Die Kampagne
etwas mit dem mythischen Vogel zu tun.«
»Dem, der niemals stirbt«, sagte Katie und errötete, als sie bemerkte, wie Shaw sie anschaute.
»Was das betrifft, hat der Name sich nicht gerade als passend erwiesen, nicht wahr?«, bemerkte er.
Rasch sagte Katie: »Aber es muss mehr hinter der Phoenix Group stecken, als bekannt ist. Wir müssen herausfinden, wer oder was genau das ist.«
»Nein, ich muss es herausfinden.«
»Ich dachte, wir würden zusammenarbeiten.«
»Da hast du falsch gedacht.«
»Ich will aber auch wissen, was genau mit Anna passiert ist.«
Shaw schüttelte den Kopf. »Was kannst du mir sonst noch sagen?«
»Warum sollte ich dir jetzt überhaupt noch etwas sagen?«
»Weil ich dich höflich darum gebeten habe.«
Erneut schaute Shaw ihr in die Augen, und Katie spürte, wie sie zu zittern begann.
»Na ja ...«, sagte sie nach kurzem Zögern. »Als ich gehen wollte, habe ich all das Forschungsmaterial auf ihrem Schreibtisch gesehen.«
»Das lag immer da rum. Das war ihr Job.«
»Nein, das meine ich nicht. Es drehte sich alles um ein einziges Thema: die Rote Gefahr.«
Shaw beugte sich vor. »Hast du sie danach gefragt? Hat sie für die Phoenix Group an dieser Sache gearbeitet?«
Katie schüttelte den Kopf. »Anna sagte, sie sei bloß neugierig. Es sei eine Art Freizeitprojekt.«
»Als wir in Dublin gewesen sind, war sie sehr an dieser Organisation interessiert, dem R.I.C. Sie hat online danach gesucht, aber nicht viel gefunden.«
»Offenbar war sie immer noch sehr neugierig, was das betraf.« Einen Moment lang schaute Katie nachdenklich drein. »Du glaubst nicht, dass ihr Arbeitgeber etwas damit zu tun hatte, oder? Dass Anna herauszufinden versucht hat, wer hinter der Kampagne steckt? Denn wenn sie im Auftrag der Phoenix Group daran gearbeitet hat ... Könnte das die Schießerei erklären?«
Shaw holte eine Visitenkarte aus seiner Tasche und schaute sie sich an. Edward Royce, MI5. Der Mann, mit dem er auf Franks Wunsch beim Thema Rote Gefahr zusammenarbeiten sollte. Royce war in London stationiert. Shaw glaubte keine Sekunde daran, dass die Phoenix Group die Rote Gefahr untersucht hatte und dass dies der Grund für das Massaker war. Doch Royce hatte wahrscheinlich die notwendigen Beziehungen, um Shaw in das Gebäude zu bekommen, wenn er ihm versprach, ihm bei der Roten Gefahr zu helfen.
»Anna hätte es mir gesagt, wenn sie für Phoenix an der Sache gearbeitet hätte«, erklärte Shaw.
Katie leckte sich die Lippen und sagte nervös: »Bitte, versteh mich nicht falsch, wenn ich das jetzt sage ...«
Shaw hob den Blick. »Was?«
»Könnte Anna dir etwas verheimlicht haben? In Bezug auf das, was sie wirklich gemacht hat?« Shaws Gesicht verdüsterte sich, und Katie fügte rasch hinzu: »Nur so ein Gedanke. Du warst ja auch nicht ganz ehrlich zu ihr.«
»Ja, ein Gedanke. Ich werde ihn im Hinterkopf behalten.«
»Wann brichst du auf?«
»Bald.«
Shaws BlackBerry vibrierte. Er hatte Probleme, es aus der Tasche zu kommen, und Katie half ihm. Er schaute aufs Display. Ein Erster-Klasse-Ticket für den Eurostar vom Gare du Nord nach St. Pancras lag für ihn bereit. In London würde er dann im vor Kurzem wiedereröffneten Savoy wohnen. Wenigstens war Frank kein Pfennigfuchser. Zum Teil war diese Großzügigkeit auch ein Ausgleich für einen Job, bei dem man jeden Augenblick auf gewaltsame Art ums Leben kommen konnte.
»Wirst du wenigstens anrufen und mir sagen, was du herausgefunden hast?«, fragte Katie.
Shaw legte ein paar Euro als Bezahlung für das Frühstück auf den Tisch und stand auf. »Tut mir leid, das geht nicht.«
»Warum?«
»Weil ich es nicht will. Reicht dir das als Erklärung?«
»Nein, aber ich nehme an, mir bleibt keine Wahl.«
»Danke für deine Hilfe«, sagte Shaw. »Jetzt fahr nach Hause und leb dein Leben weiter.«
»Na toll!«, rief Katie in spöttischer Freude. »Super! Wie ich gehört habe, sucht die New York Times einen neuen geschäftsführenden Redakteur. Vielleicht könnte ich auch Christina Amanpours Job bei CNN übernehmen. Ich wollte immer schon zum Fernsehen. Da kann man Millionen machen. Keine Ahnung, warum ich nicht schon vor Jahren auf die Idee gekommen bin.«
»Pass auf dich auf, Katie. Und hör mit dem Trinken auf.«
Allein und mit pochendem Schädel ließ er sie am Tisch zurück. Fünf Minuten vergingen, und Katie hatte sich nicht bewegt. Sie saß einfach nur da und starrte ins Nichts, denn das war das Einzige, was ihr geblieben war: nichts.
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