Die Kandidaten
würde mir keine Sorgen um deinen Vater machen«,
wiegelte Fletcher ab. »Ich wette, er hat schon eine Möglichkeit
gefunden, dieses Problem zu seinem Vorteil zu nutzen.«
*
Nat hätte nie erwartet, mit seinem Kommandeur persönlich in
Kontakt zu kommen, und das wäre auch nie geschehen, hätte
seine Mutter nicht auf dem für den Colonel reservierten Platz
geparkt. Als Nats Vater das Schild KOMMANDANT entdeckte,
schlug er einen raschen Rückzug vor. Susan setzte etwas zu
schnell aus der Parklücke zurück und stieß mit dem Jeep von
Colonel Tremlett zusammen, der gerade einparken wollte.
»Oh mein Gott«, rief Nat und sprang aus dem Wagen.
»So weit würde ich nicht gehen«, sagte Tremlett. »Colonel
genügt.«
Nat stand still und salutierte, während sein Vater verstohlen
die Orden des Kommandanten betrachtete. »Wir müssen
zusammen gedient haben«, sagte er und starrte auf den rot-
grünen Orden inmitten all der Auszeichnungen auf Tremletts
Brust. Der Colonel sah von der Delle in seiner Stoßstange auf.
»Ich war mit der Achtzigsten in Italien«, führte Nats Vater aus.
»Ich hoffe, Sie haben die Sherman-Panzer besser manövriert
als Sie Auto fahren«, scherzte der Colonel, als die beiden
Männer sich die Hand schüttelten. Michael erwähnte nicht, dass
seine Frau am Steuer gesessen hatte. Tremlett sah Nat an.
»Cartwright, nicht wahr?«
»Ja, Sir.« Nat war überrascht, dass der Kommandant seinen
Namen kannte.
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»Es sieht so aus, als ob Ihr Sohn nächste Woche seinen
Abschluss als Klassenbester machen wird«, sagte Tremlett und
wandte sich wieder an Nats Vater. Er schwieg kurz. »Ich habe
möglicherweise einen Auftrag für ihn«, fügte er ohne Erklärung
hinzu. »Melden Sie sich morgen früh um acht in meinem Büro,
Cartwright.« Der Colonel lächelte Nats Mutter an, schüttelte
Nats Vater noch einmal die Hand und wandte sich dann an Nat.
»Wenn ich heute Abend noch eine Delle in dieser Stoßstange
vorfinde, Cartwright, dann können Sie Ihren nächsten
Heimaturlaub vergessen.« Der Colonel zwinkerte Nats Mutter
zu, während der Junge erneut stillstand und salutierte.
Den Nachmittag verbrachte Nat auf Händen und Knien, mit
einem Hammer und einem Eimer Tarnfarbe.
Am folgenden Morgen traf Nat um sieben Uhr fünfundvierzig
im Büro des Colonels ein und war überrascht, dass man ihn
sofort zum Kommandanten führte. Tremlett wies auf einen Stuhl
vor seinem Schreibtisch.
»Sie haben die Ausbildung mit Bravour hinter sich gebracht,
Nat«, waren die ersten Worte des Colonels, als er auf Nats
Personalakte sah.
»Was wollen Sie als Nächstes tun?«
Nat sah zu Colonel Tremlett hinüber, einem Mann mit fünf
Reihen Orden auf seiner Brust. Er hatte in Italien und Korea
gekämpft und war erst vor kurzem von einem Einsatz in
Vietnam zurückgekehrt. Sein Spitzname lautete Terrier, weil er
dem Feind gern so nahe kam, dass er ihm in die Waden beißen
konnte. Nat beantwortete die Frage ohne zu zögern. »Ich gehe
davon aus, dass ich nach Vietnam geschickt werde, Sir.«
»Es ist nicht nötig, dass Sie in Asien dienen«, sagte der
Kommandant. »Sie haben Ihre Einstellung unter Beweis gestellt
und ich kann einige andere Stellen empfehlen, von Berlin bis
Washington, so dass Sie nach Abschluss Ihrer zwei Jahre an die
Universität zurückkehren können.«
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»Aber das widerspräche dem Sinn der ganzen Sache, oder
etwa nicht, Sir?«
»Es kommt so gut wie nie vor, dass ein Unteroffizier nach
Nam geschickt wird«, erklärte der Kommandant. »Vor allem
nicht einer von Ihrem Kaliber.«
»Dann ist es vielleicht an der Zeit, diese Gepflogenheit zu
ändern. Das zeichnet gute Führungspersönlichkeiten schließlich
aus, wie man uns stets in Erinnerung ruft.«
»Was wäre, wenn ich Sie bitten würde, den Rest Ihrer
Dienstzeit als mein Stabsoffizier zu verbringen, dann könnten
Sie mir hier an der Akademie bei der nächsten Ladung an
Rekruten zur Hand gehen.«
»Damit sie alle nach Vietnam können, um sich dort töten zu
lassen?« Nat starrte seinen Kommandanten an. Sofort bedauerte
er es, zu weit gegangen zu sein.
»Wissen Sie, wer der Letzte war, der auf diesem Stuhl saß und
mir mitteilte, er sei fest entschlossen, nach Nam zu gehen, und
nichts, was ich sagte, würde seine Meinung ändern?«
»Nein, Sir.«
»Mein Sohn Daniel«, erwiderte Tremlett. »Und damals hatte
ich keine andere Wahl, als seine Entscheidung zu akzeptieren.«
Der Colonel schwieg und
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