Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
er plant, zum gleichen Zeitpunkt auszubrechen, in dem ihr Re aufweckt. Genau genommen zählt er darauf, dass ihr Re aufweckt. Es ist Teil seines Plans.«
Mein Hirn fühlte sich an, als würde es sich in Wackelpudding verwandeln, was aber vielleicht nur daran lag, dass Katrina, das Kamel, wieder an meinen Haaren nuckelte. »Apophis will, dass wir seinen Erzfeind befreien? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Ich kann es mir auch nicht erklären«, erwiderte Bastet. »Doch als ich seinem Käfig näher kam, konnte ich seine Gedanken lesen. Vermutlich haben wir irgendeine Art Verbindung, weil wir so viele Jahrhunderte gegeneinander gekämpft haben. Jedenfalls, Apophis plant, während der Frühlings-Tagundnachtgleiche – genauer gesagt am Morgen des einundzwanzigsten März – aus der Duat aufzusteigen. Und er glaubt, dass euer Vorhaben, Re aufzuwecken, ihm dabei helfen wird.«
Walt runzelte die Stirn. »Wenn Apophis will, dass uns das gelingt, warum gibt er sich dann so große Mühe, uns aufzuhalten?«
»Tut er das?«, fragte ich.
Einige Kleinigkeiten, die mir während der letzten paar Tage aufgefallen waren, fügten sich plötzlich zusammen: Warum hatte Apophis im Brooklyn Museum Carter bloß Angst gemacht, obwohl die Boten der Sachmet in der Lage gewesen wären, ihn umzubringen? Warum hatten wir so problemlos aus Sankt Petersburg fliehen können? Warum hatte Seth freiwillig den Aufbewahrungsort der dritten Schriftrolle preisgegeben?
»Apophis will Chaos«, erklärte ich. »Er will seine Feinde entzweien. Falls Re zurückkommt, könnte uns das in einen Bürgerkrieg stürzen. Die Magier sind sowieso schon uneinig. Die Götter würden einander bekämpfen. Es gäbe keinen eindeutigen Anführer. Und falls Re nicht in einer neuen, kräftigen Gestalt wiedergeboren wird – wenn er so alt und gebrechlich ist, wie ich ihn in meiner Vision gesehen habe …«
»Sollten wir Re lieber nicht aufwecken?«, fragte Walt.
»Das ist auch keine Lösung«, erwiderte ich.
Bastet legte den Kopf schief. »Ich bin verwirrt.«
In meinem Kopf ratterte es. Katrina, das Kamel, knabberte noch immer an meinen Haaren herum und verwandelte sie in einen schleimigen Wischmopp, doch ich nahm es kaum wahr. »Wir müssen an dem Plan festhalten. Wir brauchen Re. Maat und das Chaos müssen sich im Gleichgewicht befinden, oder? Wenn sich Apophis erhebt, muss Re das gleichfalls tun.«
Walt drehte seine Ringe. »Wenn Apophis aber will , dass Re aufgeweckt wird, wenn er glaubt, es würde ihm bei der Zerstörung der Welt helfen –«
»Wir müssen einfach davon ausgehen, dass Apophis sich täuscht.« Mir fiel etwas ein, das mir Jaz’ Ren gesagt hatte: Wir haben uns entschieden, an Maat zu glauben .
»Apophis kann sich einfach nicht vorstellen, dass irgendjemand Götter und Magier einen könnte«, sagte ich. »Er geht davon aus, dass Res Rückkehr uns nur weiter schwächen wird. Wir müssen ihm das Gegenteil beweisen. Wir müssen Ordnung aus dem Chaos schaffen. Das hat Ägypten immer getan. Es ist ein Risiko – ein gewaltiges Risiko –, doch wenn wir nichts unternehmen, weil wir Angst haben, es könnte fehlschlagen, spielen wir Apophis in die Hände.«
Es ist schwierig, eine ergreifende Rede zu halten, während einem ein Kamel den Kopf abschlabbert, doch Walt nickte. Die Katze wirkte nicht ganz so enthusiastisch. Andererseits sind Katzen das selten.
»Unterschätzt Apophis nicht«, sagte Bastet. »Ihr habt noch nicht gegen ihn gekämpft. Ich schon.«
»Deshalb musst du schnell zurückkommen.« Ich erzählte ihr von Wlad Menschikows Unterhaltung mit Seth sowie seinen Plänen, das Brooklyn House zu zerstören. »Bastet, unsere Freunde befinden sich in schrecklicher Gefahr. Menschikow ist möglicherweise noch wahnsinniger, als Amos bewusst ist. Kehre so bald wie möglich nach Brooklyn zurück. Ich hab das Gefühl, unser letztes Gefecht wird dort stattfinden. Wir werden die letzte Schriftrolle holen und Re suchen.«
»Ich mag keine letzten Gefechte«, sagte die Katze. »Aber du hast Recht. Es klingt schlimm. Wo sind übrigens Bes und Carter?« Sie musterte misstrauisch die Kamele. »Du hast sie nicht in diese Kamele verwandelt, oder?«
»Die Vorstellung hat was«, sagte ich. »Aber, nein, hab ich nicht.«
Ich erzählte ihr kurz, was Carter vorhatte.
Bastet zischte angewidert. »Ein dämlicher Umweg! Ich werde ein Wörtchen mit diesem Zwerg reden. Was fällt ihm ein, dich allein losziehen zu lassen!«
»Und was ist mit mir? Bin ich
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