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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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alles andere als vertrauenerweckend aussahen.
    Katie stieg ein, und als sich die Aufzugtüren langsam schlossen, überfiel sie prompt die Beklemmung, die sie immer in engen Räumen überkam.
    Diese Angst war nicht einfach da gewesen, sie hatte sich langsam entwickelt. Am Anfang war es nicht schlimm gewesen, sondern nicht mehr als ein unangenehmes Gefühl. Und Katie hatte es auch nicht wirklich benennen können. Erst nach der Sache mit Sebastien hatte sie die Panik das erste Mal mit voller Wucht erlebt.
    Sie war mit dem Lift zu der Praxis des Psychiaters gefahren, die im neunten Stock eines Hochhauses in der Belmont Road lag, und genauso gut hätten tausend schwarze Spinnen über ihren Körper laufen können. Überall kribbelte es, sie zitterte am ganzen Körper und sie hatte das Bedürfnis, um sich zu schlagen.
    Wie jetzt wieder. Ihre Eltern hatten teures Geld für diesen Psychiater bezahlt, aber er hatte ihr nicht helfen können.
    Während sich nun der Aufzug in Bewegung setzte, schloss Katie die Augen. Einfach nicht daran denken. Einfach die Angst beiseiteschieben, dass jeden Moment die Wände, die Decke, der Boden des Fahrstuhls sich in Bewegung setzen würden, um sie zu zermalmen. Und sie schaffte es tatsächlich, sich vorzustellen, wie sie auf dem Gipfel des Ghost stand und alles, was hier unten auf der Erde abging, als das zu sehen, was es war: ein erbärmliches Schauspiel.
    Wer wohl zum Treffpunkt kommen würde? Julia bestimmt – sie hatte so sicher geklungen. Na ja – sicher war vielleicht nicht das richtige Wort – eher verzweifelt entschlossen. Was auch immer der Grund dafür war. Und wenn Julia mitkam, dann auch Chris. Aber selbst wenn er es behauptete, ihm ging es ganz bestimmt nicht nur um Julia, sondern um noch etwas anderes.
    Abenteuer? Fun? Der ultimative Kick? Nein – der Typ war er nicht. Er war ein Spieler. Er forderte andere Menschen heraus. Und er besaß ein ziemlich großes Wissen, was das Tal betraf. Ein erstaunliches Wissen, wenn man es genau betrachtete.
    Ein Ruck ging durch den Aufzug und Katie wurde gegen die Aufzugwand geschleudert. Dann ein Quietschen. Erneut wurde die Kabine des Aufzugs von einem Ruck erschüttert. Katie streckte unwillkürlich die Arme aus und stützte sich mit den Händen ab, als könne sie so die Wände von sich fernhalten.
    Der Lift war stecken geblieben. Er hing in diesem Schacht, der hinunter in die Erde führte, irgendwo zwischen dem ersten und dem zweiten Untergeschoss. Dann flackerte das Licht, erlosch, sprang wieder an und schließlich wurde es völlig dunkel.
    Der furchtbarste aller Albträume. Katies schlimmste Fantasie war zur Realität geworden.
    Warte einfach einige Minuten, gleich setzt sich der Lift wieder in Bewegung, versuchte sie, sich zu beruhigen. Es kann nicht lange dauern. Unwillkürlich begann sie, die Sekunden zu zählen.
    Als sie bei hundertachtzig angekommen war, hörte sie auf und fasste nach ihrem Rucksack. Irgendwo musste die Taschenlampe sein, die sie heute Morgen nicht ausgepackt hatte. Ihre Finger zitterten, als sie den Reißverschluss aufzog. Nein, nicht hier. An der Seite. Nun erinnerte sie sich wieder genau. Sie hatte die Taschenlampe in die Seitentasche gesteckt.
    Ihre Finger tasteten das Nylon des Rucksacks ab. Hier! Sie konnte die Lampe fühlen und im nächsten Augenblick erhellte ein schwacher Lichtkegel die Kabine.
    Fehler! Großer Fehler.
    Das war keine Kabine, das war ein Gefängnis, in dem sie sich befand. Ein schäbiges Ding, in der nicht mehr als zwei Personen Platz hatten und dessen Wände aus braunen Kunststoffplatten bestanden, deren Oberfläche stumpf und fleckig war.
    Sie konnte hören, wie die Seile, an denen die Kabine hing, quietschten. Vielleicht waren sie rissig, porös. Vielleicht würden sie sich jeden Moment aus der Verankerung lösen. Vielleicht schnitt gerade jemand eines der Drahtseile durch.
    Die Angst flüsterte ihr unzählige Möglichkeiten ein. Sie konnte tausend Tode hier sterben. Sie, die verdammt noch mal sich nicht davor fürchtete, free solo eine dreißig Meter hohe Felswand zu erklettern. Deren nächstes Ziel es war, den dreitausendfünfhundert Meter hohen Ghost über den Gletscher zu ersteigen. Sie fürchtete sich vor vier Kunststoffwänden? Vor einem Stromausfall, wie er hier im College ständig vorkam? Vor einem Lift, der hier schon seit über dreißig Jahren funktionierte?
    Kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn.
    Keep cool, beschwor sie sich, bleib einfach ruhig, Katie, und denke nach.
    Und

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