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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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mir zu Giulianos Bronzebüste hinüberzugehen.
    Im Licht der flackernden Kerzen verglich er meine Gesichtszüge mit denen seines Bruders. Die Augen, die Nase, die Lippen. Mit der Hand strich er mir ein paar widerspenstige Haare aus der Stirn, um das Profil zu vergleichen. Schließlich ließ er die Hand sinken und zog mich an sich. Er umarmte mich und hielt mich fest, als wollte er um jeden Preis verhindern, dass ich so schnell aus seinem Leben verschwand, wie ich hineingeraten war:
    Ich, Caterina de’ Medici.

    »… und als mein Stiefvater Marco Vespucci nach der Pazzi-Verschwörung gegen Lorenzo und Giuliano aus Florenz verbannt worden war, wurde ich meinem Cousin Amerigo anvertraut«, setzte ich eine Stunde später meinen Bericht über meine Kindheit im Hause Vespucci fort. »Amerigo arbeitete damals schon im Kontor des Medici-Unternehmens, während seine beiden älteren Brüder die Universitäten von Florenz und Bologna besuchten und sich nicht um die Stieftochter ihres verbannten Cousins Marco kümmern konnten.« Oder wollten, fügte ich im Stillen an.
    Die Familie Medici saß beim Abendessen im Bankettsaal. Die lange Tafel war an einem Ende gedeckt, das kostbare Tafelsilber und die Weingläser aus Empoli funkelten im Kerzenschein, aber das Essen, das die Diener auftrugen, war einfach: Brot, Wurst, Käse, Oliven und Rotwein.
    An diesem Abend war keiner der üblichen Gäste anwesend – Lorenzo bewirtete in seinem Palazzo regelmäßig ein Dutzend oder mehr Personen, die ohne Rücksicht auf Rang und Stand und ohne jede höfische Förmlichkeit nebeneinander an seiner Tafel saßen: Botschafter, Professoren, Künstler und seine Freunde von der Platonischen Akademie. Von diesen Freunden war an diesem Abend nur Angelo Poliziano anwesend, der Erzieher von Lorenzos Söhnen. Er wohnte im Palazzo Medici. Die anderen – wie der Gesandte aus Mailand, der im Gästetrakt logierte – hatten sich wegen Lorenzos schlechtem Gesundheitszustand höflich entschuldigen lassen.
    »Amerigos Vater war vor der Pazzi-Verschwörung der Notar der Medici. Ich kenne Amerigo gut«, warf Lorenzo ein – er hatte darauf bestanden, dass ich ihn so und nicht anders nannte. Er hasste die Anrede Magnifico Lorenzo und verbot seinen Kindern und Freunden, ihn anders als bei seinem Namen zu nennen. Was mich aber noch mehr erstaunte, war der vertraute Umgang innerhalb der Familie: Die Söhne sprachen den Herrn von Florenz mit dem vertrauten Du an, als wäre der Vater ihr bester Freund.
    »Amerigo ist zwei Jahre jünger als ich«, fuhr Lorenzo fort, während er sich eine Scheibe Ziegenkäse auf das noch warme Haselnussbrot legte. »Wir hatten einige Jahre lang dieselben Lehrer, unter vielen anderen den berühmten Astronom und Kartenzeichner Paolo Toscanelli. Amerigo war erst vor wenigen Wochen bei mir, um mich um Geld für eine Expedition nach Indien zu bitten. Ich habe ihn weggeschickt.«
    »Weil er nach Westen segeln will, um nach Indien und China zu gelangen?«, fragte ich. Wie oft hatte ich mit Amerigo über seinen Traum gesprochen, zur See zu fahren, um Toscanellis These zu beweisen, dass die Erde rund ist und der kürzeste Weg nach Indien nach Westen führt!
    »Nein, nicht deshalb, denn ich kenne Toscanellis Weltkarte«, widersprach Lorenzo. »Sondern weil ich keinen Fiorino übrig habe, um seine Expedition auszustatten. Erst vor wenigen Wochen sind drei Schiffe meiner Flotte in einem Sturm vor Alexandria gesunken – mit der Ladung.«
    »Da du, Caterina, im Hause Vespucci mit Seekarten, Astrolabien und nautischen Instrumenten aufgewachsen bist, hättest du doch sicher Lorenzos Schiffe aus dem Sturm heraussegeln können«, stellte Piero fest. Er hatte sich auf seinem Sessel zurückgelehnt, stemmte das Knie gegen die Tischkante und imitierte mit seinem Stuhl den Seegang an Bord eines Schiffes.
    Wie sollte ich auf Pieros höhnische Bemerkung reagieren? Als Lorenzo mich vor einer Stunde seinen Söhnen Piero und Giuliano und seinem Neffen Giulio vorstellte, hatte mein Cousin mich nur mit einem verächtlichen Blick bedacht. Meine Anwesenheit im Palazzo missfiel ihm, und er gab sich nicht die geringste Mühe, seinen Widerwillen hinter einem Lächeln zu verbergen.
    Während des Abendessens hatte ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestanden – doch das war für Piero nicht das Schlimmste gewesen. Eine meiner Verfehlungen war es, nicht dumm zu sein. Aber mein größter Fehler war zu wissen , dass ich nicht dumm war. Dass ich es jederzeit mit ihm, dem

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