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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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Mar an.
    Joan seufzte und sah ihr in die Augen.
    »Das Wort Inquisition bedeutet so viel wie ›Suche‹. Der Inquisitor sucht nach der Häresie, nach der Sünde. Auch wenn Anzeigen vorliegen, beschränkt sich der Prozess nicht auf diese Aussagen. Legt der Angeklagte kein Geständnis ab, muss man nach dieser verborgenen Wahrheit suchen.«
    »Auf welche Weise?«, fragte Mar.
    Joan schloss die Augen, bevor er antwortete.
    »Falls du die Folter meinst: Ja, sie ist eines der Mittel.«
    »Was geschieht mit ihm?«
    »Möglicherweise kommt es gar nicht zur Folter.«
    »Was geschieht mit ihm?«, wiederholte Mar ihre Frage.
    »Weshalb willst du das wissen?«, sagte Aledis und nahm ihre Hand. »Es wird dich nur noch mehr quälen.«
    »Das Gesetz verbietet, dass die Folter zum Tod oder zum Verlust von Gliedmaßen führt«, erklärte Joan. »Und sie darf nur einmal angewendet werden.«
    Joan sah, wie sich die beiden Frauen mit Tränen in den Augen gegenseitig zu trösten versuchten. Doch Eimeric hatte einen Weg gefunden, sich über diese rechtliche Vorgabe hinwegzusetzen. »Non ad modum iterationis sed continuations «, pflegte er mit einem seltsamen Funkeln in den Augen zu sagen. »Nicht Wiederholung, sondern Fortführung«, übersetzte er für die Novizen, die noch kein Latein beherrschten.
    »Was geschieht, wenn sie ihn foltern und er immer noch nicht gesteht?«, fragte Mar, nachdem sie die Nase hochgezogen hatte.
    »Sein Verhalten wird bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden«, antwortete Joan unumwunden.
    »Und das Urteil fällt Eimeric?«, wollte Aledis wissen.
    »Ja, es sei denn, die Strafe lautet auf lebenslange Haft oder Tod auf dem Scheiterhaufen. In diesem Fall braucht er die Zustimmung des Bischofs. Befindet das Tribunal indes, dass es sich um einen schwierigen Fall handelt«, kam der Mönch der nächsten Frage der Frauen zuvor, »so berät es sich zuweilen mit den Boni viri , zwischen dreißig und achtzig Laien und Geistliche, damit diese eine Empfehlung hinsichtlich der Schuld des Angeklagten und der angemessenen Strafe abgeben. Dann kann sich der Prozess über Monate hinziehen.«
    »In denen Arnau im Gefängnis bleiben wird«, folgerte Aledis.
    Joan nickte, und die drei schwiegen. Die Frauen versuchten zu begreifen, was sie soeben gehört hatten, während Joan sich an einen weiteren Grundsatz Eimerics erinnerte: »Der Kerker muss finster sein, ein Kellerloch, in das keinerlei Licht dringt, insbesondere kein Sonnen- oder Mondlicht. Die Haft muss hart und unbarmherzig sein, um das Leben des Gefangenen möglichst abzukürzen, bis er schließlich stirbt.«
    Während Arnau schmutzig und zerlumpt in der Mitte des Raumes stand, steckten der Inquisitor und der Bischof die Köpfe zusammen und begannen zu tuscheln. Der Schreiber nutzte die Gelegenheit, um seine Unterlagen zu ordnen, und die vier Dominikanermönche musterten Arnau.
    »Wie willst du die Befragung durchführen?«, fragte Berenguer d'Erill.
    »Wir beginnen wie immer, und je nachdem, ob wir etwas erreichen, sagen wir ihm, was ihm zur Last gelegt wird.«
    »Du willst ihm die Anklagen nennen?«
    »Ja. Ich glaube, bei diesem Mann richten wir mit Worten mehr aus als mit körperlichen Schmerzen, obwohl … Wenn uns kein anderes Mittel bleibt …«
    Arnau versuchte den Blicken der schwarzen Mönche standzuhalten. Einer, zwei, drei, vier … Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und beobachtete erneut den Inquisitor und den Bischof, die noch immer miteinander flüsterten. Die Dominikaner sahen ihn unverwandt an. Es war völlig still im Raum, abgesehen von dem unverständlichen Geflüster der beiden Kirchenmänner.
    »Er beginnt nervös zu werden«, sagte der Bischof, nachdem er kurz zu Arnau gesehen hatte und sich dann wieder dem Inquisitor zuwandte.
    »Er ist daran gewöhnt zu befehlen und Gehör zu finden«, erwiderte Eimeric. »Er muss seine tatsächliche Lage begreifen, das Tribunal anerkennen, sich ihm unterwerfen. Erst dann ist er reif für eine Befragung. Die Demütigung ist der erste Schritt.«
    Der Bischof und der Inquisitor berieten sich noch eine ganze Weile, in der Arnau unablässig von den Dominikanern beobachtet wurde. Arnau versuchte, seine Gedanken zu Mar und Joan zu lenken, doch jedes Mal, wenn er an einen von ihnen dachte, begegnete er den durchdringenden Blicken eines schwarzen Mönches, als könnte dieser seine Gedanken lesen. Unzählige Male änderte er seine Haltung, fuhr sich mit der Hand über den Bart und durchs

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