Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
schneller, unerschrockener, aber was sollte ich gegen diese beiden Verrückten ausrichten? Ich musste verhindern, dass sie sich gegenseitig umbrachten! Aber wie?
Der Pfeil! Ich musste die Armbrust finden!
Ich sprang zu einer Truhe vor dem offenen Fenster und öffnete sie. Es lagen nur ein paar Bücher darin. Dann lief ich an den Ringenden vorbei zum breiten Bett und schlug die zerwühlte Brokatdecke zurück. Dort, unter dem Bett, lag die Armbrust. Sie war geladen und gespannt, aber ein Pfeil fehlte. Also doch! Alfonso hatte auf Cesare geschossen, um ihn zu töten. Ich war fassungslos. Was taten sie einander an? Und wozu?
Mit der Armbrust in der Hand trat ich zu den beiden Kämpfenden. Ich legte Cesare die Hand auf die Schulter, und tatsächlich hielt er für einen Augenblick irritiert inne.
»Hast du auf Cesare geschossen?«, fragte ich Alfonso, der schwer atmend am Boden lag. Ein gewaltiger Donner übertönte fast meine Frage. Ich reichte Alfonso die Hand, um ihm auf die Beine zu helfen. Schwankend richtete er sich auf, hielt sich an mir fest. Seine Wunde am Bein hatte wieder zu bluten begonnen.
Er antwortete mir nicht, sah mich nur mit einem unendlich traurigen Blick an, der zu sagen schien: Misch dich nicht ein, Caterina. Du kannst das Unvermeidliche nicht aufhalten. Du verletzt dich nur selbst, wenn du es versuchst.
Da Alfonso schwieg, wollte Cesare, der sich ebenfalls erhoben hatte, wieder auf ihn losgehen, aber ich hielt ihn mit ausgestrecktem Arm auf. »Sancha?«, fragte ich scharf. »Hat dein Bruder diesen Pfeil abgeschossen?«
»Ich weiß es nicht!«, rief Alfonsos Schwester. »Ich bin eben erst gekommen. Alfonso hat fest geschlafen, als ich vor einer Stunde nach ihm sah …«
Ein heißer Windstoß, der direkt aus der Hölle zu kommen schien, fegte durch den Raum, gefolgt von einem gewaltigen Donnerhall. Das Gewitter kam immer näher.
» Geschlafen? Du warst wohl müde von letzter Nacht. Caterina kann manchmal sehr anstrengend sein. Hat sie deine Kräfte heute Nacht im Bett überfordert?«, höhnte Cesare und stieß Alfonso von sich. Er taumelte rückwärts gegen mich und hätte mich fast umgerissen.
Entsetzt starrte ich Cesare an. Glaubte er im Ernst, ich wäre in der letzten Nacht mit Alfonso im Bett gewesen?
Lucrezia rannte panisch aus dem Raum, um ihren Vater um Hilfe gegen den verrückt gewordenen Bruder zu bitten. Sancha folgte ihr mit einem angsterfüllten Blick in Rodrigos Schlafzimmer.
Ich stand hinter Alfonso und wollte ihn von Cesare wegziehen, aber der kam drohend immer näher, bis ich stolperte und Alfonso mit mir auf das Bett riss. Er lag hilflos auf mir, schlug um sich, und ich konnte mich unter ihm nicht bewegen.
Cesare ragte über uns auf wie der heraufziehende Gewittersturm, der alles mit sich reißt, was sich ihm in den Weg stellt. Draußen zuckten die ersten Blitze über Rom, rissen die Sturmböen an den offenen Fensterläden, hier drinnen waren wir unseren Gefühlen hilflos ausgeliefert.
Noch während Alfonso sich zu erheben versuchte, ließ Cesare sich auf ihn fallen und drückte ihn nieder. Unter dem Gewicht von zwei Männern rang ich nach Atem, schrie ihn an, von Alfonso abzulassen, aber er lächelte nur.
Ängstlich rief ich: »Cesare! Komm zur Vernunft!« Ich brüllte ihn an, trat nach ihm, als er nicht aufhörte, auf Alfonso einzuschlagen, bis er sich kaum noch wehrte. Jeder seiner brutalen Schläge in Alfonsos blutüberströmtes Gesicht drang durch meinen Körper.
Alfonso lag halb auf mir, sein Kopf ruhte an meiner Schulter. Blut lief über seine Lippen und tropfte auf die weiße Seide meines Hemdes. Er stöhnte vor Schmerz.
Ein Blitz erhellte Cesares Gesicht. Mit einem Furcht erregenden Lächeln kniete er über unseren Körpern. Dann schlang er seine Arme um Alfonso, als sei er zur Besinnung gekommen, als wollte er dem Gestürzten aufhelfen. Alfonso wollte sich wehren, doch er hatte keine Chance.
»Der Narr hatte seinen Auftritt«, sagte Cesare in das Donnergrollen hinein. »Es war eine würdelose Inszenierung, die mich kein bisschen amüsiert hat. Der Narr kann gehen.«
Cesare riss Alfonsos Kopf herum, presste sein Gesicht in die Kissen und brach ihm mit einem gewaltigen Ruck das Genick. Sein Rückgrat zerbrach wie der Ast eines Baumes unter der Gewalt eines Sturmes.
Mit einem grauenhaften Röcheln hauchte Alfonso an meiner Schulter sein Leben aus.
Er war tot!
Rodrigo, auf Lucrezia und Sancha gestützt, stolperte in den Raum. Er war schweißüberströmt,
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