Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
zu sprechen, wie du dir vorstellen kannst. Sein Sohn Tutanchamun –«
»König Tut?«, fragte ich. »Du bist mit König Tut verwandt?«
»Leider«, antwortete Walt. »Tutanchamun war der Erste, den der Fluch traf. Er starb mit neunzehn. Und er hatte noch Glück.«
»Moment mal. Welcher Fluch?«
In diesem Moment hielt Katrina mit quietschenden Reifen. Ihr könnt einwenden, dass ein Kamel nicht mit quietschenden Reifen anhalten kann, aber da täuscht ihr euch gewaltig. Als sie den Kamm einer gewaltigen Sanddüne erreichte, gab Katrina ein feuchtes, quietschendes Geräusch von sich, das wesentlich schlimmer klang als Autobremsen. Hindenburg bremste eher furzend.
Ich blickte die andere Seite der Düne hinunter. Unter uns, mitten in der Wüste, erstreckte sich ein diesiges Tal voll grüner Felder und Palmen, das ungefähr die Größe der Londoner Innenstadt hatte. Vögel flogen über unsere Köpfe. In der Nachmittagssonne glitzerten kleine Seen. Aus den wenigen verstreuten Häusern hier und da stieg Rauch von Kochfeuern auf. Nach dem langen Ritt durch die Wüste schmerzten meine Augen von all den Farben, es war, wie aus einem dunklen Kino in einen strahlend hellen Nachmittag hinauszukommen.
Ich verstand, wie sich Reisende in vergangenen Zeiten gefühlt haben mussten, wenn sie nach Tagen in der Ödnis eine solche Oase entdeckten. Ich hatte noch nie etwas gesehen, das dem Paradies so nahekam.
Die Kamele waren allerdings nicht stehen geblieben, um die schöne Landschaft zu bewundern. Durch den Sand schlängelte sich eine Spur winziger Fußabdrücke, die ganze Strecke vom Rand der Oase bis hinauf zu unserer Düne. Eine äußerst verstimmt aussehende Katze kam den Hügel hinauf.
»Na endlich«, begrüßte sie uns.
Ich ließ mich von Katrinas Rücken gleiten und starrte die Katze verblüfft an. Nicht, weil sie sprach – da hatte ich schon merkwürdigere Dinge erlebt –, sondern, weil ich die Stimme erkannte.
»Bastet?«, fragte ich. »Was machst du denn in dieser – was ist das eigentlich genau?«
Die Katze stand auf den Hinterbeinen und streckte die Vorderpfoten aus, als wolle sie sagen: Voilà! »Eine ägyptische Mau , was sonst? Schöne Tupfenzeichnung, bläuliches Fell –«
»Sieht eher aus, als wäre sie in einen Mixer geraten!«
Ich war nicht einfach nur taktlos. Die Katze sah wirklich übel zugerichtet aus. Große Stücke ihres Fells fehlten. Sie hatte vielleicht mal schön ausgesehen, ich neigte jedoch mehr zu der Ansicht, dass sie schon immer verwildert gewesen war. Das verbliebene Fell war schmutzig und verfilzt, die Augen waren geschwollen und beinahe so schlimm vernarbt wie die von Wlad Menschikow.
Bastet – oder die Katze oder wer immer gerade im Dienst war – ließ sich auf den Rücken fallen und schnupperte empört. »Meine liebe Sadie, ich dachte, wir hätten über Kampfnarben bei Katzen gesprochen. Dieser alte Kater ist ein Krieger!«
Ein Krieger, der verliert, dachte ich, beschloss aber, das für mich zu behalten.
Walt ließ sich von Hindenburgs Rücken gleiten. »Bastet, wie – wo bist du?«
»Immer noch tief in der Duat.« Sie seufzte. »Es dauert mindestens noch einen Tag, bevor ich herauskomme. Hier unten läuft alles ein bisschen … chaotisch.«
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
Die Katze nickte. »Ich muss einfach vorsichtig sein. In dem Abgrund hier wimmelt es von Feinden. Die normalen Pfade und Flusswege sind bewacht. Ich muss einen großen Umweg machen, um heil rauszukommen, und da die Frühlings-Tagundnachtgleiche morgen bei Sonnenuntergang beginnt, wird es ganz schön knapp. Ich dachte, ich schicke euch lieber eine Nachricht.«
»Dann …« Walt kniff die Augenbrauen zusammen, »ist diese Katze nicht echt?«
»Natürlich ist sie echt«, sagte Bastet. »Sie wird bloß von einem Teil meines Bas gesteuert. Weißt du, durch Katzen kann ich leicht sprechen, zumindest ein paar Minuten, aber jetzt ist das erste Mal, dass ihr einer Katze so nahe seid. Ist euch das aufgefallen? Unglaublich! Ihr müsst euch mehr in der Nähe von Katzen aufhalten. Diese Mau hat nachher übrigens eine Belohnung verdient. Vielleicht einen netten Fisch oder ein bisschen Milch –«
»Bastet«, unterbrach ich sie. »Du erwähntest eine Nachricht?«
»Ach ja. Apophis wacht allmählich auf.«
»Das wussten wir!«
»Es ist allerdings schlimmer, als wir angenommen haben«, erwiderte sie. »Er hat ein Heer von Dämonen organisiert, die sich an seinem Käfig zu schaffen machen, und
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