Die Katastrophen-Welt
»Ich weiß, daß du reden kannst.« Jetzt richtete ich die Waffe auf seinen Wasserschädel. »Wer bist du? Was willst du von uns?«
»Ich will nur – meine Ruhe – und Stille.« Seine Stimme war dünn, fast wie ein Pfeifen. »Warum tust du mir weh?«
»Das weißt du genau. Dein Leben hängt an dem seidenen Faden meiner Neugier. Also, 'raus mit der Sprache.«
»Ich bin der Primär«, quietschte er. »Nichts darf mich verletzen.«
Ich zog ihm den Pistolenlauf über das Elefantenbein. Ein roter Streifen blieb zurück. Er stieß einen piepsigen Schrei aus, stöhnte.
»Warum habt ihr mich entführt? Was wollt ihr mit dem Mädchen?«
»Wir brauchen Frauen. Mehr Frauen. Bring mir Frauen, und ich bezahle dich gut!«
Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach. Ein Gefühl der Unwirklichkeit ließ mir den Fettwanst wie einen bösen Traum erscheinen. Diesmal stieß ich ihm den Lauf in die Seite. »Verdammt, red endlich. Wer seid ihr? Weshalb tötet ihr ohne Warnung? Wie seid ihr hierhergekommen? Was seid ihr?«
Ich hörte ein leises Geräusch hinter mir. Ich wirbelte herum, warf mich zu Boden, als ein dünner Feuerstrahl über meinem Kopf vorbeizischte. Fast ohne mein Zutun spuckte die Pistole in meiner Hand. Ein Mann am Türvorhang brach wie im Zeitlupentempo zusammen. Sein Strahler ging noch einmal los, ehe er seiner Hand entfiel. Hinter mir schrie Fettwanst mit seinem dünnen Stimmchen, als würde er abgestochen.
Rauch stieg aus dem Bettzeug auf. Ein fauler Gestank raubte mir fast den Atem. Ich taumelte auf die Füße und bemerkte die blutende Wunde mit der versengten Haut, die sich quer über den Riesenwanst zog.
Während ich entgeistert zusah, schob sich etwas Feuchtglitzerndes aus der Wunde. Ein schwärzlich roter Wurmkopf drang heraus. Von Grauen erfüllt, leerte ich das ganze Magazin in den überquellenden Bauch, aus dem sich Meter um Meter des gräßlichen Dinges wand. Ich lud nach, ohne mir dessen überhaupt bewußt zu sein, und feuerte auf das schleimige Wurm-Schnecken-Ding, das unbeirrt weiter herausdrängte und sich auf mich zuschlängelte. Ich wich zurück, bis die Wand mich aufhielt. Mit zitternden Händen zerrte ich an einer schweren Kommode und kippte sie auf das gräßliche Ding.
Es war jetzt durch das schwere Möbelstück festgenagelt, aber immer noch peitschte es links und rechts davon gegen den Boden. Der Mann auf dem Bett sah nun aus wie eine geplatzter Ballon – nicht länger schwabbelte und wölbte sich sein Bauch.
Die Zeit schien stillzustehen. Mir war übel. Ich lehnte mich gegen die Wand im äußeren Zimmer. Das Peitschen der Wurmschnecke hörte nicht auf. Ein Mann stand neben der Tür. Ich hob den Revolver. Der Abzug klickte leer. Der Bursche bewegte sich überhaupt nicht. Sein Kinn hing schlaff herab, seine Augen stierten durch mich hindurch. Ich rannte an ihm vorbei, stieß ihn zur Seite. Im Korridor standen weitere Männer. Einer kippte auf einmal um. Die anderen kümmerten sich nicht um ihn; um mich glücklicherweise auch nicht. Ich bahnte mir einen Weg durch sie hindurch und fand mich plötzlich Dörrpflaume gegenüber. Er war also nicht ertrunken.
»Wer bist du?« zischte ich. Ich packte ihn am Kragen und schüttelte ihn. Seine Augen starrten in endlose Fernen.
»Er ist tot«, sagte er tonlos.
»Wer war er? Was bedeutet das alles? Was war das – das Ding?«
»Nun stirbt der alte Traum«, murmelte er. Seine Augen wurden leer wie die der anderen. Sein Kinn klappte herunter. Ich schob ihn zur Seite, rannte weiter.
Ricia und der Admiral lagen noch, wo ich sie zurückgelassen hatte. Ihr Wächter war verschwunden. Die Drähte, die ich jetzt endlich lösen konnte, hinterließen tiefe Spuren in Ricias Haut, aber sie war in der Lage, ohne Hilfe zu gehen. Hayle brauchte die ersten paar hundert Meter meine starke Schulter, doch dann schaffte auch er es ohne Stütze.
Wir kamen an vielen »Schößlingen« vorbei. Einige standen nur herum, andere wanderten ziellos durch die Gänge, doch die meisten lagen, wie die Opfer eines Hinrichtungskommandos, reglos auf dem Boden. Sie waren tot, ohne jegliche Spur von Gewaltanwendung.
»Als ob sie einfach zu atmen vergessen hätten«, murmelte Hayle.
»Schon möglich«, meinte ich nachdenklich. »Ich glaube, daß sie irgendwie ihre Kraft aus dem – dem Ding auf dem Bett bezogen hatten.«
Wir durchforschten den ganzen Turm, und Ricia erzählte uns dabei von alten Zeiten. Nach einer halben Stunde trafen wir schon keinen der Schößlinge mehr
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