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Die Kampagne

Titel: Die Kampagne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Vögel auf ihm herumkletterten.
    Anna ging in den St. James Park, vorbei an ausländischen Nannys und britischen Moms, die Kinderwagen vor sich her schoben und die milde Abendluft genossen. So schönes Wetter war nicht häufig auf der kleinen Insel in dem großem Meer, und so nutzten die Londoner jeden Sonnenstrahl, den sie bekommen konnten.
    Anna schlenderte weiter, vorbei an der King-Charles-Treppe. Dann blieb sie stehen, schaute hinüber zur Enteninsel auf dem See im St. James Park und setzte sich.
    War sie zu hart zu Shaw gewesen? Ein Teil von ihr sagte Ja, doch ein anderer hielt mit einem entschiedenen Nein! dagegen. Eine Ehe war eine lebenslange Verpflichtung, jedenfalls nach Annas Verständnis. Ja, sie hätte in dieser Frage schon früher Druck machen sollen, doch nachdem Shaw ihr einen Antrag gemacht hatte, war die Sache noch dringender geworden. Er musste sich darum kümmern. Wenn nicht ... Nun, dann wäre es vielleicht besser, wenn sie nicht länger zusammenblieben.
    Anna hatte im Laufe der Jahre schon andere Verehrer gehabt: kultivierte, gebildete Männer mit Macht, Einfluss und Reichtum. Doch sie musste sich eingestehen, dass keiner von ihnen so zarte Gefühle in ihr geweckt hatte wie Shaw. Aber würde er nach Wisbach zu ihren Eltern fahren?
    Anna stand auf, ging ein Stück weiter und setzte sich wieder auf eine Parkbank. Neben ihr lag eine Zeitung. Sie nahm sie. Auch den Guardian beschäftigte das böse Russland. Die Schlagzeile lautete: »Kehrt die Rote Gefahr zurück?«
    Irgendetwas, was im Text »ein Tisch voll Tragödien« genannt wurde, war bei ausgewählten Nachrichtenagenturen und Politikern eingegangen. Die schlechte Verpackung und die körnigen Fotos angeblich ermordeter Russen zusammen mit ihren tragischen Geschichten, in schlichte Worte gekleidet, entfalteten eine Wirkung, wie eine Hochglanzzeitung in Millionenauflage sie niemals hätte erreichen können. Anna legte die Stirn in Falten, als sie sich den Inhalt der Story ansah. Es wurde viel Altbekanntes wiedergekäut und dann darauf aufgebaut. Es war wie dieses alte Spiel, Stille Post, bei dem man jemandem etwas ins Ohr flüsterte, der es dann dem Nächsten zuflüsterte und so weiter, bis man schließlich staunend vernahm, dass zum Schluss etwas ganz anderes herauskam. Und doch war der Mord an Sergej Petrow, dem man das russische Wort für »Verräter« auf die Stirn gemalt hatte, ein nachdrücklicher Beweis für Gorschkows Schuld, zumindest in den Augen der westlichen Presse.
    Der russische Präsident hatte seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt, als überall im Land Massenproteste ausgebrochen waren. Es hatte den Anschein, als würde Russland förmlich implodieren. Anna hatte sogar Gerüchte von ihren alten Kollegen bei der UN gehört, Russlands Sitz im Sicherheitsrat könne auf dem Spiel stehen, wenn die Sache mit der »Roten Gefahr« sich nicht bald zu Gorschkows Gunsten aufklären würde. Was auch immer mit Konstantin und seiner Familie geschehen sein mochte - der Mann bekam jetzt seine Rache.
    Doch hatte irgendjemand sich die Mühe gemacht, das alles zu überprüfen? Im Unterschied zu anderen Leuten, die die gleichen Fragen stellten, hatte Anna Mittel und Wege, an Antworten zu kommen. Vielleicht würde sie das ein wenig von ihren persönlichen Problemen ablenken ...
    Sie beschloss, sich an die Arbeit zu machen.
    Anna ging in ihr Büro, das in einem 175 Jahre alten Reihenhaus am Ende einer ruhigen Sackgasse nahe Buckingham Gate untergebracht war. Die Gebäude zu beiden Seiten des Reihenhauses standen leer, sollten aber in ungefähr sechs Monaten renoviert werden. Umso mehr genoss Anna die Ruhe und den Frieden, ehe er von Presslufthämmern und Kreissägen zerstört werden würde. Der Geruch frischer Farbe hing in der Luft, denn das Haus hatte gerade eine Verschönerungskur hinter sich, einschließlich eines neuen Anstrichs der Fenster und Türen.
    Anna schloss die dicke Eingangstür auf, auf der eine goldene Plakette den Namen der Firma kundtat: The Phoenix Group Limited. Als Anna hier angefangen hatte, hatte man ihr gesagt, das Unternehmen würde von einem zurückgezogen lebenden, wohlhabenden Gentleman finanziert, der in den USA geboren worden war - in Arizona, um genau zu sein. Tatsächlich lebte er so zurückgezogen, dass niemand in der Phoenix Group auch nur seinen Namen kannte. Besucht hatte er sein Unternehmen auch noch nie. Doch von Zeit zu Zeit erhielten seine Mitarbeiter Mitteilungen, in denen der Boss sie ermutigte

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