Die Karte der Welt (German Edition)
es ging. Als er fertig war, riss er sein Hemd in Streifen, verband die Wunden damit und knotete die Stoffbahnen auf Kravens Rücken zusammen.
»Du hast die Hände eines Chirurgen«, sagte Arkh.
»Die Haut müsste wieder festwachsen«, erklärte Wex. »Und unser Freund wird eine aufregende Geschichte zu seinen Narben erzählen können.«
»Du bist ein Wunder.«
»Das ist kein Wunder. Eher eine Art Flickwerk.«
»Ich sagte, du bist ein Wunder«, berichtigte Arkh. »Selbst dem anständigsten Menschen hätte man keinen Vorwurf machen können, wenn er ihn zurückgelassen hätte.«
»Du hast ihn getragen. Du bist genauso ein Wunder wie ich.«
»Ich bin kein Mensch.«
»Das ist alberne Wortklauberei«, protestierte Wex. »Ich glaube sogar, diese Spitzfindigkeiten machen dir Spaß. Aber bei dir kann ich das nie genau sagen. Beunruhigend, irgendwie.«
Arkhs Zunge schnellte vor. »Wir müssen los.«
Eine Stunde später hatten sie die anderen eingeholt, genau wie Arkh gesagt hatte. Sie hatten den Fluss überquert, danach waren die Spuren Richtung Westen verlaufen, weg von den Bäumen, die entlang des Ufers wuchsen, und hinaus über die offenen Wiesen, die sie zurück zum Walther bringen würden. Arkh hatte nicht einmal seine Nase gebraucht, um der Fährte zu folgen, so deutlich waren die Abdrücke zu erkennen gewesen.
Die Gruppe hatte auf freiem Feld eine Pause eingelegt, wo sie dicht zusammengekauert im Gras hockten. Wex sah sie als Erster. »Da!«, rief er.
»Warum haben sie keine Wache aufgestellt, die nach Düsterlingen Ausschau hält, während sie Rast machen?«, fragte sich Arkh verwundert.
Als sie näher kamen, hörten sie laute Stimmen. Zornige Stimmen. Sie schrien. Es waren nicht die Stimmen einer Gruppe, die versuchte, still und leise einer ganzen Armee von Verfolgern zu entschlüpfen.
Wex und Arkh erreichten die Gruppe, ohne dass jemand auf sie aufmerksam geworden wäre, hüteten sich jedoch, den Soldaten einfach von hinten auf die Schulter zu klopfen, weil sie kein Schwert in den Bauch gerammt bekommen wollten.
»Heda!«, rief Arkh, als sie nur noch wenige Schritte entfernt waren.
Die Gruppe stand in einem engen Kreis beisammen. Etwas lag in ihrer Mitte auf dem Boden.
Fretter blickte auf. Er hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt, doch als er sie bemerkte, hellte sich seine Miene ein wenig auf. »Ah! Endlich einmal gute Nachrichten.«
Die anderen drehten die Köpfe und sahen einen hemdlosen Wex, daneben Arkh, der Kraven wie einen Sack Getreide über der Schulter trug.
Brynns Mundwinkel hoben sich gerade zu einem Lächeln, da kam Adara schon auf Wex zugesprungen und schloss ihn in eine wilde Umarmung. Beinahe wäre Wex von dem Aufprall nach hinten umgefallen. Doch leider blieb keine Zeit, den Druck ihres geschmeidigen Körpers auf seiner nackten Haut zu genießen, denn über Adaras Schulter hinweg sah Wex nur zu deutlich, dass der Rest der Gruppe alles andere als glücklich war.
Brynns Lächeln und Fretters Erleichterung waren schnell wieder verschwunden. Selbst Spragg schien weniger erfreut, ihn am Leben zu sehen, als Wex es erwartet hatte.
»Was ist los?«, fragte Wex, ohne sich aus Adaras Armen zu lösen. Am liebsten wäre es ihm gewesen, sie hätte ihn auf ewig so umklammert, aber irgendetwas Ungutes war hier im Gange. Zögernd befreite sich Wex aus der Umarmung und trat auf die Gruppe zu.
Die Soldaten gingen ein Stück zur Seite und gaben den Blick frei auf zwei am Boden liegende gefesselte Gestalten. Curdwell und Alver standen mit gezogenen Schwertern neben ihnen.
Wex schnappte nach Luft. Es waren Pinch und Mungo.
Der Dieb war verdreckt und völlig zerschunden. Hässliche rote Striemen und blaue Flecken überzogen sein Gesicht. Seine Lippen waren aufgeplatzt und bluteten. Mungo sah nicht ganz so schlimm aus, aber eins seiner Augen war halb zugeschwollen.
Wex blickte Fretter fragend an. »Habt Ihr sie aus den Händen irgendwelcher Feinde befreit?«
Fretter schüttelte grimmig den Kopf. »Ich werde gleich berichten, was mit ihnen geschehen ist«, erwiderte er, »aber erzähl du uns zuerst deine Geschichte.«
Eilig erklärte Wex, wie Arkh ihn gefunden hatte und sie gemeinsam Kraven gerettet hatten. Was er Schlitzer gesagt hatte, ließ er vorsichtshalber erst einmal weg und berichtete stattdessen, wie Kraven sich zwar tapfer gehalten, aber unter schrecklichen Schmerzen schließlich doch Wex’ Identität preisgegeben hatte.
Fretter und die anderen blickten immer wieder zu dem Magier
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