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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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der
    gemächlichen, endlosen Fahrt durch mehrere Bundesstaaten
    spielte Nat mit den Plastiktabletts, auf denen die Essensrationen
    verteilt wurden, bevor er in einen unruhigen Schlaf fiel.
    In den frühen Morgenstunden erreichte der Bus Fort Dix. Die
    potenziellen Soldaten stiegen aus und wurden von dem Gebrüll
    der Mannschaftsbetreuer empfangen. Zügig wurden sie in
    Fertigbaubaracken einquartiert, dann durften sie ein paar
    Stunden schlafen.

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    Am folgenden Morgen stand Nat um fünf Uhr auf- nicht, dass
    er eine Wahl gehabt hätte – und nachdem er einen militärischen
    Haarschnitt verpasst bekommen hatte, wurde seine Uniform
    ausgegeben. Alle fünfzig neuen Rekruten erhielten daraufhin
    den Befehl, ihren Eltern einen Brief zu schreiben, dem sie jedes
    Besitzstück von zivilem Ursprung beilegen und an ihre
    Heimatadresse schicken mussten.
    Im Laufe des Tages wurde Nat von Specialist Fourth Class
    Jackson befragt, der sich Nats Papiere ansah und danach nur
    eine Frage hatte:
    »Ist Ihnen klar, Cartwright, dass Sie eine Freistellung hätten
    beantragen können?«
    »Ja, Sir.«
    Jackson hob eine Augenbraue. »Aber Sie bekamen den guten
    Rat, sich dagegen zu entscheiden?«
    »Das musste man mir nicht erst raten, Sir.«
    »Gut. Sobald Sie die Grundausbildung beendet haben,
    Cartwright, werden Sie sich zweifelsohne zur Offiziersschule
    anmelden.« Er schwieg kurz. »Nur etwa zwei von fünfzig
    schaffen es, also schrauben Sie Ihre Hoffnungen nicht zu hoch.
    Und nennen Sie mich nicht Sir«, fuhr er fort. »Specialist 4th
    Class genügt völlig.«
    Nach jahrelangem Querfeldeinlauf ging Nat davon aus, er sei
    in guter körperlicher Verfassung, doch schnell fand er heraus,
    dass die Armee darunter etwas völlig anderes verstand. Und im
    Zuge der Grundausbildung war alles primitiv: das Essen, die
    Kleidung, die Heizung und vor allem das Bett, in dem er
    schlafen sollte. Nat mutmaßte, dass die Armee die Matratzen
    direkt aus Nordvietnam importierte, so dass sie am eigenen Leib
    dieselben Härten wie der Feind erfahren konnten.
    In den nächsten acht Wochen stand Nat jeden Morgen um fünf
    Uhr auf, duschte kalt – das Wort Heizung gab es in der
    Armeesprache schlicht und einfach nicht –, zog sich an,

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    frühstückte und legte seine Sachen ordentlich ans Fußende des
    Bettes, bevor er um sechs Uhr zusammen mit allen anderen
    Angehörigen des zweiten Zuges aus der Alpha-Kompanie auf
    dem Paradeplatz antrat.
    Der Erste, der ihn Morgen für Morgen ansprach, war Drill
    Sergeant Al Quamo, der stets so adrett aussah, dass Nat
    vermutete, er stehe um vier Uhr früh auf, um seine Uniform zu
    bügeln. Falls Nat versuchte, während der nächsten vierzehn
    Stunden mit jemand anderem zu reden, wollte Quamo wissen,
    mit wem und warum. Der Drill Sergeant war genauso groß wie
    Nat, aber da endete ihre Ähnlichkeit auch schon. Nat stand nie
    lange genug still, um alle Orden des Sergeants zählen zu
    können. »Ich bin Ihre Mutter, Ihr Vater und Ihr bester Freund«,
    bellte Quamo aus voller Kehle.
    »Haben Sie verstanden?«
    »Ja, Sir«, brüllten die sechsunddreißig frisch gebackenen
    Rekruten des zweiten Zuges zurück. »Sie sind unsere Mutter,
    unser Vater und unser bester Freund.«
    Die meisten aus dem Zug hatte eine Freistellung beantragt und
    waren abgewiesen worden. Viele hielten Nat für verrückt, weil
    er der Einberufung bereitwillig nachgekommen war, und es
    dauerte einige Wochen, bevor sie ihre Meinung über den Jungen
    aus Cromwell änderten. Lange vor dem Ende der
    Grundausbildung war Nat zum Berater des ganzen Zuges
    geworden, zum Briefschreiber, Lebenshelfer und Vertrauten. Er
    hatte sogar einigen der Rekruten das Lesen beigebracht. Nat
    schrieb seiner Mutter besser nicht, was ihm die anderen im
    Gegenzug beigebracht hatten. Nach der Hälfte der
    Grundausbildung ernannte Quamo ihn zum Führer seiner
    Gruppe.
    Am Ende der zwei Monate war Nat in allem der Beste, bei
    dem es um Buchstaben ging. Er überraschte seine Mitrekruten
    sogar dadurch, dass er sie beim Querfeldeinlauf schlug, und

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    obwohl er vor der Grundausbildung noch nie eine Waffe
    abgefeuert hatte, schoss er sogar besser als die Jungs aus
    Queens, wenn es darum ging, das M60 Maschinengewehr oder
    den M70 Granatwerfer zu bedienen. Sie kannten sich einfach
    mit kleineren Waffen besser aus.
    Quamo brauchte keine sechs Wochen, um seine Meinung
    bezüglich Nats Chancen für die Kadettenschule zu ändern.
    Anders als die meisten anderen ›armen

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