Die Kathedrale des Meeres
kann nicht? Ich kann tun und lassen, was ich will. Schließlich bin ich Baron. Sind Barone nicht monatelang mit dem König unterwegs?«
»Aber sie ziehen in den Krieg.«
»Mit meinem Geld, Joan, mit meinem Geld. Ich finde, ich habe mehr Grund zu gehen als all diese Barone, die nichts anderes tun, als sich Geld zusammenzuleihen.« Er sah zur Burg hinauf. »Und worauf warten wir jetzt noch? Die Burg ist geräumt und ich bin müde.«
»Es muss noch …«, begann Joan.
»Ach, du und deine Gesetze«, unterbrach ihn Arnau. »Weshalb müsst ihr Dominikaner euch mit Gesetzen befassen? Also was ist jetzt?«
»Arnau und Elionor, Baron und Baronin von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui!« Der Ruf erschallte durch das ganze Tal, das sich zu Füßen des Hügels erstreckte. Alle Anwesenden blickten zum höchsten Turm der Festung hinauf. Dort stand Elionors Majordomus und verkündete, die Hände zu einem Trichter geformt: »Arnau und Elionor, Baron und Baronin von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui! Arnau und Elionor …«
»Es musste noch verkündet werden, dass ihr die Burg in Besitz genommen habt«, führte Joan zu Ende.
Der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
»Zumindest wird mein Name genannt.«
Der Majordomus hatte immer noch nicht geendet.
»Andernfalls wäre die Übergabe nicht rechtskräftig«, erklärte der Mönch.
Arnau wollte etwas sagen, doch dann schüttelte er nur den Kopf.
Wie die meisten Festungen, so war auch diese im Inneren der Mauern rund um den Burgfried ungeordnet gewachsen. An diesen hatte man ein weiteres Gebäude mit einem großen Saal, Küche und Vorratskammer sowie Schlafkammern im Obergeschoss angebaut. Etwas entfernt befanden sich mehrere Gebäude für das Gesinde und die wenigen Soldaten, aus denen die Besatzung der Burg bestand.
Der Hauptmann der Wache, ein zerlumpter, schmutziger Mann von untersetzter Statur, hieß Elionor und ihr Gefolge willkommen. Gemeinsam betraten sie den großen Saal.
»Zeig mir die Gemächer des Vogtes«, herrschte Elionor ihn an.
Der Hauptmann wies auf eine steinerne Treppe mit einer schlichten, gleichfalls steinernen Balustrade. Die Baronin ging nach oben, gefolgt von dem Soldaten, dem Majordomus, dem Schreiber und den Mägden. Arnau würdigte sie keines Blickes.
Die drei Estanyols blieben im Saal zurück, während die Sklaven Elionors Gepäck hereinbrachten.
»Vielleicht solltest du …«, begann Joan.
»Misch dich nicht ein, Joan«, fuhr Arnau ihm über den Mund.
Sie verbrachten eine ganze Weile damit, den Saal zu inspizieren: die hohen Decken, den gewaltigen Kamin, die Sessel, die Kandelaber und den Tisch für ein Dutzend Personen. Kurz darauf erschien Elionors Majordomus auf der Treppe. Er kam jedoch nicht ganz nach unten, sondern blieb drei Stufen über ihnen stehen.
»Die Frau Baronin«, verkündete er, ohne sich an jemand Bestimmtes zu wenden, »lässt ausrichten, dass sie heute Abend sehr erschöpft ist und nicht gestört werden möchte.«
Der Majordomus wollte sich eben umdrehen, als Arnau ihm Einhalt gebot.
»He!«, rief er. Der Majordomus fuhr herum. »Richte deiner Herrin aus, dass sie unbesorgt sein kann. Niemand wird sie stören. Niemals …«, setzte er leise hinzu.
Mar riss überrascht die Augen auf und schlug die Hände vor den Mund. Der Majordomus wollte sich erneut umdrehen, doch Arnau hielt ihn ein weiteres Mal zurück.
»He!«, rief er. »Wo befinden sich unsere Gemächer?« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wo ist der Hauptmann?«
»Er kümmert sich um die Herrin.«
»Dann geh hinauf zu ihr und schick den Hauptmann nach unten. Und beeil dich, sonst schneide ich dir die Eier ab, und dann zwitscherst du bei der nächsten Burgübergabe wie ein Vögelchen.«
Der Majordomus zögerte, während er die Balustrade umklammerte. War das derselbe Arnau, der den ganzen Tag geduldig auf einem Karren gesessen hatte? Arnau kniff die Augen zusammen. Dann ging er zur Treppe und zog seinen Dolch aus Bastaix- Zeiten , den er bei der Hochzeit unbedingt tragen wollte. Der Majordomus sah die stumpfe Spitze nicht mehr; beim dritten Schritt von Arnau stürzte er die Treppe hinauf.
Als Arnau sich umdrehte, sah er Mar lachen. Bruder Joan hingegen blickte missmutig drein. Doch auch einige von Elionors Sklaven waren Zeugen der Szene geworden und tauschten belustigte Blicke aus.
»Und ihr ladet den Wagen ab und bringt die Sachen auf unsere Zimmer«, befahl er ihnen.
Sie lebten nun bereits seit über einem Monat auf der
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