Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
Vom Netzwerk:
nahm nach beinahe einer Stunde auf den
    Beinen wieder seinen Platz ein und erhielt ausgedehnte stehende
    Ovationen. Trent Waterman, der solche Zurschaustellungen
    nicht schätzte, erhob sich und verließ die Bühne.
    »Ich dachte, du wolltest dich den stehenden Ovationen nicht
    anschließen?«, sagte Fletcher zu seinem Freund, als sie den Saal
    verließen. »›Nur weil es alle anderen in den letzten zehn Jahren
    getan haben, heißt das noch lange nicht, dass ich diesem Ritual
    folge‹, lauteten deine Worte, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Ich gebe zu, ich habe mich geirrt«, räumte Jimmy ein. »Es

    109
    war noch beeindruckender, als mein Vater es beschrieben hat.«
    »Ich bin sicher, dein Applaus war eine Erleichterung für Mr
    Waterman«, sagte Fletcher, als Jimmy eine junge Frau mit
    zahlreichen Büchern im Arm entdeckte, die nur wenige Schritte
    vor ihnen ging »Jede Gelegenheit ergreifen«, flüsterte er
    Fletcher ins Ohr. Fletcher fragte sich, ob er Jimmy davon
    abhalten sollte, sich komplett zum Narren zu machen, oder ob er
    es ihn auf die harte Tour herausfinden lassen sollte.
    »Hi, ich bin Jimmy Gates. Darf ich Ihnen mit Ihren Büchern
    helfen?«
    »An was denken Sie da, Mr Gates? Wollen Sie sie tragen oder
    sie für mich lesen?«, erwiderte die Frau, ohne langsamer zu
    werden.
    »Ich dachte, ich fange damit an, sie zu tragen, und dann
    schauen wir einfach, wie es sich entwickelt.«
    »Mr Gates, ich habe zwei Regeln, die ich stets beachte: Ich
    gehe nicht mit einem Erstsemestler aus und ich gehe nicht mit
    einem Rothaarigen aus.«
    »Denken Sie nicht, dass die Zeit gekommen ist, um mit beiden
    Regeln auf einmal zu brechen?«, schlug Jimmy vor.
    »Schließlich hat der Rektor uns gerade gesagt, wir sollten uns
    niemals vor neuen Herausforderungen fürchten.«
    »Jimmy«, warf Fletcher ein, »ich denke …«
    »Ah ja, das ist mein Freund Fletcher Davenport. Er ist sehr
    schlau. Er könnte Ihnen also beim Lesen helfen.«
    »Ich denke nicht, Jimmy.«
    »Und er ist auch sehr schüchtern, wie Sie sehen.«
    »An Schüchternheit scheinen Sie nicht zu leiden, Mr Gates.«
    »Ganz sicher nicht«, wehrte Jimmy ab. »Wie heißen Sie
    übrigens?«
    »Joanna Palmer.«

    110
    »Dann sind Sie offenbar nicht im ersten Semester, Joanna?«,
    mutmaßte Jimmy.
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Also sind Sie die ideale Person, um mir beizustehen.«
    »An was denken Sie da?«, fragte Miss Palmer, während sie die
    Stufen zur Sudler Hall hinaufstiegen.
    »Warum laden Sie mich heute Abend nicht zum Essen ein,
    dann können Sie mir alles erzählen, was ich über Yale wissen
    sollte«, schlug Jimmy vor, als sie vor dem Vorlesungssaal zum
    Stehen kamen. »He«, sagte er zu Fletcher gewandt, »sollten wir
    nicht sowieso hierher?«
    »Ja, sollten wir. Und ich habe versucht, dich zu warnen.«
    »Mich warnen? Wovor?«, fragte Jimmy, als er die Tür für
    Miss Palmer öffnete und ihr rasch in den Saal folgte, in der
    Hoffnung, sich neben sie setzen zu können. Die Studenten
    brachen abrupt ihre Gespräche ab, was Jimmy überraschte.
    »Ich muss mich für meinen Freund entschuldigen, Miss
    Palmer«, flüsterte Fletcher, »aber ich darf Ihnen versichern, dass
    er ein Herz aus Gold besitzt.«
    »Und auch die Nerven, die er dafür braucht, wie es den
    Anschein hat«, erwiderte Joanna. »Verraten Sie es ihm nicht,
    aber es hat mir ungeheuer geschmeichelt, dass er mich für eine
    Erstsemestlerin hielt.«
    Joanna Palmer legte ihre Bücher auf das große Pult und drehte
    sich zu dem gefüllten Vorlesungssaal. »Die Französische
    Revolution ist der Wendepunkt in der modernen europäischen
    Geschichte«, erzählte sie dem hingerissenen Publikum.
    »Obwohl Amerika bereits einen Monarchen entthront hatte«, sie
    hielt kurz inne, »ohne ihn dafür gleich zu köpfen …« Ihr Blick
    schwenkte über die Sitzreihen, während ihre Studenten lachten,
    dann kam er auf Jimmy Gates zu ruhen. Er blinzelte ihr zu.

    111
    *

    Sie hielten sich an der Hand, während sie zu ihrer ersten
    Vorlesung über den Campus liefen. Im Verlauf der Proben zum
    Stück waren sie ein Paar geworden, bereits untrennbar in der
    Aufführungswoche. Und beide hatten ihre Unschuld in den
    Frühlingsferien zusammen verloren. Als Nat seiner Geliebten
    mitteilte, dass er nicht nach Yale, sondern zu ihr an die
    University of Connecticut gehen würde, empfand Rebecca
    Schuldgefühle, weil diese Nachricht sie so glücklich machte.
    Susan und Michael Cartwright mochten Rebecca vom

Weitere Kostenlose Bücher