Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
rumgeschlagen.
Kamele sind ekelhaft.
Ihr denkt vielleicht: Mensch, Sadie, das waren magische Kamele, die ihr mit einem von Walts Amuletten herbeigerufen habt. Schlauer Walt! Bestimmt sind magische Kamele nicht so übel wie normale Kamele.
Von wegen. Magische Kamele spucken, kacken, sabbern, beißen, fressen und – am allerwiderlichsten – stinken genauso wie normale Kamele. Wenn überhaupt, ist ihre Widerwärtigkeit sogar noch magisch verstärkt.
Wir fingen natürlich nicht mit den Kamelen an. In einer Abfolge zunehmend schrecklicherer Transportmittel arbeiteten wir uns stufenweise zu ihnen vor. Zuerst nahmen wir einen Bus in eine kleine Stadt westlich von Alexandria – einen Bus ohne Klimaanlage und voller Männer, die noch nie etwas von den Vorzügen eines Deos gehört hatten. Dann heuerten wir einen Fahrer an, der uns nach Baharija bringen sollte – der besaß erst die Frechheit, ABBA s Greatest Hits laufen zu lassen und rohe Zwiebeln zu essen, dann fuhr er irgendwo in die Pampa, wo er uns – Überraschung! – seinen Kumpels, den Straßenräubern, vorstellte, die ganz heiß darauf waren, schutzlose amerikanische Jugendliche auszuplündern. Es war mir ein Vergnügen, ihnen zu zeigen, wie sich mein Zauberstab in einen großen hungrigen Löwen verwandelte. Soweit ich weiß, rennen die Gauner und der Fahrer noch immer um ihr Leben. Trotzdem stand der Wagen still und keine Magie der Welt konnte den Motor wiederbeleben.
An diesem Punkt beschlossen wir, lieber auf weitere Dienstleistungen zu verzichten. Mit den bösen Blicken der Einheimischen kam ich klar. Und auch damit, dass ich hier eine Kuriosität war – ein amerikanisch-britisches Mädchen mit lila Strähnchen im Haar, das allein mit einem Jungen unterwegs ist, der nicht wie ihr Bruder aussieht. (Das war im Übrigen eine ziemlich gute Beschreibung meines Lebens.) Doch nach der Sache mit dem Raubüberfall auf der Straße wurde Walt und mir bewusst, wie sehr die Einheimischen uns beäugten. Ich hatte keine Lust darauf, erneut Banditen in die Hände zu fallen oder der ägyptischen Polizei oder – noch schlimmer – irgendwelchen Magiern, die uns in Tarnung auflauerten. Deshalb riefen wir magische Kamele herbei, verzauberten eine Handvoll Sand, damit er uns den Weg nach Baharija zeigte, und machten uns auf den Weg durch die Wüste.
Wie war die Wüste, Sadie? , fragt ihr euch vielleicht.
Danke der Nachfrage. Es war heiß.
Und noch was: Warum müssen Wüsten so scheißgroß sein? Warum können sie nicht einfach ein paar Hundert Meter breit sein, gerade groß genug, dass man eine Vorstellung von sandig, trocken und elend bekommt, und danach in irgendeine vernünftige Landschaft übergehen, wie zum Beispiel eine Wiese mit einem Fluss oder eine Einkaufsstraße?
Nichts dergleichen. Die Wüste nahm kein Ende. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Seth, der Gott aller Ödnis, sich über uns totlachte, als wir uns über endlose Dünen schleppten. Wenn das sein Zuhause war, riss mich seine Inneneinrichtung nicht gerade vom Hocker.
Ich gab meinem Kamel den Namen Katrina. Sie war eine Naturkatastrophe. Sie besabberte alles und die lila Strähnchen in meinen Haaren schien sie für irgendeine exotische Frucht zu halten. Sie versuchte manisch, meinen Kopf zu fressen. Walts Kamel taufte ich Hindenburg. Er war fast so groß wie ein Zeppelin und definitiv ebenso gasgefüllt.
Walt schien in Gedanken versunken und starrte zum Horizont, während wir nebeneinander herritten. Er war mir, ohne zu zögern, in Alexandria zu Hilfe geeilt. Wie ich vermutet hatte, bestand zwischen unseren Schen -Amuletten eine Verbindung. Etwas Konzentration hatte ausgereicht, ihn mit Gedanken über unsere missliche Lage zu benachrichtigen. Mit etwas mehr Einsatz hätte ich ihn quasi durch die Duat zu mir ziehen können. Ziemlich praktischer magischer Trick: scharfe Jungs per Expresslieferung.
Nach seiner Ankunft war er zunehmend ruhiger geworden und schien sich nicht besonders wohl in seiner Haut zu fühlen. Er trug die für Freiluftaktivitäten üblichen Klamotten eines amerikanischen Jugendlichen – ein schwarzes Muskelshirt, das ziemlich gut saß, Trekkinghosen und Stiefel. Doch wenn man genauer hinsah, fiel einem auf, dass er mit sämtlichen magischen Gegenständen angereist war, die er je hergestellt hatte. Um seinen Hals hing ein wahrer Zoo von Tieramuletten. An jeder Hand blitzten drei Ringe. Um die Taille trug er einen Gürtel aus einem Strick, wahrscheinlich hatte auch
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