Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
der magische Kräfte. Außerdem hatte er einen Rucksack mit zweifellos noch mehr nützlichem Schnickschnack dabei. Trotz dieses Arsenals wirkte Walt furchtbar nervös.
Ich versuchte es mit einem Klassiker: »Schönes Wetter.«
Er erwachte aus seiner Betäubung und sah mich fragend an. »Entschuldigung. Ich hab … nachgedacht.«
»Weißt du, manchmal hilft Reden. Zum Beispiel bei, ach, keine Ahnung. Wenn ich ein richtiges Problem hätte, irgendwas Lebensbedrohliches, und ich hätte nur mit Jaz darüber gesprochen … und Bes wüsste Bescheid, würde aber nichts sagen … oder falls ich mich bereit erklärt hätte, ein Abenteuer mit einer guten Freundin durchzustehen, und hätte beim Ritt durch die Wüste stundenlang Zeit zum Quatschen, dann wäre ich möglicherweise versucht, ihr zu erzählen, was los ist.«
»Theoretisch ja«, sagte er.
»Ja. Und wenn dieses Mädchen von allen am wenigsten wüsste, was mit mir nicht stimmt, sich aber wirklich Sorgen machen würde … Tja, dann kann ich mir vorstellen, dass sie ganz schön frustriert sein muss, weil sie derart im Ungewissen gelassen wird. Theoretisch hätte sie allen Grund, dich zu erwürgen – ich wollte sagen, mich . Theoretisch.«
Walt zwang sich zur Andeutung eines Lächelns. Auch wenn ich nicht behaupten kann, dass mich seine Blicke dahinschmelzen ließen wie die von Anubis; er hatte ein wunderschönes Gesicht. Er sah meinem Vater überhaupt nicht ähnlich, aber er besaß die gleiche Art Stärke und markante Attraktivität – eine Art sanfte Schwerkraft, bei der ich mich sicherer fühlte und ein bisschen fester mit der Erde verwurzelt.
»Es ist schwierig für mich, darüber zu reden«, sagte er. »Ich wollte dir nichts verheimlichen.«
»Zum Glück ist es noch nicht zu spät.«
Unsere Kamele stapften vor sich hin, Katrina versuchte, Hindenburg zu küssen oder möglicherweise anzuspucken, was Hindenburg mit einem Furz quittierte. Was für ein deprimierender Kommentar!
Schließlich meinte Walt: »Es hat etwas damit zu tun, dass wir von den Pharaonen abstammen. Ihr beide – also die Kanes – vereint zwei mächtige königliche Linien in euch, nämlich die von Narmer und die von Ramses dem Großen, richtig?«
»Das hat man mir jedenfalls erzählt. Sadie die Große klingt wirklich ganz nett.«
Darauf erwiderte Walt nichts. Vermutlich stellte er sich mich als Pharaonin vor, was zugegebenermaßen eine eher erschreckende Vorstellung ist.
»Meine königliche Linie …« Er zögerte. »Was weißt du über Echnaton?«
»So aus dem Stegreif würde ich behaupten, er war ein Pharao. Vermutlich in Ägypten.«
Walt lachte, das war schon mal gut.
»Glatte Eins«, sagte er. »Echnaton war der Pharao, der beschloss, sämtliche alten Götter abzuschaffen und nur noch Aton, die Sonne, anzubeten.«
»Ah ja … stimmt.« Die Geschichte sagte mir irgendwas und das gab mir zu denken – ich war schon fast so ein Ägyptenstreber wie Carter. »Das ist der Heinz, der die Hauptstadt verlegt hat, oder?«
Walt nickte. »Er baute eine völlig neue Stadt in Amarna. Er war ein ziemlich schräger Vogel, doch der Erste, der auf die Idee kam, dass die alten Götter schlecht waren. Er wollte nicht, dass sie weiter verehrt wurden, und ließ ihre Tempel schließen. Er wollte nur einen Gott verehren, allerdings traf er bei diesem einen Gott eine seltsame Wahl. Er entschied sich für die Sonne. Nicht für den Sonnengott Re, sondern für die tatsächliche Sonnenscheibe, Aton. Wie dem auch sei, die alten Priester und Magier, vor allem die Priester des Amun-Re –«
»Ein anderer Name für Re?«, vermutete ich.
»Mehr oder weniger«, erwiderte Walt. »Die Priester Amun-Res waren also nicht übermäßig glücklich mit Echnaton. Nach seinem Tod haben sie seine Statuen massakriert und versucht, seinen Namen von sämtlichen Monumenten und Ähnlichem zu entfernen. Amarna wurde komplett aufgegeben. Ägypten kehrte zu seinen alten Bräuchen zurück.«
Ich ließ diese Information auf mich wirken. Tausende von Jahren bevor Iskander den Erlass herausgegeben hatte, die Götter zu verbannen, war ein Pharao auf dieselbe Idee gekommen.
»Und Echnaton war dein Urur- oder Was-auch-immer-Großvater?«, fragte ich.
Walt wickelte die Zügel des Kamels um sein Handgelenk. »Ich bin einer von Echnatons Nachfahren. Ja. Wir verfügen über dieselbe magische Begabung wie die meisten anderen königlichen Linien, aber … wir haben auch unsere Probleme. Die Götter waren nicht gut auf Echnaton
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