Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
waren, erhob Desjardins die Hand. Von der Decke flog eine Lichtkugel herab und blieb auf seiner Handfläche liegen.
»Bring mir das Buch von der Ermordung des Apophis «, befahl Desjardins dem Licht. »Ich muss etwas nachschlagen.«
Die magische Kugel neigte sich, als wolle sie sich verbeugen, dann sauste sie davon.
Desjardins wandte sich zu dem violetten Lichtvorhang – zu dem Bild der zwei Gestalten, die um einen Feuerthron kämpften.
»Ich werde Wladimir ›beobachten‹«, brummte er. »Aber ich werde nicht ›hierbleiben und mich ausruhen‹.«
Die Szene verblasste und mein Ba kehrte in meinen Körper zurück.
18.
Glücksspiel am Vorabend des Weltuntergangs
Zum zweiten Mal in dieser Woche erwachte ich auf dem Sofa eines Hotelzimmers, ohne einen blassen Schimmer zu haben, wie ich dort hingekommen war.
Das Zimmer war nicht annähernd so nett wie das im Four Seasons Alexandria. Von den Wänden bröckelte der Putz. Quer über die Decke liefen blanke durchhängende Balken. Vom Couchtisch brummte zwar ein tragbarer Ventilator, trotzdem glühte die Luft wie in einem Hochofen. Durch die offenen Fenster fiel Nachmittagslicht herein. Von der Straße hörte man Autohupen und Kaufleute, die ihre Ware auf Arabisch anpriesen. Der schwache Wind stank nach Abgasen, Dung und Apfel-Shisha – der Wasserpfeifenrauch roch fruchtig nach Zuckersirup. In anderen Worten: Wir mussten in Kairo sein.
Sadie, Bes, Walt und Zia saßen um einen Tisch am Fenster und spielten ein Brettspiel, als wären sie alte Freunde. Das Bild war so absurd, dass ich zu träumen glaubte.
Plötzlich bemerkte Sadie, dass ich aufgewacht war. »Sieh an, sieh an. Nächstes Mal, wenn du mit deinem Ba auf Weltreise gehst, Carter, gib uns vorher Bescheid. Es ist kein Vergnügen, dich drei Stockwerke hochzuschleppen.«
Ich rieb mir den pochenden Schädel. »Wie lange war ich denn bewusstlos?«
»Länger als ich«, antwortete Zia.
Sie sah toll aus – ruhig und ausgeruht. Ihr frisch gewaschenes Haar war hinter die Ohren gekämmt, sie trug ein sauberes ärmelloses weißes Kleid, das ihre schimmernde bronzefarbene Haut super zur Geltung brachte.
Vermutlich habe ich sie ziemlich penetrant angestarrt, sie senkte jedenfalls den Blick und lief rot an.
»Es ist drei Uhr nachmittags«, sagte sie. »Ich bin seit zehn Uhr wach.«
»Du siehst –«
»Besser aus?« Sie zog angriffslustig die Augenbrauen hoch. »Du hast die ganze Aufregung verpasst. Ich habe versucht zu kämpfen. Ich habe versucht zu fliehen. Das hier ist unser drittes Hotelzimmer.«
»Das erste ist in Brand geraten«, erklärte Bes.
»Das zweite ist in die Luft geflogen«, ergänzte Walt.
»Wie oft soll ich noch wiederholen, dass es mir leidtut?« Zia runzelte die Stirn. »Deine Schwester hat mich auf jeden Fall irgendwann beruhigt.«
»Wozu ich etliche Stunden gebraucht habe«, sagte Sadie, »und meine gesamten diplomatischen Fähigkeiten.«
»Du besitzt diplomatische Fähigkeiten?«, fragte ich.
Sadie verdrehte die Augen. »Als ob du das mitbekommen würdest, Carter!«
»Deine Schwester ist ziemlich intelligent«, mischte sich Zia ein. »Sie hat mich davon überzeugt, mit meinem Urteil über deine Pläne zu warten, bis du wieder wach bist und wir reden können. Sie kann einen wirklich rumkriegen.«
»Danke«, meinte Sadie selbstgefällig.
Als ich die beiden anstarrte, überkam mich ein Gefühl der Angst. »Ihr kommt miteinander klar? Ihr könnt unmöglich miteinander klarkommen! Du und Sadie könnt einander nicht ausstehen!«
»Das war ein Uschebti, Carter«, erklärte Zia, obwohl sie noch immer knallrot im Gesicht war. »Ich finde Sadie … großartig.«
»Siehst du?«, sagte Sadie. »Ich bin großartig!«
»Das ist ein Albtraum.« Als ich mich aufsetzte, rutschten die Decken herunter und ich stellte fest, dass ich einen Pokémonschlafanzug trug.
»Sadie«, sagte ich. »Ich dreh dir den Hals um.«
Sie klimperte unschuldig mit den Wimpern. »Der Straßenhändler hat uns dafür einen wirklich guten Preis gemacht. Walt fand, dass der Pyjama dir gut stehen würde.«
Walt hob die Hände. »Ich hab immerhin noch versucht, mich für dich einzusetzen.«
Bes schnaubte, dann ahmte er ziemlich gekonnt Walts Stimme nach: »›Nimm wenigstens einen extragroßen mit Pikachu.‹ Carter, dein Zeug liegt im Badezimmer. Spielen wir jetzt Senet oder nicht?«
Ich stolperte ins Badezimmer und war erleichtert, dort normale Klamotten vorzufinden – saubere Unterwäsche, Jeans und ein T-Shirt
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