Die Karte der Welt (German Edition)
du sterben«, keuchte Kraven. »Und es wird ein schmerzhafter Tod.«
Schlitzers wütendes Knurren wurde zu einem entsetzten Kreischen. Panisch griff er sich an die Schulter, wirbelte herum und rannte schreiend in den Wald.
Wex’ Kopf fuhr herum. Er suchte nach Vill und fand ihn oben am Hang stehend, weitab von allem Kampfgetümmel. Einen stämmigen Düsterling an der Seite, beobachtete er den Verlauf der Schlacht. Die Soldaten waren alle beschäftigt: Hoffnungslos in Unterzahl kämpften sie ums nackte Überleben. Verda hockte auf ihrem Baum und zeigte kein Interesse an den Angelegenheiten der Menschen.
Nur Kraven war in Wex’ Nähe, und dann plötzlich auch Brynn. Sie hatte sich durch das Chaos bis zu ihnen durchgekämpft. Nirgendwo konnte Wex ein Fleckchen entdecken, wo sie in Sicherheit wäre. Er nahm ihre Hand und deutete auf Vill.
Brynn nickte, und er führte sie den Hang hinauf, weg vom Schlachtfeld und hinter ihrem gemeinsamen Feind her.
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Vollkommen ruhig beobachtete Vill, wie sie über das frische Frühlingsgras den Hang hinauf näher kamen. Seinen Bogen spannte er erst, als sie nur noch dreißig Schritte entfernt waren. Wie eine Schlange, die bereit ist, jeden Moment zuzubeißen, lag der scharfe Pfeil auf der Sehne. Der schweinsgesichtige Düsterling hielt seine Keule bereit.
»Meine Düsterlinge sind zahlreich, aber es mangelt ihnen an Disziplin, sobald ich sie nicht mehr unmittelbar befehlige. Es dürfte interessant werden zu sehen, wer gewinnt«, sagte er nüchtern, als Wex, Brynn und Kraven in Hörweite waren.
Wex bemerkte, dass er noch drei weitere Pfeile im Köcher hatte. Genug, um sie zu töten.
»Der Drache wird sie alle umbringen«, versuchte Wex ihn einzuschüchtern. »Euch und alle Eure Bestien. Ruft sie zurück.«
»Du hast keine Kontrolle über das Ungeheuer«, erwiderte Vill ungerührt. »Soweit ich sehe, verteidigt es lediglich seinen Baum. Eine kleine, unglückliche Wendung für mich, aber keine Niederlage.«
»Die Karte«, sagte Kraven. »Ihr könnt damit nichts anfangen.«
»Ich kenne diese Karte. Sie hing im Palast. Kryst legte größten Wert auf sie. Ich werde sie ihm wegnehmen.«
»Ihr hasst ihn«, mischte sich Brynn unvermittelt ein.
Vill senkte den Bogen um eine halbe Handbreit und starrte Brynn von Kopf bis Fuß an, als hätte er noch nie eine Frau gesehen. Einen Moment lang glaubte Wex sogar, so etwas wie eine Gemütsregung in seinem Gesicht zu entdecken, ein Lächeln vielleicht oder ein Stirnrunzeln. Doch als er sprach, war es wieder verschwunden.
»Er hat mich in diese Berge gejagt und meine Frau gestohlen. Ich habe allen Grund, ihn zu hassen. Aber ich kann nicht.« Vill überlegte. »Ich werde ihn töten, dann werde ich weitersehen. Doch zuerst werde ich eure kleine Streitmacht dort unten besiegen. Eber! Die Truppen brauchen meine Kommandos. Ruf sie zu einer Schlachtreihe zusammen, und hol die drei Riesen aus ihren Verstecken zwischen den Bäumen.«
Wex dachte über Vills seltsame Geschichte nach. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Nach Kravens Berechnungen stammt Ihr aus einer Zeit, die vier Jahrzehnte zurückliegt!«, keuchte er.
»Das ist kein Geheimnis«, erwiderte Vill, den Blick auf den unvermindert tobenden Kampf gerichtet.
Aus dem Augenwinkel sah Wex, wie die Reiter die Düsterlinge umkreisten und vor sich hertrieben, während ein dicht gedrängter Pulk Soldaten sich durch die in vollkommener Auflösung befindlichen Reihen hieb und stach. Vill hatte recht: Sie waren auf seine Kommandos angewiesen. Andernfalls war die Schlacht ausgeglichen, trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der Düsterlinge. Doch sobald dieser Eber Vills Befehle überbracht und die Riesen hinzugeholt hatte, würde das Kräfteverhältnis wieder ganz anders aussehen.
»Ihr seid genau zu der Zeit verschwunden, als Arkh gezeugt wurde«, sagte Wex.
»Geh, Eber …«
»Seine Mutter hieß Annika.«
Vill verstummte abrupt und fragte dann: »Annika?«
»Die Adlige, die Skye verließ, um nach ihrem verschollenen Mann zu suchen.«
»Nicht meine Annika?« Wie vom Donner gerührt ließ Vill den Bogen sinken.
Wex wusste, jetzt oder nie. »Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Frauen mit demselben Namen zur gleichen Zeit in denselben Bergen ihren Gatten suchen?«, fragte er.
Vills Lippen begannen zu zucken, als versuche er, ein Gefühl von Schmerz zum Ausdruck zu bringen, und wüsste nicht mehr, wie das geht. Seine Augen wurden feucht. »Sie hat nach mir gesucht
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