteigen wollte. »Wie heißen Sie?«
»Ich habe Ihre Arbeit über Jahre hinweg verfolgt«, erwiderte er, »deshalb weiß ich, dass Sie nicht so dumm sind, mit einer Antwort zu rechnen.«
»Können Sie mir dann wenigstens sagen, was vorhin passiert ist?«
Shaw zögerte.
»Ich werde keine Story darüber schreiben, falls Sie das glauben«, versicherte Katie ihm rasch. »Dafür weiß ich zu wenig.«
»Wenn Sie die Story doch schreiben, werden Sie eine Menge harter Arbeit zunichtemachen. Sie würden den Bösen helfen.«
»Den Bösen zu helfen war nie mein Ding.«
Wieder zögerte Shaw und musterte Katie aufmerksam. »Es war ein Drogendeal. Wir wollen verhindern, dass Terroristen das Geld in die Finger bekommen. So, jetzt wissen Sie alles.«
»Die Guten schießen aber nicht wild drauflos.«
»Ich weiß«, gab Shaw zu. »Ich weiß aber nicht, warum sie überhaupt mit dem Schießen angefangen haben.«
Seine Offenheit ließ Katies Zweifel schwinden. Vorsichtig hakte sie nach: »Aber warum haben Ihre eigenen Leute auch auf Sie geschossen?«
»Genau das werde ich jetzt herausfinden.« Shaw schaute ihr in
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