Die Kathedrale des Meeres
schon einmal gesehen?
Sie hatte ihr versprochen, ihm die Nachricht zu übermitteln.
»Keine Sorge«, hatte sie versichert. »Arnau wird erfahren, dass du hier bist und auf ihn wartest.«
»Sag ihm auch, dass ich ihn liebe«, rief Mar ihr hinterher, als Aledis bereits auf der Plaza de la Llana war.
In der Tür des Gasthofs stehend, sah Mar, wie die Witwe sich zu ihr umwandte und lächelte. Als Aledis nicht mehr zu sehen war, verließ Mar den Gasthof. Sie hatte während des ganzen Weges von Mataró darüber nachgedacht. Sie hatte darüber nachgedacht, als man ihr verbot, Arnau zu sehen. Und sie hatte die ganze letzte Nacht darüber nachgedacht. Von der Plaza de la Llana ging sie ein paar Schritte durch die Calle de Bòria, an der Markuskapelle vorbei und dann nach rechts. Am Anfang der Calle Monteada blieb sie stehen und betrachtete einen Moment lang die vornehmen Stadtpaläste.
»Señora!«, rief Pere, Elionors betagter Diener, als er sie durch einen der großen Türflügel in Arnaus Palast einließ. »Welch eine Freude, Euch wiederzusehen. Wie lange ist es her, seit …« Pere verstummte und bat sie mit einer nervösen Geste über den gepflasterten Hof. »Was führt Euch her?«
»Ich bin gekommen, um mit Doña Elionor zu sprechen.«
Pere nickte und verschwand.
Unterdessen verlor Mar sich in Erinnerungen. Alles war unverändert. Die Ställe auf der anderen Seite des Hofes und zur Rechten die beeindruckende Treppe zum Adelsgeschoss, auf der Pere verschwunden war.
Dieser kehrte zerknirscht zurück.
»Die Herrin wünscht Euch nicht zu empfangen.«
Mar sah zum Adelsgeschoss hinauf. Ein Schatten verschwand hinter einem der Fenster. Wann hatte sie diese Situation schon einmal erlebt? Wann …? Sie blickte erneut zu den Fenstern hinauf.
»Ich habe das schon einmal erlebt«, murmelte sie. Pere wagte es nicht, sie für die Abfuhr zu trösten. »Damals hat Arnau gewonnen, Elionor. Ich warne dich: Er hat seine Rechnung beglichen … vollständig beglichen.«
53
Das Klirren der Waffen und Rüstungen der Soldaten, die ihn eskortierten, hallte in den endlosen hohen Gängen des Bischofpalasts wider. Es war ein martialischer Auftritt: Vorneweg marschierte der Hauptmann. Er selbst hatte je zwei Soldaten vor und hinter sich. Als sie das Ende der Treppe erreichten, die von den Verliesen nach oben führte, blieb Arnau stehen, um seine Augen an das Tageslicht zu gewöhnen, das den Palast durchflutete. Ein heftiger Stoß in den Rücken zwang ihn, mit den Soldaten Schritt zu halten.
Arnau ging an Mönchen, Priestern und Schreibern vorbei, die zur Seite traten, um sie vorbeizulassen. Niemand hatte ihm eine Auskunft geben wollen. Der Kerkermeister war gekommen und hatte ihm die Ketten abgenommen. »Wohin bringst du mich?« Ein Dominikanermönch bekreuzigte sich, als er vorüberging, ein anderer hielt ein Kruzifix hoch. Die Soldaten gingen unbeeindruckt weiter. Schon bei ihrem Anblick wichen die Leute zurück. Seit Tagen hatte er nichts mehr von Joan oder der Frau mit den braunen Augen gehört. Wo hatte er diese Augen schon einmal gesehen? Er fragte die alte Frau, erhielt jedoch keine Antwort. »Wer war diese Frau?«, rief er ihr viermal zu. Einige der Schemen, die an den Wänden festgekettet waren, murrten, andere waren ebenso gleichgültig wie die Alte, die sich nicht einmal rührte. Doch als der Kerkermeister ihn unsanft aus dem Verlies stieß, schien es ihm, als bewegte sie sich unruhig.
Arnau lief gegen einen der Soldaten, die vor ihm hergingen. Sie hatten vor einer beeindruckenden hölzernen Flügeltür angehalten. Der Soldat stieß ihn zurück. Dann klopfte der Hauptmann an die Tür, öffnete sie, und sie betraten einen riesigen, mit kostbaren Wandteppichen geschmückten Raum. Die Soldaten führten Arnau in die Mitte des Raums und nahmen dann Aufstellung an der Tür.
Hinter einem langen, reich geschnitzten Tisch saßen sieben Männer und sahen ihn an. Nicolau Eimeric, der Generalinquisitor, und Berenguer d'Erill, der Bischof von Barcelona, saßen in der Mitte. Sie trugen kostbare, goldbestickte Gewänder. Arnau kannte die beiden. Zur Linken des Inquisitors saß der Schreiber des Sanctum Officium. Arnau war ihm bereits früher begegnet, hatte jedoch nie mit ihm zu tun gehabt. Zur Linken des Schreibers und zur Rechten des Bischofs vervollständigten je zwei schwarz gekleidete Dominikanermönche das Tribunal.
Arnau hielt schweigend ihren Blicken stand, bis einer der Mönche abschätzig das Gesicht verzog. Arnau hob die
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