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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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überließ nur wenig der Fantasie des Betrachters. Die hochgesteckten Haare mit den in Kaskaden herabfallenden Locken umschmeichelten Hals und Schultern. Im Spiegel sah ich größer aus, als ich in Wirklichkeit war, würdevoller, eleganter. Und doch fühlte ich mich irgendwie verkleidet. Wie für eine Rolle …
    Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Ginevra mein blaues Kleid in den Kamin warf. Es fing sofort Feuer und brannte lichterloh. Eines war sicher: Jetzt konnte ich nicht mehr zurück!
    Während Ginevra mir Maddalenas Schatulle mit dem Schmuck zeigte, den meine Cousine nach ihrer Hochzeit zurückgelassen hatte, und ich ein Halsband mit funkelnden Diamanten auswählte, erläuterte sie mir die täglichen Gepflogenheiten im Palazzo: »Die Familie nimmt das Frühstück nur selten gemeinsam ein. Seine Exzellenz steht oft schon vor dem Morgengrauen auf, während sein Sohn Piero sich erst gegen Mittag erhebt. Das erste gemeinsame Mahl der Familie ist das Abendessen, das nach Sonnenuntergang serviert wird. Oft sind ein Dutzend oder mehr Tischgäste eingeladen.«
    »Wohnen zurzeit Gäste im Palazzo?«, fragte ich, während Ginevra mir das Diamantkollier umlegte.
    »Der Gesandte des Regenten von Mailand residiert mit seinem Gefolge für einige Tage im Gästetrakt«, erwiderte Ginevra, während sie in der Schatulle nach dem passenden Saphirring suchte.
    »Ich habe ihn noch nicht kennen gelernt«, sagte ich. »Er war gestern nicht beim Abendessen im Speisesaal …«
    Ginevra wandte verlegen den Blick ab. »Der Conte zog es vor, in seinem Schlafzimmer zu speisen.«
    Ich musste nicht weiter fragen, um zu ahnen, dass Ginevra ihm während des Essens und der süßen Stunden danach Gesellschaft geleistet hatte. Dass die Hausherren die Mädchen in ihre Betten befahlen, war üblich – aber dass die Gäste sich dasselbe Vorrecht herausnahmen, empfand ich als ungewöhnlich.
    »In den nächsten Wochen werden noch weitere Gäste erwartet: eine Gesandtschaft des Dogen von Venedig, der Conte von Concordia und die Freunde des Magnifico von der Platonischen Akademie …«, zählte Ginevra an den Fingern ihrer Hand auf. »Es wird während der nächsten Wochen fast jeden Tag ein Bankett mit Musik und Tanz geben. Und an Weihnachten wird Kardinal Giovanni nach Hause kommen …«
    Ich bat Ginevra, Amerigo eine handschriftliche Nachricht von mir zukommen zu lassen, damit er sich keine unnötigen Sorgen um mich machte. Dann ging ich hinunter zum Speisesaal, um zu frühstücken, in der Hoffnung, dass Piero sich noch nicht erhoben hatte. Lorenzo hatte gesagt, dass er mit mir sprechen wollte. Ich hielt es für das Beste, diese Unterredung hinter mich zu bringen, bevor Piero zum Frühstück erschien.
    »Ist Seine Exzellenz schon aufgestanden?«, fragte ich einen Diener, der neben der Tür zum Speisesaal stand. Bereits beim Abendessen war mir aufgefallen, dass die Dienerschaft die unglaubliche Fähigkeit besaß, sich unsichtbar zu machen. Lorenzos Familie und seine Gäste speisten allein – ohne Heerscharen von Bediensteten, die bei Tisch aufwarteten. Aber sie waren da, wenn sie gebraucht wurden – ohne einen Wink oder ein Händeklatschen.
    »Seine Exzellenz frühstückt.« Der Lakai öffnete mir die Tür des Speisesaals, und ich trat ein. Überrascht blieb ich stehen – ich hatte erwartet, mit Lorenzo allein zu sein.
    Bei ihm am Tisch saß ein Mann in einer mit Edelsteinen bestickten Brokatjacke mit Hermelinbesatz. Die kostbare Kleidung des Fremden und sein Smaragdring schimmerten in den leuchtenden Farben eines Pfaus, und er schien sich wie einer dieser stolzierenden Vögel darin zu gefallen, sich größer zu machen, als er war: mit einer wippenden Feder am schwarzen Samtbarett und Haaren, die ihm bis auf die Schultern fielen.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, murmelte ich und wollte schon den Rückzug antreten, um Lorenzo nicht bei einem augenscheinlich offiziellen Termin zu stören.
    » Buon giorno , Caterina«, begrüßte mich Lorenzo und winkte mich zum Tisch. »Setz dich zu uns!«
    Während der Fremde sich höflich erhob, um mir beim Hinsetzen zu helfen, machte Lorenzo uns bekannt: »Caterina, ich möchte dir Giovanni Sforza vorstellen, den Neffen des Regenten Ludovico Sforza von Mailand. Der Conte von Pesaro ist für einige Tage als Gesandter seines Onkels in Florenz. Euer Gnaden, das ist meine Nichte Caterina, die Tochter meines verstorbenen Bruders.«
    Lorenzo stellte mich in einem Tonfall vor, als müsste der Conte bereits von mir

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