Die Kandidaten
Schweine‹, die nach
›Nam‹ geschickt wurden, war Nat der geborene Anführer.
»Aber Vorsicht«, warnte Quamo Nat, »einem wachsweichen
Lieutenant ballern sie den Hintern ebenso weg wie einem
stinknormalen Soldaten, das steht schon mal fest. Der Vietcong
macht da keinen Unterschied.« Sergeant Quamo sollte Recht
behalten, denn nur zwei Rekruten wurden für Fort Benning
ausgewählt. Der andere war ein Collegejunge aus dem dritten
Zug namens Dick Tyler.
*
In den ersten drei Wochen in Fort Benning fand die wichtigste
Aktivität im Freien unter Anleitung der Black Hats statt. Die
Fallschirmlehrer brachten ihren neuen Rekruten das Landen bei,
zuerst von einer dreieinhalb Meter hohen Wand, anschließend
von dem gefürchteten dreißig Meter hohen Turm. Von den
zweihundert Soldaten, die den Kurs antraten, schafften es
weniger als einhundert in die nächste Phase. Nat gehörte zu den
zehn, die während des ersten Sprunges einen weißen Helm
tragen durften. Fünfzehn Sprünge später durfte er sich das
silberne Sprungabzeichen an die Brust heften.
Als Nat einen einwöchigen Heimaturlaub antreten durfte,
erkannte seine Mutter das Kind, das sie vor drei Monaten
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verlassen hatte, kaum wieder. Es war nun ein Mann geworden,
fast drei Zentimeter größer und drei Kilo leichter, mit einem
Kurzhaarschnitt, der seinen Vater an dessen Tage in Italien
erinnerte.
Nat kehrte nach dieser kurzen Pause nach Fort Benning
zurück, hängte seine auf Hochglanz polierten Springerstiefel an
den Nagel, warf sich seinen Kleidersack über die Schulter und
marschierte das kurze Stück von der Luft zum Boden auf die
andere Straßenseite.
Hier begann seine Ausbildung als Infanterieoffizier. Obwohl
er immer noch jeden Morgen so früh aufstand, verbrachte er nun
weit mehr Zeit im Klassenzimmer, studierte Militärgeschichte,
Kartenlesen, Taktik und Kommandostrategie – zusammen mit
siebzig weiteren Offiziersanwärtern, die sich ebenfalls darauf
vorbereiteten, nach Vietnam geschickt zu werden. Die einzige
Statistik, über die niemand reden wollte, besagte, dass über
fünfzig Prozent von ihnen höchstwahrscheinlich im Leichensack
nach Hause zurückkehren würden.
*
»Joanna muss sich einem Disziplinarausschuss stellen«,
lamentierte Jimmy. Sie saßen am Fußende von Fletchers Bett.
»Dabei sollte nur ich den Zorn des Ethikkomitees über mich
ergehen lassen.«
Fletcher versuchte, seinen Freund zu beruhigen, aber er hatte
ihn noch nie so erbost gesehen. »Warum begreifen die nicht,
dass es kein Verbrechen ist, sich zu verlieben?«
»Ich denke, sie machen sich eher Sorgen über die Folgen,
wenn es andersherum abläuft«, sagte Fletcher.
»Wie meinst du das?« Jimmy sah auf.
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»Die Verwaltung macht sich echte Sorgen, wenn männliche
Lehrkräfte junge, leicht zu beeindruckende Studentinnen
ausnutzen.«
»Aber merken sie denn nicht, wenn es echt ist?«, fragte
Jimmy. »Jeder sieht doch, dass ich Joanna anbete, und ihr geht
es mit mir genauso.«
»Vielleicht hätten sie sich in eurem Fall sogar blind gestellt,
wenn ihr beide es nicht an die Öffentlichkeit getragen hättet.«
»Gerade du solltest doch respektieren, dass Joanna sich
weigert, in dieser Sache unaufrichtig zu sein«, erklärte Jimmy.
»Das tue ich ja auch«, meinte Fletcher, »aber angesichts der
Universitätsregeln hat sie den Behörden keine andere Wahl
gelassen, als auf diese Ehrlichkeit zu reagieren.«
»Dann müssen eben die Regeln geändert werden«, erklärte
Jimmy.
»Joanna denkt, dass man als Lehrer seine wahren Gefühle
nicht verheimlichen darf. Sie will sicherstellen, dass die nächste
Generation sich nicht mit derselben Zwangslage konfrontiert
sieht.«
»Jimmy, ich bin ja deiner Meinung, aber ich kenne Joanna. Sie
wird sich eingehend mit diesen Regeln beschäftigt haben und
hat sicher auch eine eigene Meinung zu Regel 17b.«
»Natürlich hat sie das, aber Joanna wird sich nicht verloben,
nur um es dem Ausschuss leicht zu machen.«
»Was für eine Frau! Und du hast sie gefragt, ob du ihre Bücher
tragen darfst«, scherzte Fletcher.
»Erinnere mich nicht daran«, erwiderte Jimmy. »Du weißt,
dass man ihr jetzt zu Beginn und zum Ende jeder Vorlesung
zujubelt.«
»Wann wird dieses Ethikkomitee seine Entscheidung fällen?«
»Nächsten Mittwoch um zehn Uhr. Das wird ein großer Tag
für die Medien. Ich wünschte nur, mein Vater würde sich im
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Herbst nicht zur Wiederwahl stellen.«
»Ich
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