Die Karten des Boesen
ist und mir die Zusammenarbeit mit dieser Zeitung viel Freude gemacht hat, verspüre ich nun den Wunsch, mich einer wichtigeren Aufgabe zuzuwenden. Einer Beschäftigung, die weitaus mehr meinem eigenen Ich entspricht und um ein Vielfaches bedeutender ist als das ohnehin schon faszinierende Reich der Astrologie.«
Der Erste Detektiv spitzte die Ohren. »Was könnte es für eine erfolgreiche Astrologin denn Reizvolleres geben, als das Schicksal aus den Sternen zu lesen?«
Mrs Summer lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schloss langsam die Augen. Die interessierten Fragen der drei Detektive schienen sie von ihrem Kummer abzulenken. »Die Tarotkarten haben mir die Arkana des Lebens offenbart. Und das ist mehr, weitaus mehr, als ich mit Astro-Analysen jemals erfassen könnte.«
»Tarot?« Peter blickte auf. »Ist das nicht ein Kartenspiel?«
»Für den Laien mag diese Bezeichnung zutreffen. Doch wer sich ernsthaft mit dem Tarot beschäftigt, wird feststellen, dass die Symbole auf den Karten ein Spiegelbild des Lebens sind. Jedes Symbol gibt einen bestimmten Aspekt wieder. Die Abbildungen sprechen für sich und reichen uns den Schlüssel zu einem der vielen Geheimnisse unseres Daseins. Wer sind wir? Warum leben wir? Und was bestimmt den Ablauf unseres Lebens?«
Peter starrte die Astrologin gebannt an. »Soll das heißen, dass man mithilfe der Tarotkarten in die Zukunft blicken kann?«
»Mit dem Vorhersagen der Zukunft hat das Tarot nicht viel zu tun.« Mrs Summer strich sich eine Locke aus ihrem Gesicht. »Die Karten halten uns, wie schon gesagt, nur einen Spiegel vor. Sie enthalten eine Botschaft, einen Rat, dem man Folge leisten kann. Die Karten zeigen uns ein Bild von dem, was nur schwierig in Worte zu fassen ist, und geben allem, was in uns lebt, aber noch nicht klar vor unserem geistigen Auge steht, eine Stimme. Es ist an uns, etwas mit dieser Botschaft anzufangen und deren Bedeutung für uns selbst festzulegen. Schon allein aus diesem Grund kann man das Legen der Tarotkarten nicht mit einem gewöhnlichen Kartenspiel vergleichen; denn dort sind die Spielregeln genau festgelegt und man kann die wahren Gefühle hinter einer Maske verbergen. Wer sich ernsthaft mit dem Tarot beschäftigt, muss diese Maske fallen lassen, den Blick nach innen richten und bereit sein, an sich selbst zu arbeiten.«
Die Astrologin blickte in das Licht der untergehenden Sonne und tupfte mit einem Taschentuch eine Träne von der Wange. Dann erhob sie sich von ihrem Stuhl und ging mit langsamen Schritten im Zimmer auf und ab.
»Im Gegensatz zu Worten, die meistens nur eine oder höchstens zwei Bedeutungen haben, enthalten Symbole ganz viele verschiedene. Die Tatsache aber, dass die Symbole einer Karte auf eine bestimmte Art und Weise erklärt werden, heißt nicht, dass dies ihre einzige Bedeutung ist. Denn Symbole sind keine Verkehrsschilder. Sie weisen uns nur die Richtung. Sie haben immer mehr als eine Bedeutung. Den Sinn muss man selbst erfühlen.«
»Und was heißt das im Klartext?«, wollte Bob wissen.
»Dass man die Verbindungen zwischen den Tarot-Symbolen und den Dingen, die im Leben geschehen, selbst herstellen muss«, erklärte Mrs Summer und warf einen verbitterten Blick zum Katzenkörbchen. »Die Tarotkarten offenbarten mir in regelmäßigen Abständen das Bild des Todes. Doch ich habe dieses Symbol immer nur auf mich bezogen. Niemals kam mir der Gedanke, dass das Leben meines Katers bedroht sein könnte. Ich habe stets nur an mich selbst gedacht, ohne auch nur im Geringsten mein nahes Umfeld und somit Come-In einzubeziehen.« Die Astrologin schluckte. »Ich mache mir schreckliche Vorwürfe, so egoistisch gehandelt zu haben.«
Justus streckte die Beine, um seine innere Spannung zu lösen. »Mrs Summer, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber wir sollten unsere volle Aufmerksamkeit einer weitaus wichtigeren Tatsache widmen: Da draußen treibt ein erbarmungsloser Tiermörder sein Unwesen! Und scheinbar ist es ihm trotz des gesicherten Eingangstores gelungen, sich Zutritt zu Ihrem Grundstück zu verschaffen.«
»Die Frage ist«, fügte Peter hinzu, »wie es dem Eindringling gelingen konnte, Ihren Kater an einer Drahtschlinge im Gebüsch aufzuhängen, ohne dabei von Ihrem Bodyguard, Mr Art, entdeckt zu werden. Schließlich dreht er doch auf Ihrem Grundstück seine Aufsichtsrunden, oder sehe ich das falsch?«
Augenblicklich fuhr Mrs Summer herum. »Höre ich da etwa den Unterton eines Verdachts?« Sie trat neben Peter an
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