Die Karten des Boesen
nicht machbar. Die Kameras haben gar nichts gefilmt!«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Justus verwundert.
»Die gesamte Überwachungsanlage auf meinem Grundstück ist nicht echt. Die Kameras sind nur Attrappen!«
Justus blieb der Mund offen stehen. »Wo … wo liegt da der Witz?«, brachte er trocken hervor.
»Liegt das nicht auf der Hand? Es genügt, die Kameras aufzustellen. Das ist Abschreckung genug. Ich werde es euch an einem Beispiel erläutern.« Mrs Summer warf ihre lockigen Haare zurück. »Letzte Woche wurden in unserem Stadtviertel einige vermummte Mitglieder der ›radikalen Atomstromgegner‹ gesichtet. Ihr wisst, das ist diese Untergrundorganisation, die gegen das neue Atomkraftwerk demonstriert und sich dazu berufen fühlt, in nächtlichen Aktionen die Stromleitungen durchzuschneiden. Dadurch ist die Energiezufuhr meist für mehrere Stunden lahmgelegt.«
»Davon habe ich gelesen«, warf Bob ein. »Mit einem Bolzenschneider ist das in null Komma nix erledigt. Die Mitglieder dieser radikalen Vereinigung schrecken auch vor privaten Haushalten nicht zurück. Sie bilden sich ein, durch diese Anschläge die Politiker und Bürger zum Umdenken zu bewegen!«
»Ganz recht«, fuhr Mrs Summer fort. »Letzte Woche sind in der Nachbarschaft zwei ganze Straßenblöcke lahmgelegt worden. Was meint ihr wohl, weshalb mein Grundstück bisher von solchen Anschlägen verschont geblieben ist?«
»Logisch nachvollziehbar und äußerst raffiniert«, begeisterte sich der Erste Detektiv. »Die Anhänger dieser Organisation dürften kein Interesse daran haben, während ihrer Anschläge von den scheinbar funktionstüchtigen Kameras erfasst zu werden. Alle Achtung, Madam. Ich muss zugeben, dass auch ich mich habe täuschen lassen.«
»1 : 0 für Sie, Madam«, gestand auch Peter zu. »Wenn Sie uns jetzt noch erzählen, dass der Schmuck an Ihren Händen unecht ist, lernen wir heute eine Menge dazu!«
»Der Zeitpunkt, Scherze zu machen, ist nicht gerade glücklich gewählt«, tadelte die Astrologin den Zweiten Detektiv mit brüchiger Stimme und blickte wehmütig zum Katzenkorb hinüber. »Ich sehe zwar ein, dass wir jetzt einen erheblichen Schritt weiter wären, wenn es sich auf meinem Gelände um eine echte Überwachungsanlage handeln würde, doch gibt dir diese Tatsache noch lange nicht das Recht, dich über mich lustig zu machen!«
»Sie sollten uns nicht unterschätzen, Madam«, lenkte Bob galant ein. »Denn wenn es sich bei diesen Kameras da draußen wirklich um Attrappen handelt, die einzig und allein den Zweck erfüllen, ungebetene Besucher abzuschrecken, dann ist dies ein genialer und kostengünstiger Schachzug, vor dem wir alle mit Ehrfurcht unseren Hut ziehen!«
»Das macht Come-In auch nicht wieder lebendig.« Mrs Summer strich sich nervös durch ihr Haar. Der Erste Detektiv zupfte indessen an seiner Unterlippe.
»Wir stehen also praktisch bei null und müssen Sie daher um die Beantwortung der berühmten Standardfrage bitten«, versuchte Peter die Ermittlungen voranzutreiben.
»Und die wäre?« Mrs Summer horchte interessiert auf.
»Haben Sie in Ihrem Umfeld irgendwelche Feinde? Oder gibt es vielleicht eine Person, die sich an Ihnen rächen will?«
»Du schätzt mich falsch ein, junger Mann.« Die Astrologin reagierte auf Peters Fragen äußerst empfindlich. »Ich bin eine friedvolle Person, ein Mensch, der die Eigenarten anderer toleriert und den man als harmoniesüchtig bezeichnen könnte. ›Leben und leben lassen‹ ist mein Motto; es sei denn, man greift mich persönlich an. Denn dann, das gebe ich offen zu, kann ich recht unangenehm werden. Doch das ist eher eine Seltenheit. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass ich Konflikte mit anderen Menschen – sofern sie überhaupt aufkommen – stets friedlich löse. Ich bin mit meinem Ich im Einklang und bin noch mit niemandem ernsthaft aneinandergeraten. Zumindest nicht in dem Ausmaß, dass man von einer Feindschaft oder Fehde sprechen könnte.«
»Diese Charaktereigenschaft ehrt Sie natürlich sehr. Dadurch wird der Radius aller infrage kommenden Täter erheblich kleiner. Doch wenn aus Ihrer Sicht noch nicht mal ein Motiv vorhanden gewesen sein könnte, Come-In auf so grausame Weise aus dem Verkehr zu ziehen, dann frage ich mich ernsthaft, wo wir mit unseren Ermittlungen ansetzen sollen«, gab Bob zu bedenken.
Hilfe suchend blickte der dritte Detektiv zu Justus hinüber. Der Erste Detektiv stand gedankenversunken am Fenster und zupfte noch immer
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