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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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sich Katie jetzt ein.
    »Chris war der Sohn einer wohlhabenden Familie von der Ostküste«, erklärte Benjamin. »Woher auch sonst!« Er lachte. »Er war ein ziemlicher Spinner, hatte so irre Fantasien, von wegen in der Wildnis überleben. Erst schlug er sich quer durch die USA und irgendwann trampte er dann Richtung Alaska. Er änderte seinen Namen und zog alleine durch die Wildnis. Genau vier Monate später stieß eine Gruppe von Elchjägern auf seine Leiche. Ist doch Wahnsinn, oder? Na ja, zumindest hat er es zu einer Sean-Penn-Verfilmung gebracht. Nicht schlecht, finde ich.« Für einen Moment wurde Benjamin nachdenklich. »Wisst ihr, was mich noch an der Geschichte beeindruckt hat? Ganz am Ende, als es ihm wirklich schlecht ging, ich meine, da muss er total cool geblieben sein, dass er nicht selbst Schluss gemacht hat.«
    Julia lief ein kalter Schauer über den Rücken. Denn aus Benjamins Stimme war etwas herauszuhören, was sie kannte. Die große Sehnsucht danach, alles hinter sich zu lassen.
    Die Einzige, die etwas sagte, war Ana. »Schwachsinn«, gab sie ungerührt von sich. »Christopher McCandless ist ein paar Meilen vom Park Highway verhungert. Er hat versucht, sich von wilden Beeren zu ernähren und in seinem Gepäck war noch nicht einmal eine Karte. Wenn ihr mich fragt, der Typ war die Dummheit in Person!«
    »Hey, er hat das gemacht, um frei zu sein.«
    »Frei?«, lachte Ana spöttisch auf und tippte sich an die Stirn. »Wirklich frei bist du nur hier oben.«

24
    K atie stand auf, als es noch dunkel war. Sie spürte sofort, dass sich etwas verändert hatte. Der Himmel war noch pechschwarz, doch der Sturm schien sich gelegt zu haben. Dabei hatten sie am Abend zuvor jegliche Hoffnung aufgegeben. Schon früh war einer nach dem anderen in seinem Schlafsack verschwunden. Keiner hatte das Wetter erwähnt oder Befürchtungen über den Sturm geäußert, der über die Blockhütte fegte. Niemand hatte das angesprochen, wovor Katie am meisten Angst hatte. Dass sich auch am nächsten Tag die düsteren Schneewolken von Norden kommend über die Gipfel schieben würden und ihnen nur die Möglichkeit blieb, wieder abzusteigen.
    Leise erhob sich Katie und rannte in ihren dicken Wollsocken die Holztreppe hinunter.
    Unten öffnete sie die Tür und trat in die kalte Luft hinaus.
    Die Wolken waren verschwunden. Eine klare Nacht begrüßte sie und ein blasser Mond leuchtete an dem dunkelblauen Himmel. Und am Horizont bemerkte sie einen dünnen hellen Lichtstreifen – wie mit einem Lineal gezeichnet. Der Horizont war die einzige gerade Linie, die in der Natur vorkam. Sebastien hatte ihr das einmal erklärt.
    Katie blickte seitlich hoch zum Ghost. Eine laue Brise wehte und die Luft war so klar, dass sie die runde Kuppe ohne Probleme erkennen konnte. Sie holte tief Luft. Paul hatte das gestern so leicht dahingesagt, vermutlich hatte er nur einen Witz machen wollen, aber seine Worte waren tatsächlich wahr geworden.
    Der Chinook hatte sie gerettet. Die Temperaturen waren spürbar gestiegen und irgendwo hinter ihr rauschte Wasser die Felsen hinunter.
    Katie hatte schon einige Geschichten gehört, die man sich über den Chinook erzählte, diesen warmen Wind in den Bergen, den die Kanadier auch Snow Eater, Schneefresser, nannten. Es konnte passieren, dass die Temperaturen von –30 °C auf +12 °C stiegen. Und wenn das der Fall war, dann würden die Schneeverwehungen auf dem Gletscher spätestens heute Vormittag verschwunden sein.
    Es war unglaublich. Katies Herz wurde schneller vor Aufregung. Sie musste die anderen wecken! Nein, zu früh, schoss es ihr durch den Kopf. Besser, sie alle waren ausgeschlafen und fit, um das zu schaffen, was vor ihnen lag.
    Katie wollte sich gerade umwenden, als ihr Blick auf einige graue Farbflecken fiel, die sich in einer Ecke vom Holzboden der Veranda abhoben.
    Hatten die Steine gestern schon hier gelegen?
    Sie konnte sich nicht erinnern.
    Mit zwei Schritten war sie heran. Nein, das Muster war nicht zu ignorieren. Diese Steine . . . eins, zwei, drei... Katie zählte... vierundzwanzig . . . sie lagen hier nicht zufällig. Nein, jemand hatte sie auf der Veranda deponiert. Und es waren ziemlich viele Steine mit ungewöhnlichen Formen und Färbungen.
    Katie starrte auf das Bild zu ihren Füßen. Jeweils acht Steine markierten zwei Kreise. Einen großen und einen kleineren in der Mitte. Und die übrigen acht bildeten die Arme eines Kreuzes, die die beiden Kreise verbanden.
    Wer hatte sie hier hingelegt

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