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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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heran.
    »Rasch runter!« rief sie ihm zu. »Hier ist dein Napoleon!«
    Der Soldat saß ab. Fabrizzio schwang sich frohgemut in den Sattel. Die Marketenderin schnallte den kleinen Mantelsack vom Klepper ab.
    »Helft mir doch, Kerle!« rief sie den Soldaten zu. »Läßt man eine Dame sich so schinden?«
    Kaum spürte das Beutepferd den Mantelsack auf seinem Rücken, als es zu bocken begann, so daß Fabrizzio, der ein sehr guter Reiter war, alle Mühe hatte, seiner Herr zu werden.
    »Ein gutes Zeichen!« meinte die Marketenderin. »Der Mosjö ist das Kitzeln vom Mantelsack nicht gewohnt.«
    »Ein Generalspferd!« rief der Soldat, der das Pferd verkauft hatte. »Unter Brüdern zehn Napoleons wert!«
    »Du hast deine zwanzig Franken!« sagte Fabrizzio, wenig erbaut, ein Pferd zwischen den Schenkeln zu haben, das bockte.
    Da schlug eine Kanonenkugel schräg in die Weidenreihe ein, und Fabrizzio sah das sonderbare Schauspiel, wie ganze Weidenäste rechts und links wie abgemäht wegflogen.
    »Schau, schau! Der Tanz kommt näher!« meinte der Soldat, seine zwanzig Franken einsteckend. Es mochte zwei Uhr sein.
    Fabrizzio hatte sich von seiner Verwunderung über das sonderbare Schauspiel noch nicht erholt, als ein Stab von Generalen und hinterdrein vielleicht zwanzig Husaren schräg über das Wiesenstück vor ihnen galoppiert kamen. Fabrizzios Pferd wieherte, stieg zwei- oder dreimal hintereinander und schlug mehrmals heftig mit dem Kopfe, als wolle es sich vom Zügel losmachen.
    »Na, denn los!« frohlockte Fabrizzio.
    Als sich das Tier frei fühlte, ging es in Karriere los und schloß sich den Reitern hinter den Generalen an. Fabrizzio zählte vier goldbetreßte Hüte. Nach einer Viertelstunde wußte er aus dem Gespräch, das eine der Ordonnanzen mit ihrem Nebenmann führte, daß einer der Generale der berühmte Marschall Ney war. Fabrizzio war überglücklich; nur wußte er nicht, welcher von den vier Generalen der Marschall Ney war. Er hätte alles in der Welt darum gegeben, es zu erfahren, aber es fiel ihm wieder ein, daß er nicht sprechen durfte.
    Der Stab wurde durch einen breiten Graben aufgehalten, der infolge des gestrigen Regengusses unter Wasser stand. Er war umsäumt von hohen Bäumen und begrenzte das Wiesenland, an dessen anderem Ende Fabrizzio das Pferd gekauft hatte. Die Husaren waren fast alle abgesessen. Die Grabenböschung war steil und sehr schlüpfrig, und der Wasserspiegel lag drei oder vier Fuß tiefer als der Wiesenplan. Fabrizzio dachte in seiner Freude und Zerstreutheit mehr an den Marschall Ney und an Heldentum als an seinen Gaul, der, übermütig, wie er war, in den Graben hineinsprang, so daß das Wasser hoch aufspritzte. Einer der Generale wurde über und über bespritzt und rief fluchend: »Der Teufel hole das verdammte Biest!«
    Fabrizzio fühlte sich durch dieses Schimpfwort gekränkt. ›Kann ich mir Genugtuung verschaffen?‹ fragte er sich. Um jedoch zu zeigen, daß er nicht ungeschickt sei, versuchte er mit seinem Pferd, den jenseitigen Grabenrand hinaufzuklettern; aber der war steil und fünf bis sechs Fuß hoch. Fabrizzio mußte es aufgeben und ritt nun flußauf. Sein Pferd sank bis zum Kopf ins Wasser. Endlich fand er eine Art Tränke, wo die Grabenböschung sanft anstieg. Dort gewann er leicht das jenseitige Feld und war der erste des Stabes, der drüben auftauchte. Stolz trabte er am Rand entlang. Die Husaren mühten sich in arger Bedrängnis ab; an vielen Stellen war der Wassergraben fünf Fuß tief. Zwei oder drei Pferde wurden ängstlich und wollten schwimmen, wodurch ein gräßliches Geplätscher entstand. Ein Wachtmeister hatte das Manöver des Grünschnabels, der so wenig militärisch aussah, beobachtet.
    »Weiter hinauf! Links ist eine Schwemme!« rief er. Nach und nach kamen alle hinüber.
    Als Fabrizzio am anderen Ufer anlangte, fand er drüben nur die Generale. Der Kanonendonner war noch stärker geworden. So hörte er kaum, daß der General, den er so bespritzt hatte, ihn anherrschte: »Woher hast du das Pferd?«
    Fabrizzio war dermaßen verwirrt, daß er auf italienisch antwortete: »L'ho comprato poco fa!« (Das habe ich soeben gekauft!)
    »Was sagst du?« schrie der General.
    Aber der Schlachtenlärm ward jetzt so heftig, daß Fabrizzio ihm nicht antworten konnte. Wir gestehen, daß unser Held in diesem Augenblick sehr wenig Held war. Jedoch kam die Angst bei ihm erst in zweiter Linie; er war vor allem betäubt von dem Getöse, das seinem Ohr weh tat.
    Der ganze Stab

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