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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Kronprinzen von Florenz, aufnehmen konnte. Piero tat mir Leid, wenn er seine Vorherrschaft als Lorenzos ältester Sohn durch mich bedroht sah und wenn er es für unerlässlich hielt, mich mit Ironie und Sarkasmus auf den mir zustehenden Platz in der dritten Reihe hinter Lorenzo und sich selbst zu verweisen.
    Pieros Gemahlin, die Römerin Alfonsina Orsini, schien sich mit ihrem Platz abgefunden zu haben. Alfonsina war eine Cousine von Pieros Mutter Clarice und von Virginio, dem Oberhaupt der Orsini. Sie hatte den Stolz und die Überheblichkeit eines alten römischen Adelsgeschlechts geerbt, nicht jedoch die notwendige Intelligenz, um eines Tages als Prima donna von Florenz an Pieros Seite zu stehen.
    Mein Bruder Giulio, der am Tisch neben mir saß, spürte meine Anspannung. Er legte mir die Hand auf den Arm: Ich sollte mich von Pieros Sticheleien nicht herausfordern lassen. Noch vor einer Stunde hatte Giulio nicht gewusst, wie er auf meine Anwesenheit im Palazzo reagieren sollte. Er hatte mich umarmt und auf die Wange geküsst, als wären wir zusammen aufgewachsen, als hätten wir uns nicht gerade erst kennen gelernt. Seine Lippen hatten gelächelt – und doch war da ein Ausdruck in seinen Augen gewesen, den ich nicht gleich deuten konnte: ein vages Gefühl nur – war es Traurigkeit? Oder Mitleid?
    Piero war Giulios Geste, die mich zur Zurückhaltung ermahnen sollte, nicht entgangen. »Und das erste Buch, das du gelesen hast, war vermutlich Plinius’ Historia Naturalis «, fuhr er fort, als sei ein solch bedeutendes Werk keine angemessene Lektüre für eine Frau, als würde er mir nicht zutrauen, auch nur die Einleitung in lateinischer Sprache zu verstehen.
    Wenn Piero glaubte, dass ich meine Bildung besser auf Francesco Petrarcas Sonette beschränken sollte, weil die Naturwissenschaft meinen Verstand überstieg, hatte er sich in mir getäuscht! Ich musste ihm widersprechen, denn es ärgerte mich, dass er mit seiner Vermutung Recht hatte – ich hatte Plinius gelesen, als ich neun Jahre alt war. Amerigo hatte mir Latein mit der Weidenrute beigebracht.
    »Nein, Piero: Mein erstes Buch war Marco Polos Reisebeschreibung von China und Indien«, korrigierte ich meinen Cousin mit einem charmanten Lächeln. Dass ich mit diesem Buch lesen gelernt hatte, verriet ich ihm nicht.
    »Wozu liest eine junge Frau Marco Polo?«, plusterte sich Piero auf, um sein schützendes Gefieder neu zu ordnen. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, zupfte er wie gelangweilt an den Brokatärmeln seiner Jacke herum. »Du wirst doch nie in deinem Leben die Stadtmauern von Florenz verlassen. Außer Lorenzo verheiratet dich mit einem Orsini in Rom oder einem Sforza in Mailand, um ein neues Bündnis zu schließen.«
    »Piero!«, ermahnte Lorenzo seinen Sohn scharf. »Caterina ist noch keine zwei Stunden deine Cousine, und schon beunruhigst du sie mit der Erwähnung ihrer Eheschließung.«
    »Ich bin nicht beunruhigt …«, begann ich.
    Doch Piero unterbrach mich, scheinbar unbeeindruckt vom Zorn seines Vaters: »Lorenzo, hast du nicht selbst gestern von der Bedeutung der Beziehungen zwischen Florenz und Mailand gesprochen? Hat der mailändische Botschafter heute Nachmittag nicht von Ludovico il Moros Wunsch gesprochen, die Familien Medici und Sforza enger zu verbinden, um den Frieden und die Freundschaft zwischen dem Herzogtum Mailand und der Republik Florenz zu garantieren? Hast du ihm gegenüber nicht dein Bedauern geäußert, dass du neben Lucrezia, Maddalena und Contessina keine weitere Tochter hast, die du mit einem Sforza verheiraten könntest?«
    »Ich danke dir für die Belehrung, Piero, aber ich bin nicht senil. Noch nicht«, entgegnete Lorenzo in einem Tonfall, der mich frösteln ließ. »Du dagegen scheinst vergessen zu haben, dass ich keinen Unterschied zwischen legitimen und illegitimen Kindern mache. Tommaso Inghirami, der zusammen mit deinem Bruder Giovanni in Pisa studiert, Bernardo da Bibbiena und Michelangelo Buonarroti sind keine Medici. Trotzdem sind sie wie Mitglieder unserer Familie. Wie Angelo.« Lorenzo deutete auf seinen Freund Angelo Poliziano. Piero verzog die Lippen, aber sein Vater fuhr fort: »Und ich mache schon gar keinen Unterschied zwischen meinen eigenen Kindern und denen meines Bruders Giuliano. Das galt für Giulio ebenso, wie es für Caterina gilt! Habt ihr mich verstanden?«
    »Ja, Lorenzo«, nickten Giulio und Giuliano.
    »Dann war es ja ein glücklicher Zufall, dass Caterina in dem Augenblick im Palazzo

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