Die Kandidaten
ein paar seiner Ideen zur Verbesserung des
Studentenrates erläutert. Er möchte Vertreter der Erstsemestler
werden und wollte wissen, ob du dich auch zur Wahl aufstellen
lassen wirst.«
»Nein, ganz sicher nicht«, erklärte Nat mit fester Stimme. »Ich
habe genug von Wahlen.«
»Ich finde, das ist echt schade«, meinte Rebecca und drückte
Nats Hand. »Ich weiß, dass eine Menge Leute aus unserem
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Jahrgang auf deine Kandidatur hoffen.«
»Nicht, solange er im Rennen ist«, wehrte Nat ab.
»Warum hasst du ihn so sehr?«, wollte Rebecca wissen. »Liegt
es nur daran, dass er dich bei dieser dummen Schülerwahl
geschlagen hat?« Nat starrte zu Elliot hinüber, der gerade mit
einer Gruppe von Studenten sprach – dasselbe unechte Lächeln
und zweifellos dieselben oberflächlichen Versprechungen.
»Hältst du es denn nicht für möglich, dass er sich geändert
haben könnte?«, fragte Rebecca.
Nat machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten.
*
»Also«, sagte Jimmy. »Das erste Amt, für das du kandidieren
kannst, ist das des Repräsentanten der Erstsemestler im
Studentenausschuss von Yale.«
»Eigentlich hatte ich vor, während des ersten Semesters mal
kein Amt zu übernehmen, sondern mich einfach auf die Arbeit
zu konzentrieren«, erwiderte Fletcher.
»Das kannst du nicht riskieren«, erklärte Jimmy.
»Und warum nicht?«, wollte Fletcher wissen.
»Weil es eine statistische Tatsache ist, dass derjenige, der im
ersten Jahr in den Studentenausschuss gewählt wird, so gut wie
sicher drei Jahre später zu dessen Präsidenten wird.«
»Vielleicht
möchte
ich
gar
nicht
Präsident
des
Studentenausschusses werden.« Fletcher grinste.
»Und vielleicht möchte Marilyn Monroe gar keinen Oscar
gewinnen.« Jimmy zog eine Broschüre aus seinem Aktenkoffer.
»Was ist das?«
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»Das Jahrbuch des ersten Semesters – 1021 Gesichter.«
»Ich sehe, dass du wieder einmal den Wahlkampf eröffnet
hast, ohne den Kandidaten zu fragen.«
»Das musste ich, denn ich kann es mir nicht leisten, zu warten,
bis du dich endlich aufgerafft hast. Ich habe recherchiert und
herausgefunden, dass du nur wenig beziehungsweise gar keine
Chance hast, überhaupt für den Studentenausschuss in Betracht
zu kommen, wenn du nicht in der sechsten Woche am
Debattierwettstreit der Erstsemestler teilnimmst.«
»Was ist das?«
»Das ist die einzige Gelegenheit, bei der sich die ganze Meute
in einem Raum zusammenrottet und die Chance hat, den
künftigen Kandidaten zuzuhören.«
»Und wie wird man zum Redner gekürt?«
»Das hängt davon ab, welche Seite des Antrags du
unterstützen willst.«
»Um was für einen Antrag handelt es sich denn?«
»Ich freue mich, dass du dich allmählich für diese
Herausforderung erwärmst, denn das ist das nächste Problem.«
Jimmy zog ein Flugblatt aus einer Innentasche. » Es ist
beschlossen: Amerika sollte sich aus dem Vietnamkrieg
zurückziehen. «
»Da sehe ich kein Problem«, meinte Fletcher. »Ich würde
mich freuen, gegen einen solchen Antrag anzureden.«
»Das ist ja das Problem«, sagte Jimmy, »denn jeder, der
dagegen ist, ist Geschichte, auch wenn er wie Kennedy aussieht
und das Redetalent eines Churchill besitzt.«
»Aber wenn ich mich für eine gute Sache einsetze, dann
bekommen sie das Gefühl, ich könnte der richtige Mann sein,
um sie im Studentenausschuss zu vertreten.«
»Wie überzeugend du auch sein magst, Fletcher, es ist
dennoch Selbstmord. So gut wie jeder auf dem Campus ist
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gegen den Krieg. Überlass das doch lieber einem Verrückten,
der sowieso nicht gewählt werden will.«
»Das klingt nach mir«, sagte Fletcher. »Jedenfalls glaube
ich...«
»Ist mir egal, was du glaubst«, fiel ihm Jimmy ins Wort.
»Mein einziges Interesse besteht darin, dich die Wahl gewinnen
zu lassen.«
»Jimmy, besitzt du überhaupt keine Moral?«
»Wie könnte ich?«, erwiderte Jimmy. »Mein Vater ist Politiker
und meine Mutter verkauft Immobilien.«
»Trotz deiner pragmatischen Einstellung könnte ich mich nie
dazu überwinden, einen solchen Antrag zu unterstützen.«
»Dann bist du zu einem Leben endlosen Studierens und
Händchenhaltens mit meiner Schwester verdammt.«
»Klingt wie Musik für mich«, meinte Fletcher. »Dagegen
scheinst du völlig unfähig zu sein, länger als vierundzwanzig
Stunden eine ernsthafte Beziehung zu einer Frau zu führen.«
»Da ist Joanna Palmer aber ganz anderer Meinung«,
widersprach
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