Die Kathedrale des Meeres
Haar und sah an seiner schmutzigen Gestalt herab. Unterdessen saßen Berenguer d'Erill und Nicolau Eimeric in goldfunkelnden Gewändern bequem hinter ihrem Tisch verschanzt und beobachteten ihn unauffällig, bevor sie weitertuschelten.
Schließlich wandte sich Nicolau Eimeric mit donnernder Stimme an ihn: »Arnau Estanyol, ich weiß, dass du gesündigt hast.«
Die Befragung begann. Arnau atmete tief ein.
»Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht. Ich bin, so glaube ich, immer ein guter Christ gewesen, der versucht hat …«
»Du selbst hast vor diesem Tribunal zugegeben, niemals körperliche Beziehungen zu deiner Gattin unterhalten zu haben. Verhält sich so ein guter Christ?«
»Ich kann keine fleischlichen Beziehungen unterhalten. Ich weiß nicht, ob Euch bekannt ist, dass ich schon einmal verheiratet war. Auch damals konnte ich keine Kinder bekommen.«
»Willst du damit sagen, dass es sich um ein körperliches Problem handelt?«, erkundigte sich der Bischof.
»Ja.«
Eimeric sah Arnau eine Weile an. Er stützte die Ellenbogen auf den Tisch, verschränkte die Hände und stützte das Kinn darauf. Dann wandte er sich an den Schreiber und flüsterte ihm etwas zu.
»Aussage von Juli Andreu, Pfarrer an der Kirche Santa María del Mar«, las der Schreiber, über seine Unterlagen gebeugt. »Ich, Juli Andreu, Priester an der Kirche Santa María del Mar, erkläre auf Befragen des Generalinquisitors von Katalonien, im März des Jahres 1364 eine Unterhaltung mit Arnau Estanyol, Baron von Katalonien, geführt zu haben. Dies geschah auf Bitten seiner Frau Doña Elionor, Baronin und Ziehtochter König Pedros, die in großer Sorge war, weil ihr Mann seine ehelichen Pflichten vernachlässigte. Ich erkläre, dass Arnau Estanyol mir gestand, seine Frau ziehe ihn nicht an, und sein Körper weigere sich, Doña Elionor beizuwohnen. Dass er sich körperlich wohl befinde, indes seinen Körper nicht zwingen könne, eine Frau zu begehren, die er nicht begehre. Ihm sei bewusst, dass er eine Sünde begehe«, Nicolau Eimeric sah Arnau scharf an, »weshalb er oft in der Kirche Santa María bete und großzügig für den Bau der Kirche stiftet.«
Es wurde wieder still im Saal. Nicolau ließ Arnau nicht aus den Augen.
»Hältst du immer noch daran fest, dass es sich um ein körperliches Problem handelt?«, fragte der Inquisitor schließlich.
Arnau erinnert sich an das Gespräch, nicht jedoch an den genauen Wortlaut.
»Ich weiß nicht mehr, was ich damals gesagt habe.«
»Du gibst also zu, mit Pater Juli Andreu gesprochen zu haben?«
»Ja.«
Arnau hörte die Feder des Schreibers über das Pergament kratzen.
»Aber du ziehst die Aussage eines Gottesmannes in Zweifel. Welches Interesse sollte ein Geistlicher daran haben, falsch gegen dich auszusagen?«
»Er könnte sich irren. Sich nicht genau erinnern, was damals gesprochen wurde …«
»Du willst also sagen, dass ein Priester, wenn er Zweifel daran hätte, was gesprochen wurde, so aussagen würde, wie es Pater Juli Andreu getan hat?«
»Ich sage nur, dass er sich irren könnte.«
»Pater Juli Andreu gehört nicht zu deinen Feinden, nicht wahr?«, warf der Bischof ein.
»Ich habe ihn nicht für einen solchen gehalten.«
Nicolau wandte sich erneut an den Schreiber.
»Aussage von Pere Salvete, Kanoniker an der Kirche Santa María del Mar. ›Ich, Pere Salvete, Kanoniker an der Kirche Santa María del Mar, erkläre auf Befragen des Generalinquisitors von Katalonien, dass während der Ostermesse des Jahres 1367 einige Bürger in die Kirche kamen, um von dem Raub einer Hostie durch Ketzer zu berichten. Die Messe wurde unterbrochen, und die Gläubigen verließen die Kirche, mit Ausnahme des Seekonsuls Arnau Estanyol und seiner Gemahlin Doña Elionor.‹«
»Geh doch zu deiner jüdischen Geliebten!« Elionors Worte klangen ihm wieder in den Ohren, und auch jetzt lief es ihm kalt über den Rücken, genau wie damals. Arnau sah auf. Nicolau ließ ihn nicht aus den Augen … Und er lächelte. Hatte er seine Reaktion bemerkt?
Der Schreiber las weiter: »… worauf der Konsul ihr zur Antwort gab, dass Gott ihn nicht zwingen könne, mit ihr zu schlafen …«
Nicolau bat den Schreiber zu schweigen. Sein Lächeln erstarb.
»Lügt der Kanoniker ebenfalls?«
»Geh doch zu deiner jüdischen Geliebten!« Weshalb hatte er den Schreiber nicht zu Ende lesen lassen? Was hatte Nicolau vor? Deine jüdische Geliebte, deine jüdische Geliebte … die Flammen, die an Hasdais Körper
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